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Trotze Nicht Dem Herzen
Amy Blankenship


Trotze nicht dem Herzen
Die Schützende Herzkristall-Serie Buch 2

Geschrieben von Amy Blankenship
Übersetzt von Martina Hillbrand

Copyright © 2009 Amy Blankenship
Englische Ausgabe Veröffentlicht von TekTime
Alle Rechte vorbehalten.
CONTENTS

Die Legende vom Herzen der Zeit
Kapitel 1 “Geheime Liebe“
Kapitel 2 "Morgendliche Ängste"
Kapitel 3 "Kuss der Eifersucht"
Kapitel 4 "Geh nicht"
Kapitel 5 "Gefährliche Eifersucht"
Kapitel 6 "Missverständnisse"
Kapitel 7 "Fragen"
Kapitel 8 “Die andere Seite der Medaille”
Kapitel 9 “Gefühle nicht mehr versteckt”
Kapitel 10 “Lügen der Wahrheit”
Kapitel 11 "Liebe, Hass und Eifersucht"
Kapitel 12 “Brüche”
Kapitel 13 “Ungewollte Wahrheit”
Kapitel 14 “Küsse eines Regentages”
Kapitel 15 “Verzweifelt”
Kapitel 16 “Flammen der Eifersucht”
Kapitel 17 “Trotze nicht dem Herzen”
Kapitel 18 “Blitz und Donner”
Kapitel 19 "Immer am dunkelsten vor dem Gewitter"
Kapitel 20 “Herzschläge und Grausames Lächeln”
Kapitel 21 "Verblendende Lust"
Kapitel 22 “Wütender Schrecken”
Kapitel 23 “Opfer”
Kapitel 24 “Wiedergeburt der Wut”



Die Legende vom Herzen der Zeit
Die Welten können sich verändern... aber echte Legenden verblassen nie.
Dunkelheit und Licht haben seit Anbeginn der Zeit immer gegeneinander gekämpft. Welten werden erschaffen und zerstört unter den Füßen ihrer Schöpfer, doch der fortwährende Bedarf an Gut und Böse wurde nie in Frage gestellt. Doch manchmal wird ein neues Element in die Mischung geworfen... die eine Sache, die beide Seiten haben wollen, aber nur eine haben kann.
Paradox in seiner Natur ist der Beschützende Herzkristall die eine Konstante, nach deren Besitz beide Seiten immer strebten. Der Kristall hat die Macht, das bekannte Universum zu erschaffen und zu zerstören, doch kann er im gleichen Atemzug auch jedes Leid und alle Zwietracht beenden. Manche meinen, der Kristall hätte einen eigenen Willen... andere sagen, dass die Götter hinter allem stecken.
Jedes Mal wenn der Kristall aufgetaucht ist, waren seine Beschützer immer bereit, ihn vor allen zu schützen, die ihn egoistisch verwenden würden. Die Identität dieser Beschützer verändert sich nicht, und sie lieben mit derselben Grausamkeit unabhängig von der Welt oder der Zeit.
Ein Mädchen steht im Zentrum dieser uralten Beschützer und ist das Objekt ihrer Liebe. In sich besitzt sie die Macht des Kristalls selbst. Dies ist die Trägerin des Kristalls und die Quelle seiner Macht. Die Linien verschwimmen oft und den Kristall zu beschützen wird langsam zu der Aufgabe, die Priesterin vor den anderen Beschützern zu schützen.
Dies ist der Wein, von dem das Herz der Dunkelheit trinkt. Es ist die Möglichkeit, die Beschützer des Kristalls schwach und angreifbar zu machen. Die Dunkelheit sehnt sich nach der Macht des Kristalls und auch nach dem Mädchen, wie ein Mann sich nach einer Frau sehnt.
In jeder einzelnen dieser Dimensionen und Realitäten wirst du einen geheimen Garten finden, bekannt als das Herz der Zeit. Dort kniet eine Statue einer jungen, menschlichen Priesterin. Sie ist umgeben von einer uralten Magie, die ihren geheimen Schatz verborgen hält und ihn sicher aufbewahrt. Die Hände der Jungfer sind ausgestreckt als warteten sie darauf, dass etwas Wertvolles hinein gelegt würde.
Die Legende besagt, dass sie darauf wartet, dass der mächtige Stein, bekannt als der Beschützende Herzkristall, zu ihr zurückkommt.
Nur die Beschützer kennen die wahren Geheimnisse hinter der Statue und wie sie entstand. Bevor die fünf Brüder ihre ersten Atemzügen taten, hatten ihre Vorfahren, Tadamichi und sein Zwillingsbruder, Hyakuhei, das Herz der Zeit während seiner dunkelsten Geschichte bewacht. Jahrhunderte lang bewachten die Zwillinge das Siegel, das die Menschenwelt davon abhielt, sich dem Reich der Dämonen zu öffnen. Diese Aufgabe war heilig und die Leben der Menschen sowie der Dämonen mussten vor der anderen geheim gehalten werden, um sicher zu sein.
Unerwarteter Weise drang während ihrer Herrschaft eine kleine Gruppe von Menschen wegen dem Kristall unabsichtlich in die Welt der Dämonen ein. In einer Zeit der Unruhen hatte seine Macht zu einem Riss in dem Siegel geführt, das die beiden Dimensionen voneinander trennte. Der Anführer der Gruppe der Menschen und Tadamichi waren schnell Verbündete geworden und schlossen einen Pakt, dass der Riss in dem Siegel repariert werden sollte, damit die beiden Welten für alle Zeit voreinander verschlossen sein würden.
Aber in dieser Zeit hatten Hyakuhei und Tadamichi sich beide in die Tochter des Anführers der Menschen verliebt.
Gegen den Willen von Hyakuhei hatten Tadamichi und der Vater des Mädchens den Riss geschlossen. Die Stärke des Siegels war um das Zehnfache erhöht worden, wodurch das gefährliche Liebes-Dreieck für immer voneinander getrennt war. Hyakuheis Herz war gebrochen... Selbst sein eigener Blutsbruder, Tadamichi, hatte ihn betrogen, indem er sichergestellt hatte, dass er und die Priesterin auf ewig getrennt waren.
Liebe kann sich in die absurdesten Dinge verändern, wenn sie verloren ist. Hyakuheis gebrochenes Herz verwandelte sich in böswilligen Ärger und Eifersucht, wodurch ein Kampf zwischen den Zwillingsbrüdern ausgelöst wurde, der Tadamichis Leben beendete und ihre unsterblichen Seelen zerschnitt. Diese Splitter der Unsterblichkeit erschufen fünf neue Beschützer, die die Bewachung des Siegels übernahmen und es vor Hyakuhei beschützen mussten, der sich den Dämonen im Reich des Bösen angeschlossen hatte.
Eingesperrt in der Dunkelheit, zu der er geworden war, hatte Hyakuhei alle Gedanken an den Schutz des Herzens der Zeit weggeworfen... stattdessen richtete er seine Energie darauf, das Siegel völlig zu zerstören. Seine langen, nachtschwarzen Locken, die bis über seine Knie reichten und ein Gesicht, das nichts als Verführung war, verbargen die wirkliche Bösartigkeit seiner engelsgleichen Erscheinung.
Als der Krieg zwischen den beiden Mächten von Licht und Dunkelheit beginnt, strahlt die geweihte Statue ein blendend helles, blaues Licht aus, das anzeigt, dass die junge Priesterin wieder geboren wurde und der Kristall auf der anderen Seite aufgetaucht ist.
Als die Beschützer zu ihr hingezogen werden, und ihre Wächter werden, beginnt der Kampf zwischen Gut und Böse erst wirklich. Daher das Eintauchen in eine andere Welt, wo Dunkelheit dominiert in dieser Welt des Lichts.

Dieses ist eines ihrer vielen epischen Abenteuer...



