Read online book «Schon Immer Mein Vicomte» author Dawn Brower

Schon Immer Mein Vicomte
Dawn Brower
Carolin Kern
Was wäre, wenn Märchen wahr sind? Donovan Turner, Viscount of Warwick, ist ein charmanter Schurke. Es ist alles nur Schau, wie er die Fetzen seines gebrochenen Herzens verdeckt. Französischer Brandy ist sein engster Verbündeter und er stellt sicher, dass dieser immer in Reichweite ist. Lady Estella Simms wurde von ihrem niederträchtigen Stiefvater ohne irgendwelche Unterstützung ins Exil gezwungen. Mit den wenigen Geldmitteln, die sie hat, nimmt sie ein Wagnis auf sich, welches keine andere Dame in Betracht ziehen würde, um zu überleben—Schmuggeln. In einer Wendung des Schicksals landet Donovan als blinder Passagier an Bord von Estellas Schiff—zu betrunken, um sich zu erinnern wie, und schockiert darüber die eine Frau zu finden, welche er immer geliebt hat, und die ihn auch beinahe zerstörte. Die Gefahr ist nah und sie müssen sich auf einander verlassen, um zu überleben. Lord Warwick und Lady Estella müssen lernen sich einander wieder zu vertrauen und entscheiden, ob die Liebe mächtig genug ist, um das Böse zu bezwingen, das ihr glücklich-bis-ans-Lebensende vereitelt.

Dawn Brower
Schon immer mein Vicomte. Für alle Zeiten geliebt Buch Zwei

SCHON IMMER MEIN VICOMTE
FÜR ALLE ZEITEN GELIEBT BUCH ZWEI

DAWN BROWER
ÜBERSETZUNG CAROLIN KERN
Dies ist ein fiktionales Werk. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Vorstellung des Autors oder fiktiv benutzt und sollten nicht als real aufgefasst werden. Jede Ähnlichkeit zu tatsächlichen Schauplätzen, Organisationen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.
Always My Viscount © 2017 Dawn Brower
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieses Buchs darf ohne schriftliche Zustimmung benutzt oder vervielfältigt werden, weder elektronisch noch in Druckform, außer es handelt sich um kurze Zitate in Rezensionen.
Erschienen bei Tektime
Für meinen Dad, Archal Brower Jr., Er hat immer geglaubt, dass ich schreiben soll und ich habe nie geglaubt, dass ich die Geduld dafür habe. Ich wünsche er hätte hier sein können, um zu sehen wie viel ich erreicht habe. Ich vermisse dich Daddy.

PROLOG
Mai 1813

Donovan Turner, Viscount of Warwick, schlenderte durch sein Londoner Stadthaus ohne jegliche Sorge. Er pfiff eine fröhliche Melodie, während ihn mit jedem Schritt Aufregung erfüllte. Nichts konnte die Freude, die sich in ihm angesammelt hatte, zerstören. Er tätschelte auf seine Jacke, um sicherzugehen, dass er noch da war. In seiner innersten Tasche lag ein Ring. Der Ring—ein diamantener Solitär, der von Saphiren flankiert wird. Der Eine, welchen er speziell für sie ausgesucht hatte. Die eine Frau, die immer sein Herz halten würde, und die er bis an sein Lebensende lieben würde. Die Saphire passten zu ihren Augen. Er hoffte, dass er ihr gefiel …
Er rieb seine Hände an seiner Hose. Sie waren schweißbedeckt von seiner Nervosität. Bald würde er sie sehen und im diesem Moment würde er ihr einen Antrag machen. Irgendwo ungestört und romantisch—was auf einem Ball schwer sein würde. Das heißt, wenn es um jemand anderen als ihn gehen würde. Er hatte bereits einen Teil des Personals im Halford House bezirzt, um ihm zu helfen. Es gab einen speziellen Fleck in Lady Halfords Garten, der perfekt für das wäre, was er im Sinn hatte. Eines der Küchenmädchen würde eine Flasche Champagner und zwei Flöten für sie dort lassen, um damit zu feiern. Es würde absolut perfekt werden.
Die Uhr schlug im Flur. Es war Zeit zu gehen. Die Kutsche sollte bereit sein, um ihn zum Ball zu bringen. Es wäre das erste Mal, dass er schon zu Beginn eines Balls ankam. Er glaubte normalerweise daran schick zu spät zu kommen. Für seine Estella würde er immer pünktlich sein. Sie bedeutete ihm zu viel, um sie warten zu lassen. Außerdem war er ein liebestrunkener Dummkopf und konnte es nicht aushalten von ihr getrennt zu sein. Die Zeit, in welcher sie getrennt waren, war pure Folter. Er konnte es nicht erwarten sie zu seiner Ehefrau zu machen und den Rest seiner Tage und Nächte mit ihr zu verbringen. Er sehnte sich danach sie zu beanspruchen und sie zu seiner zu machen, auf jede Art und Weise.
Donovan rauschte aus der Vordertüre hinaus und hüpfte in seine Kutsche. Er pochte ein paar Mal an deren Seite, um den Fahrer zu informieren, dass er bereit war. Ein paar Momente später begann sie sich mit dem Klick Klack von Hufschlägen auf der gepflasterten Straße zu bewegen. Er lehnte sich zurück und wartete ungeduldig, bis sie Halford House erreichten. Er hoffte Estella wäre bereits dort, so dass er nicht warten müsste, um sie zu sehen. Es wäre skandalös, aber er plante vollauf alle ihre Walzer für sich zu beanspruchen. Der gewagte Tanz war die einzige Weise, wie er sie öffentlich nahe bei sich halten konnte. Er war so dankbar, dass ihr die Genehmigung erteilt worden war diesen zu tanzen.