Kapitel 1 “Geheime Liebe“

Hyakuhei stand da und starrte auf das Herz der Zeit, wissend, dass die Priesterin noch auf der anderen Seite war, in ihrer Welt. Sein nachtschwarzes Haar floss wie ein dunkler Schleier an seinem Körper hinunter, als seine Flügel sich weit öffneten, wodurch ein Luftzug über dem weichen Gras entstand. Seine perfekten Lippen wölbten sich leicht zu einem wissenden Lächeln. Ein dunkler Glanz entstand am Boden rund um den Schrein, wodurch dieser ein gespenstisches Aussehen erhielt.
Als würde er von einer unbekannten Macht gezogen, glitt er näher zu der Jungfernstatue, die mit ihren ausgestreckten Händen dastand, als wollte sie ihn um etwas bitten. Seine Augen wurden nur einen Moment lang weich, als er sich an die junge Priesterin erinnerte, deren Nachbildung die Statue war. Also meinten die Beschützer, dass sie ihre Kräfte vereinigen konnten, um sie von ihm fern zu halten?
Mit einer wütenden Handbewegung, schien das glühende Gras zu zischen, während es eine unheilvolle Aura ausstrahlte und dann den betrügerischen Zauber tief in seinen Blättern versteckte.
*****
„Verdammt! Wo zur Hölle ist Kyoko? Sie hätte schon vor Stunden zurück sein sollen“, knurrte Toya zum zehnten Mal in den letzten dreißig Minuten. Er fuhr mit einer unruhigen Hand durch die silbernen Strähnen, die sich durch sein dunkelschwarzes Haar zogen, während er durch das offene Fenster hinaus in die Richtung des Schreins sah. Als er seinen Kopf so von den anderen weg gedreht hatte, und niemand sein Gesicht sehen konnte, ließ er Sorge in seine goldenen Augen treten.
Suki schaute auf und ließ kurz von ihrem Bajonett ab, das sie poliert hatte, und zuckte mit einer Augenbraue. „Toya, offensichtlich kommt Kyoko heute Nacht nicht mehr zurück. Es ist wohl etwas dazwischen gekommen, also gib es auf und lass uns in Ruhe.“ Sie wandte sich an Kamui, der neben ihr saß: „Mann, hört er denn nie auf zu jammern?“
Kamui lächelte aber war klug genug, sein Kommentar für sich zu behalten. Seine sandgelben Augen verbargen die Wahrheit hinter Toyas Beschwerde. Nur weil er der jüngste der Beschützer war, war er nicht naiv. In Menschenjahren war er alterslos, wie seine Brüder. Er wusste, dass Toya nur deshalb so tat, als wäre er wütend, weil er die Tatsache, dass er sich Sorgen machte, verbergen wollte. Auch er begann, sich Sorgen zu machen. Es passte nicht zu Kyoko, dass sie sie warten ließ. Die violetten Strähnen in Kamuis Haar glitzerten, als er sein Gesicht zum Fenster hob und den dunklen Himmel betrachtete.
„Kyoko sollte besser am Morgen zurückkommen, oder ich schwöre, ich gehe in ihre Welt und hole sie höchst persönlich.“ Toya ging weiter auf und ab. Er konnte es nicht ertragen, wenn Kyoko zu lange weg war. Es waren nun schon Tage, und er wurde mit jeder Minute wütender... und besorgter.
„Dummes Mädchen.“ Er schloss seinen Mund schnell wieder, als Suki ihn mit warnend hochgehobener Augenbraue ansah.
Shinbes große, stille Gestalt stand an der Wand gelehnt, wo er auch die letzte Stunde gestanden hatte. Sein blau-grauer Mantel zuckte ein wenig, als er eine nervöse Bewegung machte, die er verbergen wollte. Er hatte genug von Toyas Beschwerden darüber, dass Kyoko zu spät war. Seine violetten Augen schlossen sich als er versuchte, sich selbst davon abzuhalten, Toya zu sagen, dass er endlich die Schnauze halten sollte. Wissend, dass Toya wohl niemanden in Frieden lassen würde bis Kyoko zurückgekommen war, biss Shinbe sich auf die Zunge um zu verhindern, dass er die Laune seines Bruders nur noch verschlimmerte.
Der violette Beschützer versuchte wie immer, die Ruhe durch Meditation zu bewahren, wobei er den Lehren der Mönche folgte. Die Wahrheit war, dass seine Nerven in diesem Moment so bloß lagen, dass nicht einmal Meditation half. In diesem Moment wollte Shinbe Toya am liebsten erdrosseln und er hätte dabei auch noch lachen können. Sein ruhiges Gesicht spannte sich an und er senkte seinen Kopf, sodass sein dunkelblaues Haar die Beweise verbarg.
Also Toya und die anderen begannen, sich zum Schlafen Gehen fertig zu machen, nahm Shinbe eine dicke Decke von dem Stapel in der Ecke ihres kleinen Unterschlupfes und ging weg um alleine zu sein. Er musste wirklich einfach weg von allen, besonders von Toya. Shinbe verbarg seine Eifersucht auf Toya und die Liebe, die Kyoko für seinen Bruder hatte, gut. Tag um Tag blieb er bei der Gruppe, nur um ihr nahe zu sein, sie zu beschützen… obwohl ihr Blick immer nur auf Toya ruhte.
Shinbe knirschte mit den Zähnen, dass es wehtat. Er sollte wie seine anderen beiden Brüder, Kyou und Kotaro sein, und sich von der Gruppe entfernen, um Hyakuhei alleine zu bekämpfen. Aber er wusste, dass er bei der Gruppe bleiben musste, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Er war einer ihrer Beschützer und sie brauchte ihn. Selbst Kyou und Kotaro beschützten sie aus der Ferne.
Ja, Shinbe wusste, dass er das Spiel gut spielte, und seine Zuneigung für Kyoko gut verbarg. Er hatte es schon so lange praktiziert, und sich dabei selbst an andere Frauen heran gemacht… besonders wenn Kyoko in Hörweite war oder zusah, sodass sie sein Geheimnis nie herausfinden würde. Sie meinten, dass er alle Frauen liebte, niemand wusste, dass sein Herz nur einer einzigen gehörte: seiner Priesterin.
Normalerweise begrapschte er Suki in dem Wissen, dass sie ihn schlagen würde, und der Schmerz half ihm, seine Gedanken wieder auf den rechten Weg zu leiten. Er war so ein Feigling wenn es darum ging, Kyoko seine wahren Gefühle zu gestehen.
In letzter Zeit war es für ihn schlimmer geworden, schwieriger sich zu verstecken. Kyoko vertraute ihm, lächelte ihn an. Sie sprach mit ihm, vertraute ihm oft ihre Gefühle an, wenn sie wieder einmal sauer war aufgrund von Toyas kindischen Aktionen. Das alles zerbrach sein Herz Stück für Stück.
Shinbe achtete nicht auf den Weg, den er ging. Als er wieder hoch sah, seufzte er: er war im Garten des Jungfernschreins. Ohne es überhaupt zu bemerken hatte er näher bei ihr sein wollen. Kyoko würde so spät nachts nicht durch das Zeitportal kommen… also wieso war er gekommen?
Er starrte auf den Jungfernschrein, seine violetten Augen leuchteten in der Reflexion des Mondes auf. Shinbe entschied, dass dieser Ort so sicher wie jeder andere war… in einer Welt voller Dämonen zumindest.
Er breitete seine Decke auf dem weichen Gras aus und achtete nicht auf den gespenstischen Schein der Gegend. Unterbewusst dachte er, dass das Mondlicht für die Beleuchtung verantwortlich war. Er legte sich hin, schloss seine Augen und wartete, dass die Träume kommen würden, so wie immer. Sie suchten ihn heim, wollten von ihr, dass sie ihn sah, nicht als Beschützer oder Verbündeter… sondern als Mann.
*****
Kyoko stöhnte und widerstand der Versuchung, ihren Kopf gegen eine Steinmauer zu schlagen. Ihr Bewusstsein begann, in ihrem Kopf auszuflippen und sie war gerade aufgedreht genug, um mit ihm zu diskutieren. Sie hatte sich nicht mit Tasuki und seinen Freunden von der Uni betrinken wollen. Es war alles ein großer Fehler gewesen, und alles ihre Schuld. Sie war zu der Halloween-Party gegangen, wie sie versprochen hatte, wissend, dass sie niemals etwas trinken würde. NIE! Sie tat es nie.
Sie brummte vor sich hin und verdrehte die Augen. Wie hätte sie wissen sollen, dass die riesige Schüssel Obstsalat, die neben der Punsch-Schüssel gestanden hatte, tagelang in Alkohol eingeweicht gewesen war? Sie hatte gedacht, es sollte wie Grapefruit schmecken und hatte eine Menge davon gegessen, bevor sie merkte, wie die Folgen des Alkohols sie übermannten.
Kyoko stolperte über ihre eigenen Füße aber fing sich schnell wieder, bevor sie Zeit hatte, zu fallen. „Verdammt!“, rief sie, wissend, dass niemand sie hören konnte. Nun kam sie zu spät und sie wusste, dass sie eine Menge Probleme mit Toya bekommen würde. Wenn sie nur daran dachte, wie er sie anschreien würde, bekam sie schon Kopfschmerzen.
„Willkommen in der Hölle… Hausnummer eins“, murmelte Kyoko zu sich selbst und trat nach einem Kieselstein.
Sie hoffte verzweifelt, dass Toya einfach bis zum Morgen warten würde, bevor er kam um sie zu holen. Oder noch besser, wartete, ob sie nicht bei Tagesanbruch doch kam. So betrunken, wie sie war, konnte sie kaum geradeaus sehen und so wollte sie nicht mit ihm streiten. Sie wollte auch nicht nach Hause gehen. Sie stöhnte vor Selbstmitleid. Ihre Mutter würde ihr eine Woche lang Vorträge halten, wenn sie herausfand, dass sie betrunken war, auch wenn es ein Versehen gewesen war.
Kyoko bemühte sich, so gut sie konnte, in einer geraden Linie zu gehen. Endlich erkannte sie den Jungfernschrein auf der Lichtung hinter ihrem Haus. Sie schloss ein Auge, damit sie ihren Blick besser auf die Jungfernstatue konzentrieren konnte und kicherte. Dann dachte sie: 'Oh Gott, jetzt weiß ich, dass ich betrunken bin.' Mit einem verwackelten Schulterzucken tat sie das einzige, was ihr in den Sinn kam.
Sie ging in das Häuschen und geradewegs auf die Jungfernstatue zu und lehnte sich gegen sie in der Hoffnung, dass sie sicher in der anderen Dimension ankommen würde, ehe sie bewusstlos wurde.
*****
Shinbe hatte wieder einmal einen sehr erotischen Traum von Kyoko, die sich unter ihm wand, seinen Namen immer und immer wieder rief, schrie, als er in sie stieß und in ihr Gesicht hinunter sah und alle Gedanken an Toya von ihr vertrieb.
Plötzlich erwachte er mit einem Mal… sein Körper brach in Schweiß aus. Er atmete schnell, konnte sie immer noch unter ihm fühlen, wie sie ihn sich lieben ließ und wie sie seine Liebe erwiderte. Ihre Schreie dröhnten noch in seinen Ohren. Sein Herz schlug noch so schnell, hämmerte gegen seine Rippen, genauso wie er in sie gehämmert hatte.
Shinbe setzte sich auf. Er ballte seine Fäuste und hob sie, um sein Gesicht darin zu verbergen. Unfähig ihn aufzuhalten, entkam ihm ein Schrei in der Stille, voller Schmerz und verborgener Wut über die Unfairness von allem. Alles, was er je gewollt hatte, war, sie zu lieben und dieser Wunsch begann langsam, ihn am lebendigen Leib zu verschlingen.
Als er einen Zweig brechen hörte, ließ Shinbe schnell seine Hände sinken. Seine violetten Augen untersuchten die Gegend und blieben auf Kyokos erschrockenen Gesichtszügen hängen. Seine Gedanken schienen sofort in Zeitlupe über zu wechseln.
'Nein, das konnte nicht sein… nicht jetzt, nicht hier.' Ihre Augen waren groß geworden, als sie seinen Schrei gehört hatte, und ihre Hand lag auf ihrem Mund. 'Nein… bitte geh weg', bettelte er in Gedanken. 'Du kannst nicht hier sein, nicht jetzt, es ist zu gefährlich… ich bin zu gefährlich.'
Shinbe sah zu wie sie ihre Hand von ihren Lippen sinken ließ, ein besorgter Ausdruck auf ihrem Gesicht. Dann sah er, wie sie schwankte, als sie auf ihn zukam. Er fragte sich, ob sie überhaupt echt war, oder ob er noch träumte.
Kyoko bemühte sich immer noch, halbwegs gerade zu gehen, und sicher zu gehen, dass sie in die richtige Richtung zu der Hütte ging, als sie den fast unmenschlichen Schrei hörte, der von irgendwo in ihrer Nähe kam. Ihre Augen stellten mühsam scharf, als sie versuchte, die Quelle des Lautes zu finden. Ihr Herz raste immer noch von dem Schrecken, den sie erlitten hatte. Dann erkannte sie Shinbe, der da auf einer Decke im Gras lag, ganz alleine. Der gespenstische Schrei war von ihm gekommen.
Sie wollte wissen, was los war. War jemand ermordet worden? Das musste es wohl sein, dass so ein Laut aus diesem immer ruhigen, gelassenen und freundlichen Beschützer kam. Sie versuchte, sich fest auf den Beinen zu halten, als sie auf ihn zu ging.
Shinbe stöhnte, als er zusah, wie Kyoko das dümmste machte, was sie jemals getan hatte. Sie kam geradewegs auf ihn zu, kniete sich hin, streckte ihre Hand nach der seinen aus.
„Shinbe, was ist los? Ist jemand verletzt?“
Er konnte die Angst in ihrer Stimme hören. Sie dachte, dass etwas passiert war. Er lachte beinahe über die Wahrheit in dieser Frage, aber unterließ es dann doch. Sie kannte sein Geheimnis nicht. Er war noch sicher, konnte sein Herz noch vor ihr verstecken.