Einige Minuten später hielt seine Kutsche an. Er spähte hinaus und sah eine lange Reihe von Kutschen, die Schlange standen. Es würde ewig dauern, bis sie die Vorderseite erreichten. Deshalb kam er zu diesen Dingen nie früh. Er fragte sich, ob es schlecht wäre, wenn er jetzt ausstieg und die verbleibende Entfernung ging. Was kümmerte es ihn, wenn er die Schlange der restlichen Gäste übersprang? Er tat immer, was er wollte, und sah keinen Grund das jetzt zu ändern. Donovan öffnete die Tür und stieg hinaus.
»Gibbs«, sagte er, nickte dem Fahrer zu. »Tun Sie, was auch immer Sie tun, während Sie auf mich warten. Ich gehe jetzt hinein.«
»Ja, my Lord«, sagte er.
Donovan schaute nicht zurück, als er schnell auf Halford House zuging. Als er die Stufe an der Vorderseite erreichte, hielt gerade eine weitere Kutsche an. Er machte sich nicht die Mühe sich umzudrehen, um zu sehen wer es war. Sie waren ihm nicht wichtig. Er hüpfte die Stufen zur offenen Tür hin hoch. Einer der Diener nickte ihm zur Begrüßung zu. Er ging in Richtung des Ballsaals und der Reihe von Menschen, die darauf warteten angekündigt zu werden. Manchmal waren diese ganzen Formalitäten auf Bällen und Soireen ziemlich lästig.
»My Lord«, sagte ein Diener mit einer Verbeugung.
Donovan ließ seine Einladung auf das Serviertablett fallen, welches der Diener in seiner Hand hielt. Er nickte und brachte sie dem Mann, der die Ankündigungen machte. Als er an der Reihe war angekündigt zu werden, stand er bei der Tür, die in den Ballsaal führte, wrang gespannt seine Hände.
»Der Viscount of Warwick«, brüllte der Mann dem ganzen Saal zu.
Stille machte sich breit. Donovan kam nie so früh und die feine Gesellschaft hatte das bemerkt. Er grinste, während Aufregung ihn erfüllte. Das würde Spaß machen. Er schlenderte mit hoch erhobenem Kopf in den Saal. Sie würden es verstehen, wenn die Nacht vorüber war. Bald wäre er nicht länger ein wählbarer Junggeselle, sondern ein Verlobter.
Er suchte den Ballsaal ab, während er eintrat, und entdeckte sie sofort. Lady Estella Sims stand am Rand des Raums neben ihrer Stiefschwester Lady Annalise Parker und ihrem Stiefbruder Lord Marrok Parker, dem Marquess of Sheffield. Marrok muss einbestellt worden sein, um die Damen zu beaufsichtigen. Donovan betrachtete den Mann als einen Freund und Vertrauten. Er hatte bei ihm leichthin erwähnt, dass er eine Heirat in Betracht zog, aber nicht die Dame, die sein Interesse geweckt hatte. Er wollte noch niemanden dieses spezielle Detail wissen lassen.
Er bewegte sich auf die Gruppe zu, wollte nahe seiner Liebe sein. Lady Estellas Schönheit ließ ihn stehen bleiben. Als er sich näherte konnte er sie klarer sehen. Ihr rotblondes Haar war in einem eleganten Chignon hoch aufgetürmt, aber ein paar Locken entschlüpften, um ihr liebliches Gesicht zu umrahmen. Ihre bogenförmigen Lippen waren in einem hübschen Rosa getönt und ihre saphirblauen Augen funkelten wie die Juwelen, denen sie glichen. Ihr Kleid war weiß mit blauen Verzierungen. Der Duke of Wolfton, Estellas Stiefvater, glaubte nicht, dass eine Debütantin irgendeine andere Farbe als weiß tragen konnte. Die blauen Schleifen waren Estellas Zeichen der Rebellion.
Er erreichte die Damen und verbeugte sich. »Lady Estella, Lady Annalise«, begrüßte er sie. Dann drehte er sich zu Marrok und nickte. »Sheffield. Ich habe nicht erwartet Sie hier zu sehen.«
Marroks Lippen zuckten. »Noch ich Sie. Was bringt Sie zu etwas so zahmem wie einem Ball der feinen Gesellschaft?«
»Sie sind nicht so schlecht«, sagte er drollig. »Wenn man sich einmal an sie gewöhnt hat.«
»Sagen Sie, dass das nicht wahr ist«, sagte Marrok entgeistert. »Ich hoffe niemals einen solchen Zustand zu erreichen, als dass ich denke, dass diese eintönigen Vergnügen in Ordnung genug sind, um sie zu besuchen. Ich wäre nicht hier, wenn Vater nicht veranlasst hätte, dass ich Anstandsdame spiele.«
»Es wird dir gut tun unter Leute zu kommen«, sagte Lady Annalise. »Vielleicht findest du sogar eine Frau, die gewillt ist es mit dir aufzunehmen.«
Marrok rollte mit seinen Augen. »Kein Grund mich zu verfluchen, herzallerliebste Schwester. Ich verlasse euch zwei gerne und gehe, um ein Kartenspiel aufzusuchen.«
»Bitte tu das«, sagte sie, während sie eine Strähne ihres schwarzen Haares hinter ihr Ohr schob. »Estella und ich kommen alleine zurecht. Komm und hol uns ab, wenn es Zeit ist nach Hause zu gehen.«
»Sehr wohl«, stimmte Marrok zu. »Kommen Sie, Warwick?«
Während des gesamten Austauschs blieb Estella still. Es passte nicht zu ihr und es machte Donovan Sorgen. Beunruhigte sie etwas? Wollte sie ihn nicht sehen? Er musste einen Weg finden sie bald alleine zu treffen und mit ihr sprechen. Nicht nur weil er ihr einen Antrag machen wollte, sondern auch, weil er sich Sorgen um sie machte. Sie verhielt sich nicht wie sie selbst.