Ein weiterer Schwindelanfall traf Kyoko unvorbereitet und sie konnte ihr Gleichgewicht nicht halten, als sie neben ihm kniete. Sie lehnte sich unabsichtlich zu weit nach vorne und fiel genau in seinen Schoß. Sie unterdrückte ein Kichern als sie sich daran erinnerte, dass es ihm nicht gut ging und öffnete ihre Augen wieder, versuchte sich zu konzentrieren. Dies alles fühlte sich so sehr an wie ein Traum.
Kyoko erkannte plötzlich, dass Shinbes Brust nackt war. Starke Muskeln spannten sich an, entspannten sich wieder und dehnten sich unter ihren Händen. Sie hatte ihn noch nie oben ohne gesehen und war beeindruckt. Sie errötete, wissend, dass sie nicht so über ihn denken sollte. Er war ihr Beschützer, ihr Freund.
Kyoko schüttelte ihren Kopf in dem Versuch, wieder klar zu denken, aber das half der Sache nicht wirklich. Sie hob langsam ihren Blick zu seinen Augen. Er hatte sich keinen Zentimeter bewegt, hatte ihr immer noch nicht gesagt, was los war. Nun wünschte sie sich, dass er es endlich sagen würde, denn sein Gesichtsausdruck begann ihr große Sorgen zu bereiten.
Shinbes Körper zitterte, als er versuchte, sich selbst davon abzuhalten, sie zu berühren. Etwas, das stärker war als er, schien ihn anzutreiben, von ihm zu verlangen, dass er seine Hände ausstreckte und sich das nahm, was er noch dringender wollte als Luft. Er hätte es geschafft, aber jetzt war sie hier in seinem Schoß, starrte in seine Augen. Augen von denen er wusste, dass sie voller Schmerz sein mussten, und sie wollte wissen, was los war.
Etwas war ganz eindeutig los mit ihm und er konnte nicht aufhalten, was schneller und schneller seiner Kontrolle entschwand.
„Ich kann nicht mehr“, seine Stimme klang zerrissen von der Kraft, die seine Gefühle so hoch kochen ließ. Mit diesen Worten versuchte er sie zu warnen, versuchte ihr zu sagen, dass sie weggehen sollte, zurück auf die andere Seite des Zeitportals, wo sie sicher sein würde. Nicht zurück zu kommen, ehe er sein Geheimnis wieder unter Kontrolle hatte, es wieder verstecken konnte. Alle seine Sinne schrien, dass etwas nicht in Ordnung war, aber seine Gedanken konnten den unerträglichen Hunger nicht mehr kontrollieren.
Kyoko schnappte nach Luft als sie seine Worte hörte, in denen so viel Schmerz durch klang und es machte sie traurig. Jeder verließ sich darauf, dass er einen kühlen Kopf bewahrte, der Leim, der die Gruppe zusammen hielt. Sogar sie selbst sah zu ihm hoch und liebte es, wenn er in ihrer Nähe war, und sie seine Ruhe fühlen konnte, seinen Humor und sein Mitgefühl. Aber jetzt war es umgekehrt. Er war derjenige, der Beruhigung brauchte.
Es musste von all dem Kämpfen gegen die Dämonen kommen… Hyakuhei… sein Fluch. Oh Gott, sein Fluch… die räumliche Leere, die ihm einen frühen Tod besorgen würde. Die ultimative Macht, die Hyakuhei ihm gegeben hatte, in dem Wissen, dass sie ihn eines Tages zerstören würde. Sie hatte sie nicht vergessen. Sie versuchte nur so gut sie konnte nicht daran zu denken, aber sie wusste was passieren würde, wenn sie Hyakuhei nicht aufhalten würden.
Kyoko streckte eine Hand nach ihm aus, versuchte, ihn zu beruhigen, für ihn da zu sein. „Es ist in Ordnung Shinbe. Ich bin hier.“ In dem Moment als ihre Hand sein Gesicht berührte, erwachte er zum Leben.
Alles logische Denken hatte aufgehört und Shinbes eiserne Kontrolle brach. Er ergriff ihre Schultern und rollte sich auf sie. Als er sich so über ihren Körper legte, hatte er alles, was er jemals gewollt hatte… Kyoko. Ohne einen weiteren zusammenhängenden Gedanken senkten sich seine Lippen schnell und ergriffen Besitz von den ihren, verdrängten alles andere aus seinem Kopf. Er hatte dieses Gefühl viel zu lang unterdrückt.
Shinbe musste sich eingestehen, dass er schon vor einiger Zeit die Kontrolle über die Situation verloren hatte und nicht rechtzeitig weggelaufen war. Irgendwo, weit hinten in seinen Gedanken, erkannte er, dass sie irgendwie nach Alkohol schmeckte und auch so roch. Er kontrollierte sich selbst genug um sich einen Zentimeter von ihr hoch zu drücken und starrte auf sie hinunter, versuchte herauszufinden, ob es wahr war. Er durchsuchte ihr Gesicht, ihre Augen und ihre geröteten Wangen und fragte sich eifersüchtig, wer sie betrunken gemacht hatte.
Kyoko wusste, dass dies alles nicht wirklich passierte. Auf gar keinen Fall starrte sie hoch in die violetten Augen des sehr gut aussehenden Shinbe. Und auf keinen Fall starrte er auf sie hinunter als würde er sie wollen. Kyoko überlegte sich selbst, dass sie wohl immer noch im Gras lag und ihr Kopf an der Jungfernstatue ruhte. Irgendwo in diesem Traum konnte sie sogar Hyakuhei hören, der sie auslachte.
Sie hätte schwören können, dass sie sich daran erinnerte, an der Jungfernstatue herunter gerutscht und eingeschlafen zu sein. Wahrscheinlich war sie gerade weit weg und träumte und ihr betrunkener Kopf sorgte dafür, dass Shinbe bei ihr war, statt Toya.
Kyoko schüttelte schwach ihre Kopf, fühlte sich schwindlig und seufzte die Worte: „Verrückte Träume“, als sie in die Lusterfüllten Augen von Shinbe starrte. Ihre Lippen kitzelten noch von der Kraft des Kusses in ihrem Traum.
Shinbe senkte seine Lippen wieder auf die ihren. Er hatte genug gehört. Kyoko dachte, dass sie träumte. Shinbe konnte nur hoffen, dass sie recht hatte. Aber wie dem auch war, er konnte nicht aufhören. Er konnte sich beim besten Willen nicht mehr zurückhalten und leckte über ihre Lippen. Sie öffnete sie mit einem leisen Wimmern… ein Geräusch, das seine Lust nur noch steigerte, wenn das überhaupt möglich war.
Er brach in Schweiß aus, als er versuchte, sich zurückzuhalten, als sein Beschützerblut an die Oberfläche trat. Er wollte langsam vorgehen, vertiefte den Kuss, drang in sie ein, gab und nahm mit der Hitze des Kusses. Er hatte sie schon immer so küssen wollen, seit jeher, so schien es.
Die Muskeln in seinen Armen waren angespannt, als er sich über ihr hielt, ihre Lippen und das, was dahinter lag liebkoste. Seine Hände wurden ungeduldig und begannen, ihre Kleider aus dem Weg zu befördern. Nach nur ein paar kurzen Minuten lag sie unter ihm, völlig nackt. Sie hatte sich nicht gewehrt, als er ihre Kleider entfernte. Wieso sollte sie auch? Es war ein Traum… nicht wahr?
Shinbes Atem setzte aus, als er auf sie hinunter starrte, genauso, wie sie in seinem Traum vor nur ein paar Minuten erschienen war. Sie war seine Priesterin… sein Geheimnis… seine Liebe. Er rieb seinen Körper an ihrem, genoss das Gefühl ihrer seidigen Haut, das seinen Schmerz nur noch verstärkte und das Verlangen danach, sie zu lieben.
'Es muss ein Traum sein', versuchte er sich selbst zu überzeugen.
Er senkte seinen Kopf um ihren Nacken zu liebkosen, leckte und küsste ihre Haut, schmeckte sie sanft aber kräftig. Er zeigte ihr, wie sehr er sie liebte, als er sich entlang ihres Körpers nach unten vor arbeitete. Dieses würde das einzige Mal sein, dass er alles von ihr sehen und schmecken würde. Eine beißende Hitze schoss durch ihn, als sie sich ihm entgegen drückte, stöhnte, als er ihre Brust in den Mund nahm, sie mit seiner Zunge leckte und ihren Körper zum Leben erwachen ließ.
Noch mehr seiner Wünsche wurden wahr, als Shinbe Küsse auf ihren straffen Bauch setzte und sie unter ihm erbebte. Seine Muskeln spielten verrückt, als sie sich an ihn klammerte, versuchte, noch näher zu kommen. Shinbe war dem Himmel so nahe, wie es nur ging, ihr Körper, ihr gesamtes Sein umgab ihn. Zentimeter um Zentimeter robbte er sich wieder hoch und über sie.
Er legte sich zwischen ihre Beine und erzitterte vor Verlangen, als die Hitze ihrer Öffnung den pochenden Kopf seiner Männlichkeit erwärmte. Er wollte, dass sie ihn sah, wenn er in sie eindrang, selbst wenn es ein Traum war. Sein Körper spannte sich an, umschlang ihren fest.
„Öffne deine Augen“, flüsterte er. Seine Stimme war hypnotisierend, eine bewusste Verführung, und in dem Moment, wo sie diese smaragdgrünen Augen öffnete, stieß er in sie, vergrub sich selbst bis zum Anschlag in ihrer Hitze, wollte ihr den Schmerz des ersten Mals ersparen. Ein erschrockener Schrei entkam seiner Kehle als er fühlte, wie ihr Jungfernhäutchen ihn einließ.
Ihre Enge ergriff ihn fest in ihrer seidigen Hitze, zog ihn sogar noch tiefer hinein. Wenn er nicht seine sture Selbstkontrolle gehabt hätte, wäre er geradewegs aus seiner Haut gefahren. Er biss die Zähne zusammen als er versuchte, still zu halten. Sein Atem ging schwer als er zusah, wie sie ihren Kopf von einer Seite auf die andere warf und ihre Lippen sich lautlos öffneten. Schnell ergriff er Besitz von ihren Lippen, ehe ein Schrei entkommen konnte.
Als er fühlte, wie sie sich beruhigte, entließ er sie aus seinem Kuss. Er gab seinem Verlangen nach und begann mit einem ersten langsamen, aber harten, tiefen Stoß und wurde dafür belohnt, als ihre Hüften sich ihm entgegen wölbten, als ihre eigene Lust zu brennen begann. Er saugte ihr Stöhnen der Lust in sich auf, genoss es als die köstlichen Erinnerungen, von denen er wusste, dass es dazu werden würde. Er gab dem Gefühl von ihr, wie sie ihn in sich gefangen hielt, nach und ließ alle Hemmungen los. Er wollte sie mit allem was er hatte lieben, nichts zurückhalten.
Er verschränkte seine Finger mit den ihren und zog ihre Hände über ihren Kopf, wo er sie auf der weichen Decke festhielt. Shinbe erhob sich über sie, sodass er ihren lusterfüllten Gesichtsausdruck beobachten konnte, als er einen Rhythmus begann, der sie beide schnell an den Rand trieb. Tiefes, schnelles Streicheln wurde zu harten, langsamen Stößen, ehe er kurz pausierte und sich gegen sie drückte, nur um sich dann schnell zurück zu ziehen und wieder in sie hinein zu fahren.
Shinbe konnte fühlen, wie sie viele Male ihren Höhepunkt erreichte, als Zuckungen ihren Körper heimsuchten. Er konnte sie fühlen, als sie ihn noch fester an sich drückte. Sein ganzer Körper glitzerte im Mondschein von der Kraft, die er brauchte, um seinen eigenen Erguss zurückzuhalten. Es zerfraß ihn, bis er schließlich nicht länger konnte und, als er wusste, dass sie wieder einen Höhepunkt erreichte, ging er zu einer Geschwindigkeit über, die sie beide auf den Gipfel brachte.
Er gab einen letzten Stoß ab, so tief, wie er konnte, hielt dort an und warf seinen Kopf zurück. Der Laut, der aus ihm entwich war weder menschlich noch unsterblich. Es war Schmerz und Lust, die Verschmelzung von beiden, als sein Samen in ihren Körper schoss… tief, heiß und kontinuierlich mit seinem Herzschlag.
Als die Welt wieder still stand, sah Shinbe auf Kyoko hinunter, gerade als ein lustvolles Lächeln über ihren von Küssen geschwollenen Lippen erschien und ihre Augen sich langsam schlossen.
Schon mit dem Gefühl des Herzschmerzes darüber, was er gerade getan hatte, senkte Shinbe seine Lippen noch einmal auf ihre und flüsterte ihnen die Wahrheit zu: „Ich liebe dich.“
*****
Irgendwann später, tief in der Nacht, wachte Shinbe auf und fand Kyoko angezogen aber schlafend, neben sich auf der Decke in dem schimmernden Gras.
Er wollte sie noch nicht aufwecken und seinen Sünden ins Gesicht sehen müssen, also trug er die schlafende Priesterin gemeinsam mit dem Bündel, dass sie trug, ins Innere der Hütte, wo der Rest der Gruppe noch schlief.
Als er sie auf ihrem üblichen Platz zwischen der Wand und Suki untergebracht hatte, setzte er sich langsam an die gegenüber liegende Wand, zog seine Knie an seine Brust und fühlte sich glücklicher und verängstigter als je zuvor in seinem Leben. Aber wenn er in den nächsten paar Stunden sterben sollte, dann würde er glücklich sterben.
Shinbe schloss seine Augen und fragte sich, was schlimmer sein würde: wenn Kyoko sich erinnerte, oder wenn sie es nicht tat. Er wusste, dass er nie eine andere lieben würde, denn man musste ein Herz haben, um lieben zu können, und er hatte kein Herz. Er hatte es schon weg gegeben. Kyoko hatte sein Herz getragen, seit dem Tag, wo er sie zum ersten Mal erblickt hatte.
Wenn er nicht am Morgen durch Toyas Dolch sterben würde, wusste er, er würde genau dort bleiben, wo er war, sie insgeheim lieben und hoffen, dass sie es nicht bemerken würde.