»Nicht jetzt«, sagte Donovan. »Ich hatte gehofft Lady Estella würde mit mir tanzen.« Die Stränge des ersten Walzers füllten den Raum. »Würden Sie?«, er blickte sie an, wartete auf ihre Antwort.
Sie blickte ihn an und dann schnell weg. »Ich bin …«
»Oh geh und tanz mit ihm«, sagte Annalise, schob Estella zu ihm hin. »Ein Tanz wird nicht schaden und ihr könnt eine nette Plauderei haben.«
Was bedeutete das? Was versäumte er? Wollte Estella nicht mit ihm tanzen? Er würde sie um keinen Preis verletzen. Er würde sich eher selbst ins Herz stechen, als sie sich auf irgendeine Weise elend fühlen zu lassen.
Estella blickte Annalise an, dann ihn. Langsam hob sie ihre Hand und nickte. »Es wäre mir ein Vergnügen, my Lord.«
Donovan führte sie auf die Tanzfläche. Der Tanz hatte bereits begonnen, aber sie gesellten sich nahtlos zu den anderen Tänzern. Er wartete bis sie vollständig vereinnahmt waren, bevor er sprach. Er wollte, dass sie sich wohl fühlte, aber ihre Nervosität wurde durch den Tanz verschlimmert.
»Estella«, sagte er sanft. »Was ist los?«
Sie blickte nicht zu ihm hoch. Er verstand nicht. Warum war sie so verstimmt?
»Es ist nichts, my Lord«, antwortete sie.
My Lord? Wann hatte sie aufgehört ihn bei seinem Taufnamen zu nennen? Sie haben seit Wochen heimlich geworben. Sie wusste wie er fühlte und was er für sie erhofft hatte. Er liebte sie … »Ich habe Vorkehrungen getroffen, um uns später im Privaten zu treffen. Ein Diener wird dir den Weg zeigen.«
Sie blickte zu ihm auf. »Ich befürchte ich kann heute Abend nicht, my Lord.«
Etwas stimmte definitiv nicht. »Warum nicht?«
Er wollte es verstehen. Wahrlich, er wollte es, aber nichts was sie tat oder sagte machte irgendeinen Sinn für ihn. Sie hatten sich einige Male in der Vergangenheit getroffen und sie war sich sehr wohl bewusst, dass sie ihm vertrauen konnte. Er war brav gewesen—meistens. Er war am Ende doch ein Mann und man konnte nicht erwarten, dass er wie ein Mönch lebte. Es gab einige wenige Male, als er einen oder zwei Küsse gestohlen hatte, aber er hatte sie keusch gelassen. Er wollte, dass sie ihm vertraute und erkannte, dass er es ernst mit seinem Bestreben meinte. Keine andere Frau würde ihm passen und Estella vor allen anderen sollte das tief in ihrer Seele wissen.
Estella starrte in seine Augen und sagte unbeirrt: »Diese Sache zwischen uns muss enden.«
Er hörte inmitten der Fläche beinahe auf zu tanzen. Es war jedoch zu tief in ihm verwurzelt, um komplett zu straucheln, und er bewegte sich weiter, sogar als sein Herz in seiner Brust sank. »Was?« Er konnte sie nicht richtig verstanden haben. »Aber—ich—bitte sag mir warum.« Dann konnte er daran arbeiten ihre Meinung zu ändern.
»Es würde nicht funktionieren«, sagte sie entschieden. »Wir sind zu unterschiedlich.«
»Seit wann hat das eine Heirat verhindert?«
»Ich hatte nicht bemerkt, dass wir unsere Gelübde gesagt haben oder kurz davor waren?« Sie hob eine Braue. »Ist mir etwas entgangen?«
»Sicherlich wusstest du es, besser gesagt. Ich hatte gehofft zu warten, bis wir alleine wären. Ich wollte dir heute Abend einen Antrag machen.«
»Du hast also deine Meinung geändert?« Estella neigte ihren Kopf, während er sie auf der Tanzfläche herum schwang. »Welch glücklicher Zufall, dass es dazu dann nicht gekommen ist.«
»Ich hatte keinen Sinneswandel«, sagte er stur. »Ich liebe dich und will den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Ich habe einen Ring …«
»Behalte ihn«, sagte sie. »Ich will nichts von dir.«
Donovans Herz wurde bei ihren Worten in eine Million winziger Stücke zerschlagen. Nichts, was sie gesagt hatte, hat irgendeine Art von Sinn gemacht. Sie hatte sich beim letzten Mal, als sie sich gesehen hatten, nicht so verhalten. Sie hatten sich geküsst und versprochen einander für immer zu lieben. Was konnte sich in solch kurzer Zeit verändert haben?