Kapitel 2 "Morgendliche Ängste"

Shinbe schreckte aus dem Schlaf hoch, als er Toya schreien hörte. Er fühlte, wie sich alle Muskeln in seinem Körper zusammenzogen bei dem Gedanken, dass er das Kebab unter Toyas Zwillingsdolchen werden würde. Morbide Faszination brachte ihn dazu, langsam seine violetten Augen zu öffnen, um zu sehen, was vor sich ging.
„Halt's Maul!“, schrie Kyoko und warf ihre Hand in die Luft und ließ einen zähmenden Zauberspruch los, dann ergriff sie sofort panisch ihren Kopf, als der Schmerz durch ihr Gehirn schoss.
„Wofür war das jetzt?“, knurrte Toya, als er vom Boden zu ihr hoch starrte.
„Auu“, machte ihr Mund, als sie wieder zusammen zuckte. „Pssst“, fügte sie hinzu, in der Hoffnung, dass er die Nachricht verstehen würde.
Shinbe seufzte, wissend, dass Kyoko wohl einen Kater hatte, und Toya machte die Sache nicht besser, wenn er so laut war. Er war froh, dass sie ihn ruhig stellen konnte, auch wenn er es komisch fand, dass der Zähmungszauber nur an Toya funktionierte. Manchmal war er ein wenig neidisch darauf, dass sie überhaupt einen Zauberspruch gegen Toya hatte. Es half auch nicht, dass Toya der einzige war, der zwischen den Zeiten hin und her springen und ihr in ihre Heimatwelt folgen konnte. So wie Shinbe das sah, brachte es die beiden einander nur noch näher.
Er fragte sich stumm, ob sie sich an die letzte Nacht erinnern konnte, angesichts der Tatsache, wie betrunken sie gewesen war. Shinbe schloss seine Augen und fühlte, wie sich sein Magen schmerzhaft verkrampfte, als Toya auf Kyoko losging, wütend dafür, dass sie den Zauberspruch verwendet hatte. Bisher erschien alles normal. Er dachte noch einmal an die Nacht und versuchte sich deutlich an alles zu erinnern. Er fand es komisch, dass selbst für ihn die vergangenen Stunden beinahe wie ein Traum erschienen.
Er erinnerte sich daran, dass er, gerade bevor er sie in die Hütte gebracht hatte, ihnen beiden einen schützenden Zauber auferlegt hatte, der jeden Geruch davon, dass sie einander geliebt hatten, verbarg, falls dieser bemerkbar gewesen wäre. Er öffnete seine Augen wieder, in dem Wissen, dass es nichts half sich zu verstecken, sollte sie sich daran erinnern was vorgefallen war. Dann vergaß Shinbe zu atmen, als er zusah, wie Toya sich zu Kyoko beugte und an ihr schnüffelte.
Toya rümpfte die Nase: „Kyoko, rieche ich da Alkohol auf dir?“ Er setzte sich vor sie, als er ihr schmerzerfülltes aber schuldbewusstes Seufzen hörte. Ihre Hände verdeckten noch immer ihr Gesicht. „Was zum Teufel, Kyoko? Hast du dich betrunken?“ Toya konnte nicht verhindern, dass seine Stimme ein wenig zu laut wurde und schloss schnell seinen Mund, als sie ihre Hände weg riss und ihm einen tödlichen Blick schenkte.
„Toya, es tut mir leid. Aber wenn du nicht sofort aus meinem Gesicht verschwindest, dann werde ich etwas tun, was wir beide, bereuen werden.“ Kyokos Augen zogen sich zusammen. Sie hob ihre Hand als wollte sie wieder den Zähmungszauber auf ihn werfen, wodurch Toya schnell vor ihr zurückwich, wütend knurrend.
Shinbe konnte nicht anders, er musste darüber grinsen, wie Kyoko Toya auf seinen Platz verwies. Er verbarg es hinter einem schnellen Husten. Manchmal konnten diese beiden so… unterhaltsam sein. Ein weiteres Husten zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Als er sich zur Seite beugte, um hinter Toya sehen zu können, erkannte er, dass Kamui dasselbe Problem damit hatte, sein Lachen zu verbergen.
'Verdammt, manchmal kann sie richtig, richtig beängstigend sein', dachte Toya, als er seine Hände in seine weiten Ärmel zog und sein Gesicht zur Seite drehte. „Gut, du kannst es mir später erzählen!“ Er schielte aus dem Winkel seiner goldenen Augen zu ihr hinüber, wissend, dass er das ein wenig zu laut gesagt hatte. Er sprang auf und ging zur Tür hinaus, wollte nicht in der Nähe sein, wenn sie ihn wieder 'zähmen' wollte. Er war nur froh, dass dieser dumme Zauber nicht lange anhielt, sonst würde ihm jetzt alles wehtun.
Suki hatte kein Wort gesagt, während sie Kyoko verwundert beobachtet hatte. Als Toya endlich weg war, krabbelte sie vorsichtig zu Kyoko hinüber. Sie beugte sich hinunter und flüsterte: „Kyoko, ich werde dir frisches Wasser holen, in Ordnung? Leg dich einfach wieder hin und ich komme gleich zurück.“ Sie legte ihre Hand leicht auf Kyokos Schulter und schüttelte den Kopf als sie sich fragte, wie ihre unschuldige Kyoko betrunken geworden war. Sie entschied, dass sie mit der Frage lieber warten würde, drehte sich um und ging weg um Wasser für ihre Freundin zu holen.
Kamui konnte die Gelegenheit nicht verstreichen lassen und grinste von Ohr zu Ohr. „Kyoko, ich kann nicht glauben, dass du ausgegangen bist um dich zu betrinken, ohne mich einzuladen.“ Sein Grinsen wurde nur noch breiter, als Kyoko ihm einen bösen Blick zuwarf. Als er spürte, dass Kaen draußen auf ihn wartete, ging er aus der Hütte hinaus, um sich zu seinem feurigen Freund zu gesellen.
Kyoko stöhnte als ihr Kopf dröhnte. Sie hätte Suki bitten sollen, ihr zu helfen, ihren Rucksack zu durchsuchen. Sie wusste, sie hätte dort etwas für den Schmerz und wenn sie es doch gleich finden könnte, würde sie wahrscheinlich die ganze Packung nehmen. Sie sah, wie ein Schatten über sie streifte, und als sie sich umwandte, sah sie Shinbes violette Augen auf sie gerichtet.
Plötzlich rasten Bilder von ihm, wie er sie liebte, durch ihren Kopf. Es war ein Traum gewesen… richtig? Ein betrunkener Traum, ja… sie erinnerte sich nun wieder. Kater oder nicht, sie konnte nicht verhindern, dass sie daran dachte, und sie fühlte, wie ihre Wangen erröteten. Sie war unendlich dankbar dafür, dass es nicht eine seiner Beschützerkräfte war, Gedanken zu lesen, nicht so wie Kyou.
„Kyoko, ist alles in Ordnung? Kann ich etwas für dich tun?“ Shinbe fühlte sich schuldig dafür, dass sie meinte, dass es ein Traum gewesen war, wie sie letzte Nacht gesagt hatte. Aber er musste wissen, ob sie sich an etwas erinnerte. Nach ihrem Erröten zu urteilen musste er davon ausgehen, dass sie es tat. Als sie schließlich sprach, seufzte er erleichtert und kläglich. Irgendwo tief in ihm hatte er gehofft, sie würde sich erinnern und alles beenden.
Kyoko schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Verdammte Träume… Wieso musste sie ausgerechnet von ihm träumen? Es war ohnehin schon schlimm genug, dass sie schon früher so etwas von ihm geträumt hatte, aber sie hatte noch nie von ihm geträumt und war dann so nahe bei ihm erwacht, dass sie seine Körperwärme fühlen konnte.
Plötzlich lehnte sie sich zurück, weg aus seiner Nähe, ihre smaragdgrünen Augen waren groß. Da war etwas in der Art, wie er sie ansah, als wollte er geradewegs in ihre Seele sehen. Oder er machte sich dafür bereit, sie zu begrapschen… bei Shinbe konnte man da nie so sicher sein. In Gedanken schüttelte sie den Kopf. 'Nein, da willst du nicht hin, liebe Kyoko, nicht jetzt! Denk nach, was war die Frage?' „Äähm…“
„Shinbe, würde es dir was ausmachen, in meiner Tasche nachzusehen und die Schachtel zu suchen, in der ich Kräuter aufbewahre?“ Sie legte ihre Hände wieder an ihren Kopf in dem Versuch, das Pochen zu beruhigen. 'Notiz für mich selbst… gehe nie, nie wieder auf eine Party mit Tasuki und seinen Kumpels von der Uni.'
Shinbe kramte in ihrer Tasche nach der Kräuterdose. Er zog die Schachtel heraus und gab sie ihr, wobei Kyoko unabsichtlich mit der Hand an seiner streifte, wodurch ein plötzlicher Hitzeschub durch Shinbes Körper schoss, der einen bestimmten Teil von ihm dazu brachte, sich zu versteifen.
'Oh, wie verletzlich sie jetzt gerade war, er könnte einfach… NEIN! Wie konnte er so etwas nur denken? Gott… sie hatten recht, als sie ihn pervers genannt hatten.'
In dem Versuch, sich schnell vor ihr zurück zu ziehen und eine sichere Distanz zwischen sie zu bringen, streifte er mit seinem Arm unabsichtlich über ihren Oberschenkel.
Kyoko verkrümmte sich innerlich bei der Berührung. Wieso musste es gerade er sein, der ihr jetzt half? Wieso konnte Toya nicht noch hier sein und sie böse anstarren und anschreien. 'Diese Lippen, diese Augen, ich… muss aufhören, ihn so anzustarren!' Sie wandte ihren Blick wieder der Kräuterdose zu, als sie durch den Inhalt kramte, auf der Suche nach dem Aspirin, das sie dort immer aufbewahrte. Als sie es fand, hob sie die kleinen Tabletten hoch.
Shinbe starrte sie gebannt an. Sie hatte noch nicht versucht, ihn zu kastrieren, also erinnerte sie sich offenbar nicht. 'Wieso erinnerte sie sich nicht?', seufzte er stumm.
Sie sah wieder zu ihm hoch, und ihre Blicke trafen einander, was sie einen Moment lang beinahe gehirntot machte. „Wasser? Bitte? Du kannst dir nicht vorstellen, wie grässlich die ohne schmecken.“
Shinbe geriet völlig durcheinander, als er ihren Lippen zusah, wie sie die Worte formten. Sie waren einfach so einladend… er könnte einfach… er bückte sich hinunter… er sah auf das Aspirin, das sie in ihrer Hand hielt. Konzentriere dich.
„Ja, sie sehen abscheulich aus“, sagte er als er sie betrachtete, auch wenn er keine Ahnung hatte, was sie waren. Die Tür öffnete sich plötzlich und er riss schuldbewusst seinen Kopf herum und sah, wie Suki und Kamui mit einem Wasserkrug hereinkamen.
Suki beäugte Shinbe unsicher. „Was hast du vor, Beschützer?“
Shinbe machte ein paar Schritte zurück und fragte sich, ob Suki vielleicht insgeheim dazu fähig war, seine Gedanken zu lesen. Sie hatte eine unheimliche Gabe dafür, immer zu wissen, wenn er sich ungezogen benahm… oder auch nur daran dachte.
„Oh Suki, bitte gib mir etwas Wasser, schnell. Je schneller ich diese Medizin nehme, desto schneller geht es mir besser“, warf Kyoko ein, die wusste, dass Shinbe nichts Falsches getan hatte.
'Kyoko zu Hilfe!' Shinbe behielt den Ruf für sich.
Suki goss ein wenig Wasser in ihren Becher und begann darüber zu reden, wie Toya einen Wutanfall erlitten hatte, als sie gestern Nachmittag nicht zurückgekommen war.
Shinbe lehnte sich an die Wand und beobachtete Kyoko während er halb der Unterhaltung lauschte. „… wenn er mich noch einmal anschreien sollte, dachte ich, ich würde…“ Nimm sie in deine Arme und küss sie, bis sie nicht mehr denken kann. „… er ist so ein arroganter Typ…“ Ich will dich so sehr, Kyoko. „… und die Art wie er umgeht…“ Shinbe zappelte und fragte sich, wie lange er sein Geheimnis noch wahren können würde, jetzt, wo er sie genommen hatte. „… nicht wahr, Shinbe?“
'Häh? Hatte ihm jemand eine Frage gestellt?' Shinbe sah von Suki zu Kyoko als beide ihn erwartungsvoll anstarrten.
Nachdem er keine Ahnung hatte, worüber sie gesprochen hatten, entschied er sich für ein einfaches Entkommen: „Ja, klar. Ich denke, du hast absolut recht, Suki. Wenn ihr mich jetzt entschuldigt, ich muss mit Toya sprechen.“ Und damit floh er zur Tür hinaus.
Suki und Kyoko sahen ihm nach, als er die Türe hinter sich schloss und beide Frauen kicherten.
Shinbe gelangte hinaus aus dem kleinen Verschlag und lehnte sich schnell vorwärts gegen die Wand. Er drückte seine Hände gegen das kühle Holz zu beiden Seiten seines Kopfes und stieß dann seine Stirn gegen die Holzpfosten. Der Schmerz schien ihm immer zu helfen, seine Gedanken wieder auf den rechten Weg zu bringen. Nur an diesem Morgen dauerte es länger. Nach der letzten Nacht konnte er seine Gefühle nicht mehr unter seine Kontrolle bringen. Es war jetzt schlimmer, als es je gewesen war.
Er wollte Suki wirklich nicht begrapschen, damit sie ihn schlagen würde, es erschien ihm einfach falsch, das zu tun, nachdem er Kyokos Körper berührt hatte. Er hatte Angst, dass er nie wieder eine andere als nur sie anfassen können würde, ohne seine eigene Hand abreißen zu wollen. Er hatte seine Partnerin gewählt und sie wusste es noch nicht einmal.
Toya stand nur wenige Meter entfernt, beobachtete seinen Bruder und fühlte die Wellen von Schuld, die über ihn schwappten. Einer der Vorteile davon, ein Beschützer zu sein, war, dass man Dinge von denen, um einen herum, fühlen konnte, etwa so wie ein Lügendetektor in Kyokos Welt.