»Estella, Liebling«, sagte er sanft. »Bitte.«
Sie hob spöttisch eine Braue. »Es war amüsant, während es andauerte, aber sicherlich hast du nicht erwartet, dass ich dich tatsächlich heirate. Mein Stiefvater würde eine solche Partie nicht billigen. Du bist der goldene Schelm der feinen Gesellschaft. Er hat für mich eine bessere Partie im Sinn und ich werde sie akzeptieren.«
Niemals hatte er seinen Ruf mehr gehasst, als in diesem Moment. Er war ein legendärer Schelm, na und? Hatte er nicht eine Gelegenheit verdient der Welt zu zeigen, dass er sich ändern konnte? Verdammt noch mal. Er hatte sich geändert. Estella hat ihn zu einem besseren Mann gemacht.
Die Stränge des Walzers kamen zum Ende. Es gab keinen Grund die Charade aufrecht zu erhalten und einen gar größeren Grund zu gehen. Nichts beim Ball würde seine Aufmerksamkeit länger halten und er könnte genauso gut etwas finden, das den Anblick von ihm willkommen heißen würde. Er führte Estella zurück zu Annalise. Er verbeugte sich und sagte: »Es war mir ein Vergnügen. Ich hoffe Sie finden wonach Sie suchen, my Lady.« Er drehte sich Annalise zu. »Und Sie ebenfalls. Gute Nacht die Damen.« Er drehte sich auf dem Absatz um und verließ den Raum.
Er würde in den Klub gehen. Nein, er würde sein liebstes Bordell besuchen. Vielleicht konnte er sie aus seinem Geist und Herz ausradieren. Nein. Nichts würde das jemals zur Realität werden lassen. Sie würde ihn immer heimsuchen.


Estella kämpfte gegen die Tränen. Sie wollte ihm nachrennen und um Vergebung bitten. Er war ihr Ein und Alles und sie wollte den Rest ihres Lebens mit ihm verbringen. Verdammt seien ihr böser Stiefvater und seine verachtenswerten Gebräuche. Warum hatte er nicht der gute Mann sein können, von dem ihre Mutter geglaubt hatte, dass er es wäre? Wichtiger, warum hat ihre Mutter sterben müssen und sie in seiner Obhut gelassen? Hätte sie nicht einen besseren Vormund für sie finden können? Ihr Cousin Ryan, Marquess of Cinderbury, hätte sie aufgenommen. Sie hatten als Kinder eine enge Beziehung gehabt. Aber nein, ihre Mutter hatte sichergestellt, dass der Duke of Wolfton die komplette Kontrolle über sie und ihr Erbe hatte. Sie konnte nichts ohne seine Erlaubnis tun.
»Es ist zum Besten«, sagte Annalise. »Du hast Besseres verdient als den Viscount of Warwick.«
»Ich möchte niemand anderen.«
Ihre Stiefschwester zuckte mit den Achseln. »Wir bekommen nicht immer, was wir wollen.«
Wenn sie Zuhause gewesen wären, hätte sie geprustet. Im Ballsaal musste sie so damenhaft wie möglich sein. Annalise verstand das nicht. Sie war niemals verliebt gewesen, geschweige denn, dass ihr Herz aus ihrer Brust gerissen wurde. Der Verlust von Donovan würde immer da sein. Ihn aus ihrer Seele zu beseitigen würde unmöglich sein und in Wahrheit wollte sie das auch nicht. Er war die Liebe ihres Lebens und sie würde ihn liebend sterben.
»Ich kann es nicht erwarten bis du den Mann findest, mit welchem du hoffst den Rest deines Lebens zu verbringen«, sagte Estella vernichtend. »Und lache, wenn dein Vater alles tut, um dich von ihm zu trennen. Dann erinnere ich dich gerne an ebendiese Aussage.«
»Ich glaube nicht an Liebe«, sagte sie. »Alles, was ich brauche, ist jemand der mich in der Manier verhält, an welche ich mich gewöhnt habe. Ich setze ein Kind oder zwei für ihn in die Welt und suche dann einen Liebhaber zum Vergnügen.«
Wer war diese Frau? Wie waren sie im gleichen Haushalt aufgewachsen und so erheblich verschieden geraten? Sie hatten dasselbe Alter und sie haben die letzten fünf Jahre gemeinsam gelebt. Estellas Mutter war drei Jahre, nachdem sie den Herzog geheiratet hatte, verschieden. Annalise hatte damals netter gewirkt.
»Es ist nicht wichtig«, sagte Estella. »Dein Vater hat mir bereits gesagt, dass ich nach heute Nacht nicht weiter in Wolfton Manor bleiben werde. Morgen werde ich verbannt bis die feine Gesellschaft vergisst, dass ich existiere. Es ist dem so oder so vorzuziehen, was er geplant hatte.«
Sie würde nicht einen alten Lustmolch heiraten, weil der Herzog es befohlen hat. Er hatte erklärt, dass Estella den Earl of Dredfield heiraten würde oder in das winzige Dorf Sheerness verbannt wird. Ihre Großmutter hatte dort ein Häuschen besessen und es Estella nach ihrem Tod vermacht. Sie würde für weitere dreieinhalb Jahre nicht an ihr Erbe kommen. Sie konnte bis dahin dort leben, und wenn sie genug Glück hatte, würde Donovan bis dahin nicht geheiratet haben. Wenn sie nicht länger unter der Kontrolle des Herzogs war, konnte sie ihn anflehen sie zurückzunehmen. Bis dahin musste sie still bleiben. Der Herzog hatte zu viel Macht und konnte sie beide ruinieren.
»Kann schon sein«, sagte Annalise. »Aber erwarte nicht, dass dies das Ende sein wird. Vater mag es nicht zu verlieren.«
Nein, das tat er nicht. Estella betete, dass er es ruhen lassen würde. Zumindest lange genug, so dass sie Kontrolle über ihr Leben erlangen konnte. Dann wäre sie in einer besseren Position sich gegen ihn zu wehren. Eine Träne drohte aus ihrem Auge zu fallen. Sie wischte sie weg, bevor diese sie verraten konnte.
»Das mag sein«, sagte sie. »Aber er hat mich bereits auf die schlimmstmögliche Weise besiegt. Das sollte ihn bis auf weiteres glücklich machen.«
Der Himmel wusste sie wäre weit davon entfernt … Donovan hasste sie jetzt. Welche Chance hatte sie wirklich ihn zurückzugewinnen? Sie hatte seine Liebe gehabt und alles, was sie zu tun gehabt hatte, war sie zu akzeptieren. Er würde nie verstehen, dass sie ihn fortgestoßen hatte, um ihn zu schützen. An seiner Stelle wäre sie wahrscheinlich ebenfalls nicht versöhnlich. Sie würde einfach ihr Leben leben müssen und hoffen, dass die Zeit seine Wunden heilen ließe. Ihre würden schwären und im Laufe der Zeit genug verhärten, so dass sie das tun konnte, was für sie beide notwendig war.
Es war alles, was sie tun konnte—und sie würde es tun. Sie war stark und fähig. Kein Mann, besonders ihr niederträchtiger Stiefvater, würde sie lange unter Kontrolle haben. Ihre Geduld, Unverwüstlichkeit und Intelligenz würden ihr beistehen, bis zu dem Tag, an welchem sie ihn wie den bösen Mann stürzte, der er war.

KAPITEL EINS
Juni 1816

Donovan ächzte und umklammerte die Oberseite seines Kopfs. Was, verfluchte Hölle, prallte andauernd gegen seinen Schädel, versuchte geradewegs einen Weg hindurch zu schlagen? Vielleicht sollte er sich herumrollen und das winzige Biest sich durchsetzen lassen. Was hatte er überhaupt, um dafür zu leben? Sein Leben war nicht viel wert und er hatte es so gut wie aufgegeben jemals wieder Glück zu finden. An den meisten Tagen trank er sich selbst zur Besinnungslosigkeit. Er hatte alle Hoffnung an dem Tag verloren, an welchem Estella ihm das Herz gebrochen hatte. Er war vollständig empfindungslos allem gegenüber und sah keinen Sinn darin sich zu kümmern.
Vielleicht war dies das Problem. Er hatte ziemlich heftig getrunken in der Vergangenheit—na ja, immer. Er konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als er nüchtern gewesen war. Ehrlich gesagt konnte er sich nicht an das letzte Mal erinnern, wann er sich die Mühe gemacht hatte zu baden. Er musste ziemlich übel riechen. Oh na ja, es ist nicht so, also ob er in nächster Zeit mit einer reizenden Frau ins Bett krabbeln würde. Hatte er nicht das Leben aufgegeben? Er wäre so oder so bald tot.
»Was soll’n wir mit ihm tun?«
Der männliche Akzent ließ wenig Zweifel an seiner Herkunft. Er war überhaupt keiner der vornehmen Sorte. Wahrscheinlich ein Hafenarbeiter … Wohin war er überhaupt gestolpert? Er sollte seine Augen aufmachen und es herausfinden, aber er konnte sich nicht dazu bringen sich zu bemühen. Sein Kopf schmerzte so bereits schon genug.
»Der Käpt’n wird wiss’n, was zu tun is’«, sagte ein anderer Mann.
Was war das? Ein Klub für ungehobelte Hafenarbeiter? Donovan wünschte sich wirklich, dass er sich daran erinnern konnte, was er getan hatte. Er vermutete, dass sie etwas anderes als Hafenarbeiter sein könnten. Soweit er wusste, war er in die Elendsviertel Londons gestolpert. Wie dem auch sei, er hatte Glück, dass er am Leben war. Wenn er darüber nachdachte … Warum hatten sie ihn nicht geradeheraus umgebracht? Das hätte mehr Sinn gemacht.
»Wir sollt’n ihn auslösch’n«, sagte der erste Sprecher. »Käpt’n Estes würde uns dafür dank’n.«
»Biste verrückt?«, fragte der andere Mann. »Estes hasst es, wenn wir Entscheidungen allein treff’n. Das wird uns nich’ gedankt; nur unser eig’nes Leben für uns’re Dummheit verwirkt.«
Nun, das beantwortete ein paar Fragen. Sie hätten ihn wahrscheinlich auf eigene Faust getötet. Wer war dieser Estes? Donovan war nicht ganz sicher, ob er den erhabenen Gentleman treffen wollte—wenn er so genannt werden konnte. Er führte mit Sicherheit ein strenges Schiff. Er hätte darüber gelacht, aber leider schmerzte sein Kopf so bereits genug.