Er wölbte eine dunkle Augenbraue. „Was hast du getan, Suki wieder begrapscht?“ Toya runzelte die Stirn als er sah, wie sein Bruder beim Klang seiner Stimme zusammen zuckte.
Shinbe zuckte erschrocken zusammen, wandte seine dunkelvioletten Augen Toya zu und drückte sich von der Wand ab und richtete sich auf. „NEIN! Ich… nun, weißt du…“ Shinbe runzelte die Stirn über sein eigenes Stottern. Er zwang sich schnell dazu, sich zu beruhigen und erlangte endlich wieder seine Fassung. „Ich wollte nur hier draußen bleiben, damit ich keinen Lärm mache und Kyokos Kater belästige“, sagte er mit einem weisen Unterton in seiner Stimme und in der Hoffnung, dass Toya den Ratschlag auch für sich befolgen würde.
Toya knurrte aus seiner Kehle: „Ich will immer noch wissen, wie zum Teufel sie betrunken wurde. Ich denke, ich werde es gleich herausfinden.“ Er wollte wütend an ihm vorbei gehen, blieb aber stehen, als Shinbe die Hand ausstreckte und seinen Arm festhielt. Toya starrte böse auf die gegnerische Hand hinunter und fragte sich, was sich sein Bruder einbildete.
Shinbe sah wie silberne Flecken in Toyas goldenen Augen erschienen und ließ seinen Arm schnell wieder los. Mit einer ruhigen Stimme versuchte er seinen Bruder zu überreden: „Wenn ich du wäre, würde ich das noch nicht tun, außer dir schmeckt der Boden.“ Er verbarg sein Grinsen als er fühlte, wie Toya sich an den Zähmungszauber erinnerte.
Toya sah seinen Bruder nachdenklich an, bevor er sich von der Tür weg drehte und murmelte: „Sie sollte es besser wissen, und gar nicht erst in so eine Verfassung geraten.“ Plötzlich zuckte er zusammen und hielt seinen Kopf, wo Suki ihn gerade mit ihrer Drachentöter-Waffe getroffen hatte, als sie aus der Tür hinter ihm trat.
„Autsch, wofür zum Teufel war das wieder?“, fragte Toya mit einem bitterbösen Blick.
Suki stand nur da und schenkte ihm einen 'Du weißt wofür'-Blick. „Sei nicht so überfürsorglich“, sagte sie scharf, wissend, dass er sie nie verletzen würde. „Kyoko hat mir erzählt, was letzte Nach passiert ist.“
Shinbe fühlte, wie sein Leben begann, vor seinen Augen vorbei zu flitzen. Er hörte auf zu atmen und wartete darauf, dass Toya ihn ermordete.
Suki fuhr fort: „Ihre Freunde, auf der anderen Seite des Herzens der Zeit, haben sie auf ein Treffen mitgenommen, wo es Alkohol gab.“ Sie machte eine Pause, um das wirken zu lassen. „Sie trank nichts. Stattdessen aß sie eine Menge Früchte, nur um dann herauszufinden, dass diese in starkem Alkohol eingelegt gewesen waren.“ Ihre Lippen zuckten: „Aber dann war sie schon betrunken.“
Toya knurrte und drehte sich um, wollte hineingehen und sie für ihre Dummheit anschreien, aber wieder kassierte er einen schmerzhaften Schlag von Suki, der ihn anhalten ließ.
„Lass sie in Ruhe, sie ist gerade wieder eingeschlafen. Und ich denke nicht, dass sie heute in der Verfassung ist, irgendwohin zu gehen. Also schlage ich vor, dass wir sie am besten hier lassen, damit sie sich ausruht. Wir können auch einen Tag lang ohne sie nach dem Kristall-Talisman suchen.“
Sie drehte sich um um Shinbe anzusehen und fragte sich, wieso er sich so komisch benahm. Normalerweise hätte er bis zum Mittag schon mindestens zehnmal versucht, sie zu begrapschen. „Shinbe, geht es dir gut?“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu und starrte hoch in sein blasses Gesicht, sah, dass seine Augen ein wenig zu sehr glänzten.
Shinbe erwachte wieder zum Leben als er bemerkte, dass Suki so nahe an seinem Gesicht war. Schnell machte er einen Schritt zurück, dann dämmerte es ihm, was sie gesagt hatte. Er seufzte leise und schüttelte seinen Kopf: „Wenn ich ehrlich bin, Suki, dann geht es mir auch nicht so gut.“ Er brauchte es nicht einmal vorzutäuschen, denn so verwirrt wie er seit gestern Nacht war, hatte er wirklich das Gefühl, dass er seinen Verstand verlor.
Toya rümpfte die Nase über seinen Bruder: „Ja du siehst echt dreckig aus. Vielleicht sollten wir dich hier lassen, damit du auf Kyoko aufpasst.“ Er sah den violetten Beschützer mit sehr strengem Blick an. „Aber wenn du sie auch nur berührst, dann wird sie es mir sagen.“ In dem Wissen, dass seine Warnung laut und deutlich zu hören gewesen war, wandte sich Toya wieder an Suki „Möchtest du Kamui holen, oder soll ich?“, fragte er, denn er hatte nicht wirklich Lust, ihre Waffe wieder auf seinem Kopf zu spüren zu bekommen.
Suki zuckte die Schultern: „Ich hole ihn. Du“, sagte sie warnend und stieß einen Finger in seiner Brust, „bleibst hier draußen.“
Shinbe verschluckte sich an seinem Lachen und versuchte, nicht zu vergessen, dass er krank war. Wie hatte er das geschafft? Da er selbst ein Beschützer war, sollte Toya doch wissen, dass Beschützer nicht krank wurden… zumindest hatte er nie einen gesehen, der krank war. Trotzdem… die Vorstellung, bei Kyoko zu bleiben, mit ihr den ganzen Tag alleine zu sein… nun, die Versuchung war einfach zu groß.
Shinbe sah zu, wie Toya Löcher in Sukis Rücken starrte, als sie wegging um Kamui zu holen, aber er blieb draußen. In nur ein paar Minuten kam Kaen zu ihnen und spähte durch die Tür hinein zu Kyoko. Shinbe wusste, dass Kaen auf Kamui aufpassen würde, falls sie Probleme bekommen würden. Ein Beschützer für einen Beschützer, damit hatte er seinen Bruder oft aufgezogen.
Shinbe sah der Gruppe nach, bis sie außer Sichtweite waren. Er fühlte, wie sein Körper und Geist sich zum ersten Mal an diesem Morgen entspannten. Mit einem Seufzen drehte er sich um und ging zurück in die Hütte, wo Kyoko schlief.
Kyoko regte sich in ihrem Halbschlaf, ihre Gedanken wanderten zurück zur letzten Nacht. Zurück zu der Party, dem Versuch, so viel wie möglich von der wenigen Zeit, die sie in ihrer Welt hatte, mit Tasuki zu verbringen. Sie vermisste ihn wirklich, weil diese Welt so viel von ihrer Zeit beanspruchte. Sie hatte sich so sehr auf ihn konzentriert, dass sie nicht einmal bemerkt hatte, dass all die Früchte verdorben waren, ehe es zu spät war. Sie schmollte und fragte sich, ob Tasuki es die ganze Zeit über gewusst hatte.
Sie erinnerte sich nicht wirklich daran, wie sie zurück zu der Jungfernstatue gekommen war, oder auch zurück zur Hütte, wenn sie genau war. Aber sie erinnerte sich an Teile des Traums, den sie gehabt hatte… Shinbe. Kyoko driftete zwischen Wachen und Schlafen, ihre Gedanken gingen weiter, als wäre es ihnen egal, ob sie wach war oder schlief.
Sie hatte Shinbe immer gemocht, denn aus der kleinen Gruppe war er der Beschützer, mit dem es am lustigsten war, wenn er da war. Und er brachte sie immer zum Lachen, auch wenn er es nicht einmal versuchte. Aber er war nicht der Mann, der sich mit nur einer Frau begnügen würde. Offensichtlich hatte er Probleme. Aber in letzter Zeit hatte sie begonnen, ihn in einem neuen Licht zu sehen.
Kyoko warf sich im Schlaf hin und her. Es war einfach nicht fair. Sie liebte Toya aus tiefstem Herzen, aber nur selten bekam sie von ihm auch nur einen Schein dieser Gefühle zurück. Nun, Shinbe, auf der anderen Seite, war eine andere Geschichte. So wie Toya sie für jede Kleinigkeit anschrie, versuchte Shinbe immer, dafür zu sorgen, dass sie sich besser fühlte.
Es war beinahe so, als würde, je schlimmer Toya sich benahm, Shinbe umso netter werden, aber er tat so, als wäre es nichts als eine Freundschaft. Manchmal wunderte sie sich über ihn und das war es wohl gewesen, was zu den Träumen geführt hatte, die sie von ihm hatte. Bis zur letzten Nacht waren die Träume innerhalb gesunder Grenzen geblieben. Der Traum der letzten Nacht war völlig außer Kontrolle gewesen.
Sie wusste, dass Toya sie auf seine eigene Art und Weise liebte und wahrscheinlich sogar für sie sterben würde, aber er weigerte sich, seine wahren Gefühle zu zeigen. Sie kannte ihn nur, wie er so leicht böse wurde, und sie herumzukommandieren war einfach seine Art, die Tatsache zu verbergen, dass er um sie besorgt war. Manchmal verbarg er seine Gefühle so gut, dass sie es ihm beinahe glaubte. Und doch ertappte sie sich dabei, wie sie die beiden Männer verglich. Sie war immer in Shinbes und Toyas Nähe und beide Beschützer hatten ihre guten und schlechten Seiten.
Wenn sie davon träumte, wie Toya sie küsste, dann war es immer weich und süß und wurde nur manchmal hitzig. Bei Shinbe war das anders. In jenen Träumen küsste er sie an unvorstellbaren Plätzen und tat Dinge mit ihrem Körper, von denen sie nie gedacht hatte, dass sie sich so gut anfühlen konnten.
Sie seufzte im Schlaf. Aber es waren nur Träume… Kyoko rollte sich zu einem Ball zusammen und zitterte bei den Gedanken an den Traum der letzten Nacht. Wie ihr Körper unter dem seinen erbebt war, als er sie lustvoll geliebt hatte… sie wimmerte bei der Erinnerung daran. Wenn sie so von Shinbe träumte, hatte sie beinahe das Gefühl, als würde sie Toya betrügen.
'Nein!', sagte sie ihren Gedanken. 'Mit Toya hatte ich nie eine Beziehung. Also habe ich keinen Freund und solange es nur in meinen Gedanken ist, kann ich alles denken, was ich will… auch in meinen Träumen.'
Der Traum war so anregend gewesen, dass sie, als sie erwachte, beinahe das Gefühl hatte, dass sie zerschmelzen würde. Als sie ihn da gegen die Wand gelehnt sitzen sah, als ob nichts passiert wäre, das alleine bestätigte ihr, dass es nur ein Traum gewesen war. Was ging nur in ihrem Kopf vor? Sie musste sich beherrschen. Shinbe würde nie ein unerfahrenes, kleines Mädchen wie sie lieben. Er war offensichtlich ein Mann von Welt, der wahrscheinlich mehr Mädchen in einer Nacht erobert hatte, als sie an beiden Händen abzählen könnte. Sie drückte ihre Augenlider fest aufeinander und weigerte sich, etwas Anderes zu denken.
Shinbe war entspannt und ruhig in die Hütte zurück gekommen… bis sein Blick auf ihre schlafende Gestalt fiel. Sein ganzer Körper erstarrte und er stand da und beobachtete sie einfach mehrere Minuten lang. Er sah, wie sie zitterte, wie sie dort auf der dünnen Matte lag. Wieso hatte sie die Decke nicht mehr, die er in der Nacht über sie gebreitet hatte? Er sah hinüber, dorthin, wo sie die Decke weggeschoben hatte, als sie sich mit Toya angelegt hatte.
Er kroch leise zu ihr hinüber und legte die Decke wieder über sie und blieb an ihrer Seite, während sie weiter in einem unruhigen Schlaf lag. 'Wieso musste er diese Gefühle haben?' Er seufzte, als er sich hinsetzte, sich gegen die Wand lehnte, sie beobachtete. Er kannte die Antwort darauf. 'Shinbe, der Junge, von dem jeder meinte, dass er ein Frauenheld war, hatte sich in ein Mädchen aus einer anderen Zeit verliebt.'
Er starrte sie an, Verlangen in seinen Augen, dann presste er seine Lippen aufeinander. Sie würde ihn umbringen, wenn sie merkte, dass es nicht nur ein Traum gewesen war. Toya würde ihn auch umbringen. Konnte er für so ein Verbrechen zweimal sterben?
Shinbe ließ seine Schultern sacken und seufzte wieder: 'Ja… wegen Toya.' Kyoko war verliebt in seinen temperamentvollen Bruder. Er konnte Schuldgefühle durch sein Rückenmark aufsteigen fühlen. 'Wieso musste sie sich ausgerechnet in den verlieben, der sie nie gut behandeln würde?' Er würde sie mit allem, was er hatte, lieben. Und wenn er auch einen kleinen Fluch auf sich hatte. Das sollte es nicht zu schlimm machen. Schließlich hatte Kyoko ihnen von ihrem Großvater und seinem Glauben an Flüche und Dämonen erzählt. 'Verdammt sei Toya.'
Kyoko murmelte in ihrem Schlaf. Er sah hoch und erkannte, dass sie sich umgedreht hatte, und ihm nun den Rücken zuwandte. Die Decke, die er um sie gelegt hatte, war weggerutscht. Das kurze T-Shirt, das sie trug, war hoch gerutscht und hatte ihr wertvollstes Stück offen gelegt. Ein Zittern rannte durch seinen Körper. 'So… verdammt verführerisch.'
Seine Hand streckte sich aus und streichelte das weiße Textil, das den Anblick weiter störte. Er biss die Zähne zusammen und zog seine Hand zurück, ehe seine Finger sie berührten. 'Ah, so nahe. Aber das ist auch der Tod, und ich möchte noch ein wenig länger leben.' Ein schnaubendes Lachen entkam ihm, als er seine Hände in seinen Mantel steckte. Er musste ab sofort besser aufpassen, was er tat, oder sein Leben könnte ein wenig früher als geplant enden.
Er würde ihr sofort die Wahrheit erzählen, wenn sie nicht in seinen Bruder verliebt wäre. Er wusste, dass er mit seinen Gefühlen nicht alleine war. Sie war die Priesterin der Beschützer und sie beschützten sie mit ihrem Leben. Alle der Brüder liebten sie sehr, jeder auf seine eigene Art. Aber Toya war anders. Toya mochte niemanden. Shinbe hatte es gesehen. Toya liebte Kyoko aus ganzem Herzen, auch wenn er es nicht zugeben konnte.
Shinbe schloss seine Augen als er fühlte, wie sie zu brennen begannen. Er hatte kein Recht, Kyoko zu lieben, oder auch nicht sonst irgendjemanden. Er hatte die Fähigkeit sie alle in einer Schlacht zu retten. Alles, was er tun musste, war, den Zeitzauber anzuwenden und er konnte eine Leere erzeugen, die alles in ihrem Weg aufsaugte. Es war seine größte Macht und sein größter Feind. Jedes Mal wenn er den gefährlichen Zauber anwendete, konnte er fühlen, dass er stärker wurde.
Jeder hatte ihn davor gewarnt und ihm nahe gelegt, ihn nicht zu verwenden außer wenn er keine andere Wahl hatte, weil er eines Tages so stark werden würde und er ihn nicht mehr kontrollieren können würde, sodass er ihn selbst aufsaugte. Der Zauber war ein Geschenk seines Onkels gewesen… desselben Onkels, der der Feind war. Zuerst hatte er gedacht, es war ein großartiges Geschenk, aber nun erkannte er, dass es gar kein Geschenk war. Es war ein Fluch. Einer, den er verwenden würde, um denjenigen zu zerstören, der ihm ihn gegeben hatte… selbst wenn er sein eigenes Leben dabei verlieren würde.
Shinbe gähnte. Er hatte die ganze Nacht beinahe nicht schlafen können, weder bevor, noch nachdem Kyoko zurückgekommen war. Er hatte den größten Teil des Abends damit verbracht, Toyas Fluchen zuzuhören, weil sie nicht vor der Dunkelheit durch das Herz der Zeit zurückgekehrt war, wie sie versprochen hatte.
Zuerst hatte Shinbe befürchtet, dass sie immer noch sauer auf Toya war, als sie nicht zurückgekommen war. Sie hatte Toya angeschrien ehe sie gegangen war, weil er versucht hatte, sie davon abzuhalten, in ihre Zeit zurück zu gehen. Toya hatte sich ihr sogar in den Weg gestellt, vor den Jungfernschrein. Letztendlich hatte sie jenen Zauber so oft angewandt, dass Shinbe nicht mehr mitgezählt hatte. Aber sie hatte versprochen, am nächsten Tag vor Einbruch der Dunkelheit zurück zu kommen.
Shinbe grinste als er sich daran erinnerte, wie Toya sich gegen den Zauber zu wehren versucht hatte, wobei er die ganze Zeit fluchte und alles Mögliche versprach, was er Kyoko antun wollte, wenn er sich wieder bewegen konnte.
Sein Blick glitt wieder hinüber über Kyokos Gestalt. Deshalb fand er sie so unwiderstehlich. Sie konnte in einem Moment wütend auf Toya sein und im nächsten Moment liebte sie ihn wieder. Sie war nicht nachtragend, egal wie sehr er sie verletzte.
Als Toya sie zum ersten Mal getroffen hatte, hatte er versucht sie umzubringen. Nun hatte sich alles geändert und jeder wusste, dass Toya sie innig liebte und sogar für sie sterben würde. Und doch tat er so, als könne er sie nicht ausstehen und verletzte oft ihre Gefühle. Das war einfach Toyas Art, sein Herz zu verstecken.
Shinbe legte seine Finger auf seine Augenbrauen in dem Versuch, seine Gedanken zu beruhigen. Er fühlte sich ehrlich schlecht wegen Toya und wollte eigentlich nichts Schlechtes über ihn denken. Es war nur, dass er eine Chance bei Kyoko hatte und diese ignorierte.
Er wäre für eine solche Chance gestorben. Er würde sie wie eine Königin behandeln, wenn sie es nur zulassen würde. Deshalb hatte er letzte Nacht die Kontrolle verloren. Die Wahrheit war, bei ihm war letzte Nacht einfach eine Sicherung durchgebrannt. Jetzt, nach dieser Nacht… Shinbe drückte seine Augenlider fest zusammen. Vielleicht war sie mit Toya doch besser dran, nach dem wie er ihre Unschuld betrogen hatte.
Shinbe zuckte zusammen, als Kyoko sich wieder im Schlaf bewegte und noch mehr von ihrem Oberschenkel entblößte. Er starrte auf ihre cremig weiße Haut, seine Hände zuckten in seinem Mantel. 'Wieso musste sie so schöne Haut haben?' Er fühlte, wie er selbst schläfriger wurde, als er Kyokos unruhigem Dösen zusah, und krabbelte langsam am Boden, wobei er nie die Augen von ihrem Hinterkopf ließ. Er wusste, wenn er ihr näher kommen würde, würde sie aufwachen, sich umdrehen und ihn schlagen.
So weit, so gut. Er beugte sich über ihre stille Gestalt und sah auf ihr Gesicht hinunter. Shinbe grinste. Sie roch immer noch nach Alkohol.
'Hat mich letzte Nacht auch nicht gestört', grinste er.
Eine einzelne nussbraune Strähne klebte an ihrer Schulter. Er streckte seine Hand aus und strich sie sanft zur Seite, seufzte leicht bevor er sich hinter ihr hinlegte und sein Gesicht in ihre seidigen Locken kuschelte. Er wagte es nicht, ihr näher zu kommen, aus Angst vor dem Tode, aber während sie schlief konnte er ihr wenigstens ein wenig Geborgenheit bieten. Redete er sich selbst ein.
Wenn sie aufwachte und ihn dort fand, würde er ihr einfach erzählen, wie müde er gewesen war und dass das der einzige Platz zum Liegen war… wo er sie im Auge behalten konnte. Er würde gerne einen Klaps dafür hinnehmen. Das wäre es allemal wert, nur um für ein paar Stunden neben ihr zu liegen und sich auszuruhen. Er war zu erschöpft um sich um die Konsequenzen Sorgen zu machen, als seine Augen langsam zufielen. Er war genau dort, wo er sein wollte, und zum Teufel mit den Konsequenzen.
Kyoko wimmerte schläfrig und drehte sich um, zu der Wärme neben ihr. Sie zog ihre Hände zu ihrem Kinn hoch und vergrub es darin. Als sie ihren Kopf nach vor beugte und er gegen etwas Festes stieß, seufzte sie und entschied, dass sie wohl wieder träumte. Um die Theorie auszutesten legte sie eine ihrer Hände gegen die Wärme.
Ja, sehr fest. In ihrem Traum kuschelte sie sich näher daran und in ihrem Traum legte sich die Wärme um ihre Hüfte. Sie roch Jasmintee und einem holzigen, erdigen Geruch.
'Wieso geht er mir nicht mehr aus dem Kopf? Er roch so gut.'
Sie erinnerte sich an das erste Mal, dass er sie in ihren Armen gehalten hatte. Er hatte gemeint, dass er sie rettete. Sie lächelte in ihrem Schlaf. Er war so stark und seine Sorge um ihr Wohlsein war richtig süß, auch wenn seine Gründe nicht ganz legitim waren. Damals hatte sie zum ersten Mal bemerkt, wie er roch.
Sie zitterte bei der Erinnerung und das warme Objekt um ihre Hüfte verfestigte sich. Sie schlang langsam einen Arm um die Wärme und erstarrte, als sie das eindeutige Rascheln von Stoff hörte.
'Was? Rascheln von Stoff? Raschelten Träume wie Kleider?'
Kyoko war plötzlich hellwach. Langsam öffnete sie ein Auge halb um verwirrt auf den blau-grauen Mantel zu sehen, mit dem ihre Hände verwoben waren. Und sie… schoss hoch wie eine Rakete, wobei sie seinen Arm mit einem Plumpsen aus dem Weg schlug. Und er, er… stöhnte und drehte sich auf seinen Rücken.
Kyoko war panisch, sah sich in der ganzen Hütte um. Niemand sonst war hier, und dies war eindeutig kein Traum. Shinbe schlief auf ihrer Matte. Sie musste denken. Was passierte? Sie starrte ihn an und war plötzlich wie versteinert.
'Es war nur ein Traum gewesen, nicht wahr? Reiß dich zusammen, Kyoko.' Sie dachte panisch nach. 'Wo war Toya? Suki? Kamui? Kaen? Wo waren sie alle hingegangen?'
Sie fuhr fast aus ihrer Haut als Shinbe in seinem Schlaf stöhnte und seine Hände in seinen Mantel zog. Als sie aufgesprungen war, hatte sie die Decke mit sich gerissen. Kyoko blinzelte und errötete dann vor Schuldgefühlen. 'Ihm war kalt.' Ihr war nun auch kalt, jetzt, wo sie stand. Sie erinnerte sich daran, wie sie das Gefühl hatte, zu erfrieren, während sie versucht hatte einzuschlafen.
Hatte er sich deshalb neben sie gelegt? Um sie zu wärmen? Ihr Gesicht wurde noch röter. 'Ooh, das war so süß.' Sie schüttelte ihren Kopf von einer Seite zur anderen. 'Nein, nein, nein! Was denke ich nur? Nicht süß, nicht süß', sie seufzte, lächelte ihm freundlich zu. 'Ich gebe auf.'
Langsam und vorsichtig bückte sie sich hinunter, nahm die Decke und erstarrte, als er sich plötzlich im Schlaf bewegte. Sie blieb stehen und wartete, ob er aufwachen würde. Tat er nicht. Also warf sie schnell die Decke über seinen schlafenden Körper, nahm ihre Tasche und floh zur Tür.
Shinbe öffnete ein Auge als er ihren Rückzug beobachtete. Als sie außer Sichtweite war, lachte er innerlich. 'Wieder mal Glück gehabt.' Dann runzelte er die Stirn und fragte sich, wieso er keinen Handabdruck auf seiner Wange hatte… oder einen zersplitterten Schädel. Er stand langsam auf und zählte bis zehn, dann folgte er Kyoko um zu sehen, wo sie hingegangen war.
Als sie draußen war, lehnte sich Kyoko an einen nahen Baum und erkannte, dass sie besser im Bett bleiben hätte sollen. Ihr Herz raste und ihr gesamter Körper schmerzte. Sie bückte sich hinunter und massierte ihre Beine. Sie erinnerte sich daran, dass sie gestern Nacht mit Tasuki getanzt hatte, nachdem sie die verdorbenen Früchte gegessen hatte, aber es fühlte sich eher an, als wäre sie von einem Lastwagen überfahren worden. Ein langes Bad in den heißen Quellen würde die Muskelkrämpfe beruhigen.
Noch einmal notierte sie sich in Gedanken, dass sie nie wieder Obst auf einer Party essen wollte. Dann kam ihr ein Gedanke. Toya würde Shinbes Geruch an ihren Kleidern bemerken. Ahh! Das Allerletzte, was sie wollte, war, Shinbe in Schwierigkeiten zu bringen, wenn er nichts getan hatte. Sie stolperte von der Hütte weg, stöhnte über den Kater, der sie noch immer schwächte, aber war fest entschlossen, nicht nur ihre Schmerzen weg zu waschen, sondern auch ihre Kleider zu säubern.
*****
Toya knurrte in den Tiefen seiner Kehle als er über das Dorf blickte, zu dem sie gekommen waren. Er fletschte seine Zähne, wissend, dass sie zu spät waren. Das Dorf lag in Trümmern. Es schien, dass, egal was sie in letzter Zeit machten, sie immer einen Schritt hinter Hyakuhei und seinen Dämonen waren. Er runzelte die Stirn als er das Dorf nach Überlebenden absuchte.
„Ein Teil des Talismans muss hier gewesen sein, sonst hätten sie sich nicht die Mühe gemacht, das ganze Dorf zu zerstören.“ Toyas goldene Augen verdunkelten sich vor Sorge.
„Wir müssen ihnen helfen“, sagte Suki leise, als sie mit Kamui an ihrer Seite das Dorf betrat. Sie bückte sich hinunter um nach einem weinenden Kind zu sehen, das dort völlig verloren saß.
Einen Moment lang verschloss Toya seine Augen vor der mittlerweile bekannten Szenerie, während sein Blut zu kochen begann. Er wusste, dass Hyakuhei beinahe alle Teile des Talismans in seinem Besitz hatte und dass es ihm egal war, wen er verletzte, um den Rest zu bekommen. Schließlich hatte Hyakuhei selbst seinen eigenen Bruder ermordet. Nun versuchten die Beschützer, Kyoko vor demselben Mörder zu beschützen.
Wenn Hyakuhei es schaffte, alle Teile des Kristalls zu versammeln, würde er in Kyokos Welt einbrechen können und viele Dämonen mit sich mitnehmen. Das durften sie nicht zulassen. Er fühlte, wie ein kalter Schauer über seinen Rücken lief und wusste, dass etwas nicht in Ordnung war.
'Kyoko.' Das Wort hallte durch seinen Kopf wie eine Warnung.
„Ihr beide bleibt hier und helft. Ich muss nach Kyoko sehen, jetzt!“, schrie Toya und stürmte in die Richtung weg, aus der sie gekommen waren. Er wusste, dass etwas nicht in Ordnung war… er fühlte es deutlich in seiner eigenen Seele. Er hätte sie nie ohne seinen Schutz zurücklassen sollen, nicht wenn Hyakuheis Dämonen-Ausgeburten so nahe waren. Er konnte die Angst, die andere Hälfte seines Herzens zu verlieren, nicht abschütteln.
„Ich werde nicht zulassen, dass er dich anfasst“, schwor Toya in seinem Wettrennen, Kyoko zu erreichen, bevor die Gefahr dort ankam.