»Hast Recht«, stimmte der Mann zu. »Schau nach ihm und ich geh den Käpt’n such’n.«
Er war also auf einem Schiff. Mist und verdammt … Er hatte gehofft, dass er falsch lag. Es ließ sich nicht sagen, wohin sie steuerten. Warum zum Teufel hatte er sich auf einem verfluchten Schiff versteckt? Was hatte er gedacht würde er erreichen. Er hatte wahrscheinlich nicht beabsichtigt auf diesem verdammten Ding zu sein. Sein Vollrausch hatte ihm in den letzten vergangenen Jahren viel eingebrockt. Dies war nur ein weiteres Abenteuer auf seinem Weg zum Ruin. Vielleicht hätte er wieder auf Besuch ins Manchester Castle gehen sollen. Sein Freund hätte ihm vielleicht geholfen wieder auf den richtigen Weg zu kommen. Nein, der Graf war selig glücklich. Es war scheußlich und wundervoll zu sehen. Er freute sich für Garrick, wahrlich. Aber konnte nichts gegen den Samen der Eifersucht tun, der aufgekeimt war, als er ihn gesehen hatte, wie er die Liebe seines Lebens gefunden hat und in der Lage war sie zu behalten. Er war kein guter Mann oder Freund. Es war das Beste, wenn er fern blieb.
»Biste wach?«, fragte der Mann und trat ihn dann.
Donovan ächzte: »Ach, leck mich am Arsch.«
Er hatte sich nicht auf die Bastarde einlassen wollen, aber dieser eine würde ihn nicht in Ruhe sterben lassen. Oh na ja, wie spaßig wäre es leise zu gehen? Er war nicht dafür bekannt großartige Entscheidungen zu treffen. Nein, die feine Gesellschaft sprach von ihm als dem goldenen Schelm, oder zumindest haben sie das zu tun gepflegt. Er war diesem Ruf in letzter Zeit nicht gerecht geworden. An den meisten Tagen blieb er Zuhause und trank bis er bewusstlos wurde. Er sah den Grund nicht in der Stadt umher zu gehen, wenn er reichlich Alkohol in seiner eigenen Schatzkammer fand, um die Stunden dahinsiechen zu lassen.
»Lieber nich’, mi Lord«, gab der Mann zurück. »Der Käpt’n wird bald hier sein und Ihr riecht ziemlich streng. Ich würde Euch baldigst über Bord werf’n, aber is’ nich’ an mir die Entscheidung zu treff’n.«
Wie steht’s damit? Er hatte richtig mit seiner Vermutung gelegen. Vielleicht sollte es ihn kümmern, aber es war eine Weile her gewesen. Warum jetzt anfangen? Sicherlich sollte er das. Er hatte ein Anwesen, einen Titel, keine Erben, um das weiterzugeben. Also würde irgendein entfernter Cousin oder irgendwer im Begriff sein seinen Wunsch zu bekommen. Er konnte sowieso nichts damit anfangen ein Vicomte zu sein. Was hatte es ihm jemals wirklich gegeben? Geld? Er schnaubte gedanklich. Das hatte ihm keine Spur von Glück gegeben. Sicherheit? In einem gewissen Maße hatte es das. Geld versorgte ihn mit den Notwendigkeiten des Lebens; jedoch gab es ihm ebenfalls die Mittel um es zu ruinieren. Wenn er nicht das Geld gehabt hätte, hätte er möglicherweise arbeiten müssen, um zu überleben. Dann hätte er es vielleicht wertgeschätzt, anstatt sich im Alkohol zu ersäufen. Zu was für einer Art Mann machte es ihn, dass er so verdammt einfach aufgegeben hatte?
»Nicht mein Problem«, murmelte Donovan.
»Gütiger Gott«, sagte eine Frau. »Was ist dieser Geruch?«
»Der Herr«, erklärte einer der Männer. »Wir hab’n ihn hier unten gefund’n.«
»Was wollt Ihr, dass wir mit ihm tun?«, fragte ein anderer Mann.
Die Frau blieb still. Sah er so schlimm aus? War dies der berühmte Estes? Er hatte keine Frau erwartet und diese Überraschung war ziemlich nett. Meistens mochte Donovan einen guten Schock. Es ließ ihn sich lebendig fühlen. Dies war eine dieser Gelegenheiten. Er wünschte, dass er die Energie hätte seine Augen zu öffnen, um einen guten Blick auf diesen weiblichen Kapitän zu bekommen. Sie musste groß und stämmig sein, um die Treue dieser Männer zu beherrschen.
Scheiß drauf. Er würde einen kurzen Blick auf sie bekommen. Vielleicht würde es ihm die Energie geben weiterzuleben. Dann konnte er Manchester Castle besuchen und Garrick von dem weiblichen Kapitän erzählen. Sie beide würden sich gut darüber amüsieren. Es würde genug sein, um für eine Weile nüchtern zu bleiben. Er hatte Momente, in welchen er nicht trunken war, aber sie waren dünn gesät. Dies könnte der Katalysator für einen sein.
Langsam öffnete er seine Augen. Er blinzelte einige Male. Vielleicht war er gestorben. Die Frau vor ihm war nicht groß oder stämmig. Sie war schlank gebaut, schmale Hüften eingeschlossen in ledernen Hosen, ein wogendes weißes Oberteil bedeckt von einer ledernen Weste. Ihr rotblondes Haar war an ihrem Rücken herunter geflochten. Diese saphirblauen Augen jedoch—er würde sie in einer Million Lebzeiten nicht vergessen. »Estella?«


Hölle und Verdammnis. Was machte Donovan auf ihrem Schiff? Sie hatte immer beabsichtigt ihn ausfindig zu machen, nachdem ihr Exil geendet war. Sie konnte noch nicht nach London zurückkehren. Ihr Stiefvater behielt den Überblick über sie. Zumindest glaubte er das. Er schickte willkürlich Spione, um sie zu besuchen. Was der Herzog nicht begriff, sie hatte ihre eigenen Spione. Sie wusste, dass sie kamen, bevor sie angekommen sind. Wenn sie es erfuhr, dachte sie immer daran Zuhause zu sein. Die meiste Zeit war sie das sowieso; dann und wann musste sie jedoch auf dem Schiff sein, um sicherzugehen, dass alles wie geplant lief.