Kapitel 3 "Kuss der Eifersucht"

Kyoko machte sich auf den Weg zu der heißen Quelle. Sie war müde, alles schmerzte und sie konnte es kaum erwarten, sich einfach in das dampfende Wasser zu setzen und zu entspannen. Sie stolperte über einen Stein und fragte sich, ob sie Wochen brauchen würde, eher sie ihr Gleichgewicht wiederfand, nur weil sie sich einmal betrunken hatte.
„Verdammt… Mann, jetzt klinge ich schon wie Toya“, sagte sie zu sich selbst und kicherte.
Shinbe folgte leise, wobei er ab und zu hinter einem Baum hervorspähte. Er musste ein Lachen unterdrücken, das ihm entkommen wollte, als er ihr Kommentar darüber hörte, dass sie wie Toya klang. Es war beruhigend herauszufinden, dass er nicht der einzige der Gruppe war, der ganze Unterhaltungen mit sich selbst hielt. Wenn er verrückt war, dann würden sie ein ausgezeichnetes Paar abgeben. Er blieb einige Zeit zurück um ihr ein wenig mehr Vorsprung zu verschaffen.
Als sie endlich zu der abgelegenen heißen Quelle kam, kramte Kyoko in ihrer Tasche. Mit allen Utensilien, die sie brauchte, am Wasserrand aufgereiht, zog sie sich schnell aus und begab ihren schmerzenden Körper in das dampfende Wasser. „Mmmm, das fühlt sich gut an.“ Sie schloss ihre Augen und rieb ihre Beine in dem Versuch, die verhärteten Muskeln etwas zu lockern. Als sie sich schließlich besser fühlte, legte sie sich zurück in das Wasser und entspannte sich endlich.
Shinbe lehnte an einem Baum als er die Faszination ihres täglichen Rituals verfolgte. Sie war so anmutig, so rein… plötzlich fühlte er sich wieder schuldig für seine Taten. Er drehte der Szene den Rücken zu und legte eine Hand auf sein Herz, wo der Schmerz sich ansammelte.
Er sollte nicht hier sein… er war kein braver Mann. Sie würde ihn hassen, wenn sie herausfand, was er mit ihr getan hatte. Er verzog das Gesicht, als das Gewicht in seiner Brust plötzlich so viel schwerer wurde. Aber doch konnte er dem Drang, sich umzudrehen und sie gierig anzusehen, nicht unterdrücken. Er seufzte sehnsüchtig, als er zusah, wie sie in das Wasser sank.
„Dies ist so viel besser als die kleine Badewanne zu Hause in der modernen Welt“, durchbrach Kyokos Stimme die Stille, als sie sich umsah. Es war eigentlich mehr wie ein versteckter Swimming Pool. Der Ort war so friedlich und so abgelegen. Bäume und kleines Gebüsch umgaben die heiße Quelle und sorgten für völlige Privatsphäre. 'Der Steinsims auf der anderen Seite wäre schön um sich zu sonnen', dachte sie zusammenhanglos und lächelte. Sie summte zufrieden während sie sich an der Wasseroberfläche treiben ließ.
Nachdem sie sich ein paar Minuten entspannt hatte, beschloss sie, dass sie sich besser noch schnell waschen sollte. Sie knetete Shampoo in ihr Haar und tauchte dann unter um es auszuwaschen. Prustend kam sie hoch, nur um dann noch mehr Zeug in ihr Haar zu schmieren und dasselbe wieder zu tun. Dann, ehe sie wieder heraus kam, nahm sie sich die Zeit um ihre Kleider sauber zu schrubben und hoffte, dass die Sonne sie schnell trocknen würde.
Shinbe schlich sich näher und sah aus der Deckung eines Busches aus drei Metern Entfernung aufmerksam zu. Er ließ die Kurven ihres Körpers auf sich wirken. Bei den Göttern, war sie schön… wie eine Göttin die aus der Quelle stieg. Sie wickelte ein Handtuch um ihre Brust, ehe sie ein anderes um ihr Haar wand und dann langsam ihren Körper abtrocknete.
Er hatte sie schon oft im Geheimen beobachtet, als sie badete, aber hatte nie die Möglichkeit gehabt, lange genug zu bleiben um diesen Teil zu genießen. Normalerweise suchte ihn jemand bevor sie ihr Bad beendete. Er seufzte, als sie langsam mit dem Tuch über ihre langen Beine rieb. Er merkte, wie er vor Schmerzen die Zähne zusammenbiss, als er zusah, wie sie die kleinen Kleidungsstücke anzog, die ihre wertvollsten Körperteile bedeckten. Er konnte sich kaum davor zurückhalten, die paar Schritte zu machen, die sie in seine Reichweite bringen würden.
Ein knackendes Geräusch kam plötzlich von der anderen Seite der heißen Quellen. Shinbe hörte es, und Kyoko hatte es auch gehört, denn sie stand erstarrt auf ihrem Platz. Beide lauschten sie angestrengt auf weitere Geräusche. Ein weiterer Zweig brach, aber dieses Mal kam das Geräusch aus einem Busch näher bei Kyoko. Erschrocken sah er wie Kyoko geradewegs auf den Busch zu ging, ihr Handtuch wie ein Schild vor sich hielt und rief.
„In Ordnung, Shinbe! Ich weiß, dass du es bist! Komm heraus… damit ich dich schlagen kann!“ Kyoko wartete und starrte den Busch genervt an. Shinbe war für sein Spannen bekannt. Verärgert hob sie eine Augenbraue, er war der einzige in der Nähe, also… Der Busch wackelte leicht. „Ich weiß, dass du da bist, und wenn Toya herausfindet, dass du mir nachspioniert hast, dann wird er dich wahrscheinlich umbringen. Übrigens bin ich mir sicher, dass auch Suki kein Problem damit hätte, dir ein paar Schläge zu verpassen.“
Das Gebüsch bewegte sich wieder und ein langes, spitzes Bein kam aus dem Geäst.
„Was zum…!“ Kyoko drehte sich um und rannte weg gerade als ein sehr großer dämonischer Skorpion hinter der Vegetation hervor koch. Sie rannte auf ihre Kleider zu, wo sie ihren Bogen zurückgelassen hatte.
„Kyoko! Runter!“ Shinbe kam aus den Büschen auf der anderen Seite gerannt, einen großen Ast in der Hand erhoben wie einen Speer. Er warf ihn auf den Dämon. Der rotäugige Skorpion sah ihn kommen und wehrte mit der Bewegung eines Beines die spitze Waffe ab und schleuderte sie weg. Der Ast landete vor Kyokos Füßen, gerade als sie sich hinunter bückte, um ihren Bogen aufzuheben. Ihr Gesicht verzog sich, als ihr klar wurde, wie knapp sie beinahe getroffen wurde.
Shinbe rannte auf sie zu und bückte sich, um den Ast wieder aufzuheben. Er zwinkerte Kyoko zu, als er sie angrinste. „Nun, Kyoko, ich denke, du bist ein wenig under-dressed um einen Dämon umzubringen.“ Sein Grinsen wurde noch breiter, als er ihren Gesichtsausdruck sah. Dann verwandelte sich der Gesichtsausdruck in den reinsten Horror.
Mit dem Gefühl eines Unheil verkündenden Schauers auf seinem Rücken drehte sich Shinbe herum, wobei er seinen improvisierten Speer wild schwang, als der Skorpion ihn ansprang. Er konnte ein haariges Bein treffen, aber ein anderes stach ihn in die Seite und schleuderte ihn von Kyoko weg. Shinbes Blut gefror als der tödliche Skorpion auf die Priesterin zu krabbelte.
Er wusste, dass die von Dämonen besessene Kreatur die Macht in ihr fühlen konnte. Mit dem Wissen, dass er etwas tun musste, und schnell, verwendete er seine telekinetischen Kräfte um einen mittelgroßen Stein hochzuheben und schleuderte ihn so fest er konnte. Er grinste, als er den Skorpion am Kopf traf.
Der Dämon kreischte und drehte sich ruckartig herum um den verwundeten Beschützer böse anzustarren. Shinbe lag am Boden und bemühte sich, wieder auf die Beine zu kommen, als der Dämon wieder auf ihn losging. Er rollte sich gerade noch rechtzeitig zur Seite, um mit dem spitzen Ende des Astes nach oben zu zielen, als der Dämon auf ihn sprang. Shinbes violette Augen glühten als er einen Zauberspruch flüsterte um den harten Panzer des Monsters weicher zu machen.
Kyoko schrie panisch Shinbes Namen, als sie zusah, wie der Dämon auf ihm landete. Alles schien so schnell zu passieren, dass sie nicht einmal Zeit hatte, zu blinzeln. In einer Sekunde sprang der Dämon auf ihn und in der nächsten ragte das Ende desselben Astes aus seinem Rücken während schwarzes Blut zu Boden tropfte. Sie beobachtete, wie der besessene Skorpion zuckte ehe er erschlaffte und schwer auf Shinbe fiel.
„Shinbe!“, schrie Kyoko panisch. Sie rannte auf ihn zu und sah, wie das Blut sich mit erschreckender Geschwindigkeit in der Erde um ihn sammelte. In Gedanken krümmte sie sich zusammen und hoffte, dass nichts von dem Blut von ihrem Beschützer kam, aber es war schwer zu sagen mit der riesigen Ausgeburt der Hölle, die alles außer einer Seite von Shinbes Gesicht bedeckte. Seine Augen waren geschlossen und einen Moment lang hörte ihr Herz auf zu schlagen, als eine Angst sie durchfuhr.
Shinbe konnte es fühlen, Kyoko war immer noch halb verrückt vor Angst, und was auch immer es war, das diese Gefühle in ihr hervorrief, er musste es zerstören. Mit einem Zucken um den Schmerz zu besiegen, öffnete er seine Augen und sah, wie sie auf ihn herunter starrte, bleich wie ein Geist. Sein Herz hämmerte schwer als er erkannte, dass sie um ihn Angst hatte. Er konnte Wärme in seinen Adern fühlen, als ihre Angst verblasste, als sie sah, dass er am Leben war.
Shinbe sprach mit einer krächzenden Stimme: „Kyoko, bitte. Hilf mir… ihn weg zu schaffen.“ Er versuchte, sich unter der Kreatur aufzurichten, aber seine Arme waren zwischen seinem Körper und den Überresten des Dämons gefangen. Selbst besessen sollte der geistlose Dämon nicht so viel wiegen, wie er wog und hätte sich nicht so sehr wehren sollen. Seine Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen als er ein Bruchstück des Kristalls so nahe bei ihm fühlte. „Kyoko, er nährt sich von der Macht eines Talismans… finde ihn.“
Kyoko hörte einen Moment lang damit auf, die gigantische Kreatur anzuschieben und versuchte, ihre Macht darauf zu konzentrieren, ihren Körper zu durchsuchen. Als der Schützende Herzkristall zersplittert und die Bruchstücke auf die Welt der Dämonen herunter geregnet waren, waren Dämonen aller Größen in einen Rausch verfallen und hatten sich auf die Suche nach den mächtigen Scherben gemacht. Dies musste irgendwann einmal ein kleiner Skorpion gewesen sein… bis er das Glück gehabt hatte, von einem Dämon besessen zu werden, und dann eines der fehlenden Bruchstücke zu finden, was ihm einen mächtigen Machtschub erteilte.
„Da!“, rief sie, als sie ein kleines, elektrisch blaues Leuchten an seinem Nacken wahrnahm. Den Würgreiz unterdrückend schaute Kyoko in das noch immer offene Maul. Mit verzogenem Gesicht langte sie hinein und ergriff den Kristall. Dann beobachtete sie, wie die Größe des Skorpions automatisch schrumpfte. Schnell drückte sie ihn weit genug zur Seite, sodass Shinbe ihn endlich abwerfen konnte, ehe er noch weiter schrumpfte und schließlich nur mehr handtellergroß war.
Kyoko sah auf ihn hinunter, sein langes, dunkelblaues Haar verdeckte sein Gesicht aber aus seinen Bewegungen erkannte sie, dass er versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Ihr Blick wanderte über seinen Körper auf der Suche nach Wunden. Seine Seite blutete stark, wo der Dämon ihn schwer mit seinem spitzen Bein getroffen hatte. Hektisch sah sie sich nach etwas um, mit dem sie die Blutung stoppen könnte. Dann rannte sie zu ihrem Handtuch, um es gegen die Wunde pressen zu können.
Shinbe setzte sich auf und schenkte dem kleinen toten Insekt einen angewiderten Blick. Die Hand in seiner Seite drehte er den Kopf um seine Aufmerksamkeit wieder Kyoko zu widmen, zuzusehen, wie sie nach dem Handtuch rannte, das sie in ihrer Eile weggeworfen hatte. Sein Blick glitt über ihren Körper wobei er seine Schmerzen völlig vergaß.
'Sie hat vergessen, dass sie noch nackt ist', dachte er. 'Nun, ich werde sie nicht daran erinnern.' Er versuchte, einen unverdächtigen Gesichtsausdruck zu behalten, als sie mit ihrem Handtuch zurückkam.
Kyoko setzte sich neben Shinbe, zog an seinem Mantel um die Wunde zu sehen. „Shinbe, meinst du, du kannst das ausziehen? Ich muss sehen, wo das ganze Blut herkommt.“
Ihre Stimme war noch immer atemlos und weich in seinen Ohren, sie klang fast verführerisch. Er war so verblüfft darüber, wie besorgt sie wirklich war, dass er vergaß, darüber zu fantasieren, wie sie ihn bat, sich auszuziehen.
Shinbe zog seinen weiten Mantel aus und öffnete die Knöpfe seines eisblauen Hemds darunter. Es fiel von seinen Schultern und glitt an seinen Armen hinunter sodass es dann wie eine Pfütze um ihn lag. Seine Brust und seine starken Bauchmuskeln wurden entblößt, ebenso wie die tiefe Wunde an seiner Hüfte. Er griff nach unten und zog diese Seite seiner Hose ein paar Zentimeter nach unten, damit sie besser sehen konnte, aber behielt seinen Arm über seinem Schoss um die Indizien seiner Erektion zu verstecken.
Kyoko schluckte als sie versuchte, sich auf die Wunde zu konzentrieren und nicht das, was sie umgab. Mit einer Hand stützte sie sich an seiner nackten Haut ab und drückte den weißen Stoff fest auf die Wunde und sah zu, wie er sich rot verfärbte. Sie fühlte, wie seine Muskeln unter ihrer Hand zusammen zuckten, was ein heißes Gefühl durch ihren Arm schickte. Ihre überraschten, smaragdgrünen Augen suchten schnell seinen violetten Blick.
Er bemerkte, wie ihre Wangen erröteten als ihre Blicke sich trafen und wunderte sich darüber, während er fühlte, wie sein eigenes Fleisch heiß wurde, dort, wo ihre Hand ihn berührte. „Kyoko, ist alles in Ordnung?“ Er sah zu wie sie schwach nickte, als sie wieder auf das Handtuch hinunter sah und es vorsichtig weg zog um zu sehen, ob die Blutung aufgehört hatte. Als sie sah, dass das der Fall war, ging sie um den Lappen zu waschen, damit sie den Rest des Blutes wegwischen konnte.
Shinbe sah hinunter und dachte innerlich: 'Kein Wunder, dass es aufgehört hat, zu bluten, das ganze Blut strömte zu einem anderen Ziel.' Er seufzte, wischte den Gedanken schnell weg als sie zurückkam und sich über ihn beugte, was ihm einen weiteren Anblick ihrer nur in Büstenhalter gekleideten Brüste ermöglichte. Seine dunkler werdenden, violetten Augen richteten sich schnell wieder auf ihr Gesicht. Er wusste, sie musste sich anziehen wenn er seine Würde behalten sollte.
Kyoko wischte langsam das Blut von seiner Haut und bemühte sich dabei, sehr, sehr vorsichtig zu sein, als sie ihn hörte, wie er ihren Namen mit angespannter, heiserer Stimme sagte. Sie hielt in ihrer Arbeit inne und hob ihren Blick zu seinem Gesicht. Aber so wie sie gerade über ihm lehnte, fand sie nun ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von dem seinen entfernt. Seine Augen glühten beinahe und er erschien ihr in diesem Moment so herausragend. Ihre Aufmerksamkeit senkte sich langsam auf seine Lippen, während keiner von beiden ein Wort sagte.
Shinbe sah, wie sich ihre Lippen öffneten und sein Körper bewegte sich ohne sein Zutun als er die Entfernung zwischen ihnen überbrückte. Er streifte seine Lippen über ihre in einem federleichten Kuss, der nur die Ruhe vor dem Sturm war… sein Atem war heiß auf ihrer Wange. Dann überwältigte ihn ein dröhnender rot-schwarzer Schatten als der Schmerz von der Wunde, die seine Beschützermächte gerade zu heilen begonnen hatten, ihn durchfuhr.
Shinbe wurde von einem sehr wütenden Toya nach hinten gerissen und zu Boden geschmettert. Toya stand über ihm, einen seiner Zwillingsdolche direkt auf seine Kehle zielend.
„Was zur Hölle bildest du dir ein, Kyoko zu küssen, du Drecksau?“, schrie Toya und zitterte vor Wut. Der Anblick von Shinbe, wie er Kyoko küsste, war für immer in seine Netzhaut eingebrannt. „Ich lasse sie in deiner Obhut zurück und du belästigst sie?“, brüllte er tobend.
Shinbes Augen verdunkelten sich zu einem tiefen Violett.
Kyoko zwängte sich zwischen sie, ihr Rücken Shinbe zugewandt, als würde sie ihn beschützen. Mit einem bitterbösen Blick auf Toya sagte sie barsch: „Wage es nicht!“ Sie breitete ihre Hände aus wie einen Schild. „Es ist nicht so, wie du glaubst, Toya.“
Toya senkte seinen Dolch mit einem Fauchen: „Oh ja, und wieso zur Hölle bist du dann nackt?“ Seine silbernen Augen richteten sich auf ihre nackte Haut um den Punkt zu unterstreichen.
Kyokos Welt stürzte über ihr zusammen und sie wusste einfach, dass die Götter sie auslachten, während sie an Ort und Stelle zu Stein erstarrte. Plötzlich fühlte sie den Wind auf ihrer nackten Haut und sie fühlte, wie Toyas Augen ihre Haut ebenso schnell erwärmten. Sie ließ ihre Hände an ihren Seiten fallen und suchte mit ihrem Blick ihre Kleider, erkannte, dass sie mittlerweile trocken waren und auf einem Stein nicht weit entfernt lagen.
Ihr Blick schoss wieder auf Toya als sie zischte: „Ich wurde angegriffen und Shinbe hat mir das Leben gerettet. Ich half ihm weil er verletzt wurde, als er mich beschützte, klar? Ich habe ihn geküsst, na und? Es war ein Dankeschön!“ Sie versuchte, sich von den beiden zu entfernen um ihre Kleider zu holen, aber überlegte es sich wieder anders, als Toya den Dolch wieder auf Shinbes Kehle richtete.
„Du hast einen Kuss von ihr verlangt als Dank dafür, dass du sie gerettet hast? Du verdammter Perversling!“, knurrte Toya und war nun sogar noch wütender auf den Beschützer. Dann, mit einer schnellen Bewegung, ergriff er Kyokos Arm und riss sie hinter sich, außerhalb des Blickfeldes seines Bruders.
Shinbes Augen blitzten wütend auf, als er sah, wie Toya Kyoko behandelte. „Leg die Waffe weg, Toya.“ Shinbes Worte waren eiskalt als er aufstand und seine Hosen abwischte, seine Brust immer noch nackt. Als der größere der beiden sah er drohend auf Toya hinunter, bereit, ihn anzugreifen. Immerhin… niemand hatte ihn je einen Feigling genannt.
Kyoko eilte wieder zurück und drängte sich wieder zwischen die Brüder. Ihre Brust streifte unabsichtlich an Toyas Rippen, zur gleichen Zeit wie ihr Rücken Shinbes heiße Haut berührte, da sie beide gerade einen drohenden Schritt aufeinander zu machten. Ihre Augenbrauen begannen zu zucken.
„Ich habe ihn geküsst. Er hat es nicht verlangt. Jetzt geht beide weg, damit ich mich anziehen kann.“ Sie sah hoch und suchte Toyas silbernen Blick und mit weicherer Stimme sagte sie beinahe flehend: „Es ist so schon schlimm genug, du brauchst es nicht noch schlimmer zu machen.“
Sie fühlte wie Shinbe sich zurückzog und ohne sich umzudrehen wusste sie, dass er sich anzog. Sie konnte das Rascheln von Stoff hören, als er mit wütenden Bewegungen in sein Hemd fuhr. Sie wusste, dass sie sich besser nicht umdrehen sollte und so klebten ihre Augen auf Toya um zu sehen, ob er noch weitere Anzeichen zeigte, Shinbe verletzen zu wollen. Sie seufzte beinahe vor Erleichterung als sie Shinbes Schritte hörte, die sich von der Quelle entfernten.
Toya achtete nicht auf Shinbe und seinen Rückzug. Im Moment starrte er immer noch verwirrt in Kyokos Augen. 'Sie hatte Shinbe geküsst? Wieso?' Sie streckte eine Hand nach seinem Arm aus, aber er drehte sich schnell um und ging einen Schritt von ihr weg, kehrte ihr den Rücken zu.
„Zieh dich an, aber ich werde dich nicht wieder alleine lassen. Ich bleibe, bis du fertig bist zu gehen.“ In seiner Stimme konnte man immer noch Zorn ausmachen.
Kyoko schnaubte und ging schnell zu ihren Kleidern, beeilte sich, sie anzuziehen. Als sie endlich wieder bekleidet war, drehte sie sich wieder um und sah seinen unbeugsamen Rücken, woraufhin sie einfach an ihm vorbei spazierte. Sie wollte zurück zur Hütte gehen, aber er ergriff sie am Arm und drehte sie herum, sodass sie ihn ansah.
Toya wollte nur wissen, wieso. Wieso würde sie Shinbe so küssen? Sein dunkles Haar fiel in sein Gesicht und verdeckte seine goldenen Augen vor ihrem Blick. „Wieso hast du ihn geküsst?“, flüsterte er. Sein Haar bewegte sich leicht in der sanften Brise, sodass seine silbernen Strähnen attraktiv glänzten.
Kyoko runzelte die Stirn und wusste nicht, wie sie antworten sollte. In Wirklichkeit hatte sie es vielleicht einfach getan, weil sie das wollte, aber das konnte sie ihm nicht sagen.
Sie seufzte: „Ich habe nicht nachgedacht, also… ich weiß wirklich nicht wieso.“ Sie senkte ihren Blick. Das war jedenfalls die Wahrheit.
Toya fühlte, wie bei dieser Antwort Angst in sein Herz kroch. Mit einem Ruck hob er den Kopf wieder und sah ihr direkt ins Gesicht, hielt ihren Blick fest. „Kyoko, du hast nie versucht, mich zu küssen… so“, knurrte er, ohne nachzudenken.
Kyokos Augen blitzten ihn an dafür, dass er sie so bloß stellte und sie rief: „Du benimmst dich nie so als würdest du das wollen! Außerdem habe ich keinen Freund, also kann ich küssen, wen ich will, nicht wahr?“ Sie riss ihren Arm aus seinem Griff los, ignorierte sein Knurren über ihre Antwort und marschierte an ihm vorbei, fragte sich, wieso es ihm plötzlich etwas ausmachte.
Kyoko starrte böse zu Boden als sie Richtung Hütte ging. Toya machte sie richtig wütend. Wie konnte er es wagen, darüber wütend zu werden, dass sie Shinbe küsste? Was ging ihn das eigentlich an? Sie war ihm doch egal. Er liebte niemanden, also was kümmerte es ihn, wen sie küsste? Sie riss die Tür der Hütte auf und ließ sich auf ihren Schlafsack fallen, tief in Gedanken versunken.
Toya stampfte nach ihr herein. „Sieh zu, dass ich dich nie wieder sehe, wie du Shinbe küsst!“, knurrte er, während er sich ihr gegenüber an die andere Wand der Hütte setzte.
Kyoko schenkte ihm einen wütenden Blick als ihr richtig klar wurde, was er gerade gesagt hatte, oder besser gesagt: befohlen. 'Wie kann er es wagen?' Ihre smaragdgrünen Augen begannen Funken zu sprühen.
„Ich werde küssen, wen ich will, wann ich will!“ Damit stand Kyoko ärgerlich auf, rollte ihren Schlafsack zusammen, nahm ihren Rucksack und steuerte auf die Tür zu.
Toya sprang mit einem angeschlagenen Gesichtsausdruck auf um ihr zu folgen. „Wo glaubst du, dass du hingehst, verdammt?“ Er hatte sie nicht so wütend machen wollen, dass sie wegging. Ihm gefiel nur die Tatsache nicht, dass Shinbe sie auch nur angefasst hatte.
Kyoko blieb stehen, die Hand im Türstock, den Rücken ihm zugewandt. „Toya“, sie drehte sich halb, hob ihre Hand in seine Richtung und dann, mit einem bösen Grinsen, schickte sie den Zähmungszauber in seine Richtung, wissend, wie sehr er ihn hasste. „Halt's Maul!“
Toya schlug mit einer langen Reihe von Flüchen am Boden auf. Kyoko stampfte zur Tür hinaus, an Shinbe vorbei und machte sich auf den Weg zum Jungfernschrein, mit dem Ziel, nach Hause zu gehen.
Shinbe stand mit dem Rücken zur Hütte, ein leises Grinsen auf seinem Gesicht. Er hatte gehört, was Kyoko gesagt hatte, und sein Grinsen war noch breiter geworden, als er hörte, wie Toya zu Boden ging. Kyoko hatte ihn gar nicht gesehen, als sie herausgekommen war, also folgte er ihr, als sie durch den Wald marschierte.