Der Herzog hat ihr nicht viel Geld zum Leben gegeben. Er hatte tatsächlich nichts geschickt, seit sie am Anfang hier angekommen war. Sie musste einen Weg finden zu überleben und sie hatte das erste bisschen Geld genommen und es verdoppelt, dann das verdoppelt, bis sie genug hatte um durch das Jahr zu kommen. Als sie darauf hinab gestarrt hatte, erkannte sie, dass sie nicht weiter spielen konnte. Sie konnte auf diesem Weg nicht genug verdienen und die Chancen zu gewinnen waren jedes Mal niedrig. Sie hatte nichts dagegen ein Risiko einzugehen, aber es musste es wert sein. Dann hatte sie zufällig mitgehört, wie jemand über eine Verschiffungs-Unternehmung prahlte. Zu dieser Zeit hatte sie nicht begriffen, was die Unternehmung genau war, aber sie hatte so oder so aus dieser ihren Nutzen gezogen. Sie hatte das bedeutendste Kartenspiel ihres Lebens gespielt und das Schiff des Mannes gewonnen, und seinen Respekt. Er war jetzt ihr Erster Offizier und hielt einmal in der Woche um ihre Hand an.
Sie antwortete Donovan nicht. Er war eindeutig ziemlich betrunken. Vielleicht würde er vergessen, dass er sie gesehen hatte. Sie drehte sich zu ihren Männern und befahl: »Badet ihn. Wenn das erledigt ist, bindet ihn an das Bett in meiner Kammer.« Seine normalerweise schönen goldenen Locken strotzten vor Dreck und Fett. Seine Hautfarbe war weiß und grenzwertig durchscheinend, mit Ausnahme seiner Wangen. Sie hatten vom Alkohol eine rötliche Färbung. Wenn diese Farbe nicht wäre, hätte er tot ausgesehen. Seine Augen jedoch—sie waren das Schlimmste für sie. Die blauen Tiefen waren glasig und schauten beinahe durch sie hindurch. Da erkannte sie, wie schlecht es ihm ging, und dass sie ihm helfen musste.
»Ihr denkt dran ihn zu benutz’n?«, fragte einer der Männer, Schock klang in seiner Stimme nach.
Estella würde Donovan nie benutzen. Sie wollte nur nicht, dass er nach Belieben über das Schiff verfügen konnte. Ihn zu fesseln war ein Erbarmen, das sie niemand anderem gewährt hätte. Donovan jedoch, sie war es ihm schuldig. Sie konnte das den Männern jedoch nicht sagen. Sie verstanden Gewalt und sie musste sie glauben machen, dass sie zu allem fähig war. Sie betastete den Griff ihres Rapiers—dankbar für ihren Fechtunterricht, bevor ihre Mutter gestorben war. Sie gaben ihr die Fähigkeiten, die sie benötigte, um die blutrünstige Schmugglerin zu sein, die diese Männer erwarteten. Das Rapier war jedoch gefährlicher als das Florett, das sie normalerweise benutzte. »Stellst du mich in Frage?«
»Nein, Käpt’n«, sagte er und schluckte dann schwer. »Wir lass’n Euch wiss’n, wenn es erledigt is’.«
»Gut«, sagte sie und drehte sich, um zu gehen.
»Estella«, rief Donovan aus. Sie hielt an, aber blickte nicht zurück. Sie konnte nicht. Er ähnelte nicht einmal entfernt dem Mann, in den sie sich verliebt hatte. Was war mit ihm über die Jahre passiert? Sie hätte nach ihm sehen sollen und danach schauen, dass es ihm gut geht. Dies war ihre Schuld. Sie hatte ihn an den Rand des Ruins gebracht. Es war an ihr sicherzustellen, dass er einen Weg zurück fand.
»Geh nicht«, flehte er. »Warum musstest du gehen …?« Pein erstreckte sich über diese Frage und stach auf sie ein, wo es am meisten wehtat. Ihr Herz brach von neuem. Das war zu viel. Ihr Stiefvater würde dafür bezahlen, was er getan hatte. Sie hatte das vor langer Zeit gelobt und sie beabsichtigte es einzuhalten. Zuerst schuldete sie Donovan eine Erklärung. Wenn er mehr er selbst war, würde sie ihm alles erzählen. Wenn er entschied sie zu hassen, würde sie ihn nicht aufhalten. Wenn sie nach England zurückkehrten, würde sie sicherstellen, dass er es in einem Stück zurück nach London schaffte.
»Käpt’n?«
Sie blickte über ihre Schulter auf das Mannschaftsmitglied. »Ja?«
»Kennt Ihr ihn?«
»Sei nicht albern«, sagte sie. »Er ist nur ein Mann—ein feiner Pinkel, nicht mehr. Ich bin mit niemandem aus dem gehobenen Kreis bekannt.«
Niemand besuchte sie und das machte es einfacher diese Vortäuschung aufrechtzuerhalten. Sie war für sie nicht Lady Estella Sims und würde es nie sein. Wenn sie ihre Erbschaft erhielt, würde sie England verlassen und niemals zurückblicken. Die einzige Sache, die sie zu bleiben versuchte, war Donovan. Für ihn würde sie alles überdenken und alles tun.
»Er glaubt er kennt Euch«, sagte er geistesabwesend. »Sein Hirn muss noch immer in Alkohol eingelegt sein.«
»Unzweifelhaft«, stimmte sie zu. »Jetzt geh an die Arbeit.«
Er nickte und ging zurück zu Donovan. Der Vicomte kämpfte eine Weile und wurde dann komplett bewusstlos. Es war wahrscheinlich das Beste. Warum hatte er aufgegeben? Hatte es ihn so sehr beeinflusst sie zu verlieren? Möglicherweise war sie es überhaupt nicht. Vielleicht hatte er einen anderen Grund sich an den Rand des Todes zu trinken. Sie konnte nicht der einzige Grund sein, warum er am Leben verzweifelt war. Ihr Donovan war glücklich und charmant gewesen. Er hatte sie von ganzem Herzen geliebt—bis sie es in Stücke zerschlagen hatte. Sie würde all seinen Schmerz von ihm nehmen, wenn sie könnte. Vor allem wollte sie niemals ihre Liebe zerstören. Als ihr böser Stiefvater ihre Beziehung entdeckt hatte, hatte er alles getan, was er konnte, um sie zu zerstören. Schließlich hatte er Erfolg gehabt. Estella hatte zwei Möglichkeiten: Einen alten Mann heiraten und Donovans Herz brechen, oder die Dinge mit ihm zu beenden. Beide hatten dasselbe Ergebnis, doch eine gab ihr die Hoffnung sich selbst zu erretten.
Vielleicht hatte ihr das Schicksal schließlich die Gelegenheit dafür gegeben …

KAPITEL ZWEI
Estella schlenderte über das Deck ihres Schiffs und begutachtete es, um sicherzustellen, dass alles glatt lief. Der Wind war gut und sie machten gute Fahrt. Sie sollten den Abholpunkt gut vor der Dämmerung erreichen. Das würde ihnen genügend Zeit geben den Austausch vorzunehmen. Die Fässer mit Brandy würden einen netten Preis einbringen. Die Engländer mögen ihre Nase über die Franzosen rümpfen, aber sie genossen gewiss ihre Spirituosen. Sie konnte es ihnen nicht verdenken. Besonders da deren Wünsche ihre Rechnungen zahlten. So lange sie guten französischen Brandy wollten, würde sie liefern. Zumindest für weitere sechs Monate—dann hätte sie ihr Erbe und könnte mit dem Schmuggelgeschäft aufhören. Vielleicht sogar ihr Schiff für legitimeren Handel nutzen. Sie hatte ein paar Ideen und hoffte diese auszubauen, sobald sie Zugang zu ihren Geldmitteln hatte. Der Herzog würde es hassen, aber er würde keine weitere Kontrolle über sie haben. Sobald sie ihren einundzwanzigsten Geburtstag erreichte, wäre sie in der Lage zu tun, was auch immer sie wollte.
»Käpt’n Estes«, rief ihr ein Mann zu.
Sie hielt an und blickte hoch. Er kletterte die Takelage herunter. Als er das Ende erreichte, rutschte er ein Tau hinab und landete vor ihr auf dem Deck. Estella wartete, dass er sie ansprach.
»Da kommt ein Schiff näher«, sagte er. »Französische Flaggen.«
Verflixt und zugenäht. Was würde sie deswegen tun? Sie waren ein englisches Schiff und sie würden es ihnen wahrscheinlich nicht erlauben friedlich vorbeizuziehen. Sie musste etwas finden, um sie damit zu bestechen.
»Bist du sicher?« Sie musste fragen.
»Aye«, bestätigte er. »Zumindest sind es keine Piraten.«
Estella verdrehte ihre Augen. Sie trafen auf diesen Unternehmungen nicht auf Piraten. Im Regelfall schlingerten sie nicht durch den Englischen Kanal. Wenn sie in Richtung der Westindischen Inseln oder etwas Ähnlichem segeln würden, könnte das ein Problem sein. Dennoch, ein Pirat wäre vielleicht vorzuziehen. Dann würden sie sich nicht erklären müssen.
»Zumindest haben wir unser Frachtgut noch nicht abgeholt. Sag der Mannschaft, dass sie verdecken sollen, was wir als Austausch bringen. Ich habe eine Idee, aber sie werden es nicht mögen. Oh, und schick Bertram zu mir. Er wird wissen warum.«
Sie drehte sich auf dem Absatz um und bewegte sich auf das Steuerrad zu. Der Erste Offizier bediente es und sie würde Bertram brauchen, um es für ihn zu übernehmen. Die meisten Menschen nahmen sie nicht ernst und mehr als sie es mochte, musste ihr Erster Offizier in Fällen wie diesem als Kapitän auftreten. Sie wollte das nicht tun, wenn sie es nicht musste. Leeland stieg das zu Kopf, wie oft sie ihn schon darum gebeten hatte. Wenn sie das nicht im Keim erstickte, würde er versuchen sie zu stürzen. Sie konnte nicht erlauben, dass dies passierte.
Leeland drehte seinen Kopf, als sie näherkam. Er nickte ihr zu und hielt das Steuer stabil. »Seid Ihr hier, um mich abzulösen?«

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