Kapitel 4 "Geh nicht"

Als sie in den Garten des Herzens der Zeit kam, setzte sich Kyoko langsam ins Gras vor der Jungfernstatue und sah hoch in das Gesicht der Jungfer. Sie konzentrierte sich auf das Gesicht, von dem sie wusste, dass es ihr Spiegelbild war. Das Bild gehörte zu ihrer Vorgängerin zu deren Ehren die Statue angefertigt worden war. Hätten sie gleichzeitig gelebt, sie hätten Zwillinge sein können.
Kyoko verdrängte den Gedanken aus ihrem Kopf und erinnerte sich daran, weshalb sie nun überhaupt hier im Gras saß. Ihre Gedanken begannen, miteinander zu streiten als wäre sie nicht einmal da um zuzuhören.
'Toya ist so ein Idiot!' Sie war eben erst zurückgekommen, und 'alles, was er machte, war, sie anzuschreien'. Manchmal… 'hasse ich ihn richtig… gut, das war vielleicht gelogen.' Kyoko seufzte: 'Ich kann mich nicht selbst anlügen. Ich liebe Toya und wenn niemand in der Nähe ist, um es zu sehen… beweist er oft, dass er auch mich liebt.' Kyoko zog ihre Augenbrauen gedankenverloren zusammen. „Aber dann zerstört er alles wieder.“
Sie würde nach Hause gehen und vielleicht nie mehr zurückkommen. Sie sprang auf, mit dem festen Vorhaben, ihre Hände in die Hände der Jungfer zu legen, wissend, dass sie sie nach Hause bringen würde.
'Aber dann würdest du Shinbe nie mehr sehen.' Ihre Augen wurden groß und ihre Gedanken schrien: 'Du hast doch Gefühle für ihn!'… 'Das ist bescheuert', entgegnete sie sich selbst, 'ich habe nur die Gefühle, die aus dem Traum mit ihm übrig geblieben sind, das bedeutet doch nichts.' Sie entfernte sich wieder von der Statue, senkte ihre Hand zögerlich und setzte sich wieder hin, den Rücken an den kalten Stein gelehnt.
'Aber was ist, wenn er auch Gefühle für dich hat? Wäre der Kuss weiter gegangen, hätte er dich zurück geküsst?' 'Wer hatte noch einmal wen geküsst?' 'Aber er ist ein Schürzenjäger… er würde jede Frau küssen.' 'Und er hat dich gegen Toya verteidigt.' 'Nur weil er sich bedroht fühlte, außerdem ist Shinbe einfach so.' Eine tiefe Stimme ließ sie aus ihrem Gedanken-Chaos hochschrecken.
„Kyoko“, rief Shinbes heisere Stimme sie. Kyokos Kopf hob sich ruckartig und sie errötete als hätte er ihre Gedanken gelesen.
„Äh, hallo“, sagte sie und schaute weg in der Hoffnung, dass er die Schamesröte nicht sehen würde.
„Gehst du nach Hause?“ Er machte ein paar langsame Schritte während er sprach. „Ich kann es dir nicht wirklich übel nehmen nach dem, wie Toya dich behandelt hat.“ Shinbe kniete sich vor sie hin und streckte seine Hand aus um ihr hoch zu helfen. Sie ergriff die angebotene Hand und stand auf, klopfte sich den Staub von ihrem Rock.



„Manchmal halte ich es einfach nicht in seiner Gegenwart aus, Shinbe… ich… es tut mir wirklich leid, all die Probleme, die ich dir bereitet habe.“ Sie machte einen Schritt auf den Schrein zu.
Shinbe wollte nicht, dass Kyoko ging, aber er wusste, dass er sie nicht aufhalten können würde, wenn sie sich entschieden hatte. Er wusste sehr gut, wie sehr sie es hasste, wenn Toya von ihr verlangte, dass sie bleiben sollte und er wollte nicht, dass sie ihm aus dem gleichen Grund grollte. Aber in Wahrheit fühlte er wie Toya… er wollte nicht, dass sie ging.
Seine wahren Gefühle verbergend versuchte er, sie aufzumuntern. „Es ist in Ordnung, Kyoko. Du kannst mir jederzeit Probleme besorgen“, grinste er und tat so, als würde er langsam die Hand nach ihr ausstrecken.
Kyoko übersah die Hand nicht, die sich langsam auf sie zu bewegte. Sie kicherte und warf ihm ein Lächeln zu. Dann war sie weg.
Shinbe stand da und starrte auf die Statue als sein Lächeln verblasste. Er wollte ihr sagen, dass sie nicht gehen sollte. Er hatte nicht vorgehabt, sie zu begrapschen… naja, vielleicht ein wenig. Er hatte es getan, damit sie beruhigt gehen konnte, wissend, dass sich zwischen ihnen nichts verändert hatte. Er hatte fühlen können, dass sie böse war, und er wollte sie lächeln sehen, oder zumindest andere Gefühle zeigen als Wut und Trauer. Sein Plan hatte besser funktioniert als erwartet, als sie ihn angelacht hatte.
Shinbes unruhiger violetter Blick riss sich von dem Jungfernschrein los. Er hasste die Fähigkeit des Zeitportals, sie von ihm weg zu nehmen und wünschte sich, dass er ihr in ihre Welt folgen könnte… nur einmal. Seine Augen wurden attraktiv dunkler, dann verengten sie sich bei dem eifersüchtigen Gedanken, dass Toya ihr durch das Herz der Zeit folgen konnte. Wieso hatte das Zeitportal den silbernen Beschützer gewählt, und nur ihn? Es war einfach nicht fair. Toya war nicht ihr einziger Beschützer.
*****
Als Kyoko wieder auf der anderen Seite des Jungfernschreins angekommen war, legte sie sich im Schutz des Schreinhauses hin und bettete ihren Kopf auf ihren Rucksack, schloss ihre Augen. Sie wollte gerade einfach niemanden sehen.
Gedanken von Shinbe, der mit ihr schlief, schlichen sich wieder in ihren Kopf. Wieso musste sie so von ihm träumen? Dadurch wünschte sie nur… 'Was denke ich da?', fragte sie sich selbst. Sie musste aufhören, daran zu denken.
Shinbe und Suki mochten einander eindeutig, auch wenn sie es nicht zugeben würden. Außerdem machte er mit allen Frauen rum. Shinbe war einfach so.
Kyoko stand langsam auf und verließ das Schreinhäuschen, das die Jungfernstatue schützte. 'Ich werde einfach in mein Zimmer gehen und lernen. Ja, dann werde ich morgen auf die Uni gehen und alles wird gut sein. Vielleicht werde ich sogar meine Freunde anrufen und kurz mit ihnen ausgehen.' Kyoko blieb ruckartig stehen und verdrehte die Augen als sie laut dachte: „Neue Regel: keine Früchte essen bei meinen Freunden.“
*****
Toya kämpfte noch immer gegen seine Eifersucht an, als er langsam zu dem Schrein ging. Er hatte fest vor, Kyoko zu folgen und die Sache auszubügeln. Er konnte den Gedanken nicht aushalten, dass sie sauer auf ihn war.
Seine Sinne klingelten und er wusste, dass er nicht alleine war. Er sah hoch und erkannte Shinbe, der an eines der Felstrümmer gelehnt saß, die von dem vergessenen Schloss, das hier gestanden hatte, übrig waren. Seine Hände waren ordentlich in seinem Mantel versteckt und sein Stab lag über seinem Schoß. Er hatte seinen Kopf zurückgelehnt und seine Augen waren geschlossen als würde er schlafen.
„Wach auf, du dummer Lustmolch!“, schrie Toya ihn an, jetzt noch wütender als davor.
Shinbe öffnete ein verschlafenes Auge und schloss es dann wieder. „Was willst du, Toya?“
Toya kochte: „Was will ich? Ich will wissen, wozu zum Teufel, du hier sitzt?“
Shinbe öffnete seine Augen und hob fragend eine Augenbraue in Richtung seines Bruders: „Darf ich mich nicht ausruhen?“
Toya starrte ihn böse an: „Seit wann kommst du zum Herzen der Zeit um zu ruhen?“
Shinbe stand langsam auf und machte sich bereit, nur für den Fall. Er wusste, dass Toya ein ganzes Stück stärker war. Aber er wusste auch, dass er nicht so schwach war, wie Toya meinte. Ihre Kräfte waren einfach unterschiedlich.
„Ich kam um mich von Kyoko zu verabschieden. So wie du sie behandelt hast, können wir froh sein, wenn sie je wieder zurückkommt. Was geht in deinem Erbsenhirn eigentlich vor sich?“ Shinbes ruhige Stimme konnte die Erregung, die er versteckt hielt, nicht ganz verbergen.
Toya knurrte leise, wissend dass Shinbe recht hatte. Vielleicht, nur vielleicht, hatte er überreagiert, aber dennoch, er hatte gesehen, wie sie sich geküsst hatten. Kyoko hatte den wollüstigen Beschützer geküsst. Die Szene spielte sich noch einmal vor Toyas innerem Auge ab und seine Seele schrie: 'Nein, es war Shinbe, der Kyoko geküsst hatte, nicht umgekehrt.'
Er drehte Shinbe den Rücken zu: „Ich weiß nicht, was du vorhast, Beschützer, aber wenn du Kyoko je wieder auch nur anfasst… werde ich dich umbringen.“ Damit flog Toya durch die Luft davon und ließ nur eine einzelne silberne Feder zurück, die im Wind flatterte.
Shinbe seufzte und setzte sich wieder, lehnte sich an den Stein, als er Kamuis spielerisches Lachen aus der Ferne hörte. Wenig später kamen Sennin, Kamui und Suki auf die Lichtung, in den Händen Körbe mit Kräutern und Gemüse, die der alte Mann gesammelt hatte.
'Sie müssen ihn auf dem Weg zurück zur Hütte getroffen haben', überlegte Shinbe.
Sennin war der alte Mann, dem die Hütte gehörte, in der sie lebten, wenn sie in der Nähe des Schreins waren. Sennin hatte Suki und ihren Bruder ganz alleine aufgezogen, nachdem seine Frau, deren Mutter von den Dämonen getötet worden war, als diese das Dorf angriffen. Suki war zu klein gewesen um sich an ihre Mutter zu erinnern, aber sie war zum besten menschlichen Dämonenjäger im ganzen Reich geworden.
Für das Dorf war Sennin ein Medizinmann, aber die Beschützer kannten die Wahrheit. Er war ein Meister der Zaubersprüche und wusste viel mehr als die meisten Menschen in ihrer Welt. Shinbe lächelte traurig als er zusah, wie der alte Mann auf ihn zu ging.
„Wieso siehst so bedrückt aus, Shinbe?“, fragte Sennin, als er nahe genug war. Er zog die Augen zusammen um ihn mit seinen alternden Augen besser sehen zu können. Der violette Beschützer hatte sich in letzter Zeit ein wenig merkwürdig benommen… und das wollte etwas heißen denn seiner Meinung nach waren alle Beschützer von Natur aus merkwürdig.
Shinbe stand auf, als die Gruppe sich näherte, als hätte er auf sie gewartet und nicht gerade beinahe mit Toya gekämpft.
Suki sah hinter ihn auf den Jungfernschrein: „Ist Kyoko schon wieder nach Hause gegangen?“
Shinbe starrte sie ausdruckslos an, ehe er antwortete: „Ja, ja, ist sie.“
Kamui hörte auf, den Korb nach etwas zu Essen zu durchsuchen und sah Shinbe aufmerksam an wobei sein Lächeln verschwand und sich in Sorge verwandelte. „Wieso ist sie gegangen?“ Dann, als wäre ihm plötzlich ein Gedanke gekommen, fragte er mit zusammengezogenen Augenbrauen: „Was hat Toya dieses Mal getan?“
Shinbe streckte seine Hand aus und legte sie beruhigend auf Kamuis Schulter. Er wusste, Kamui hasste es genauso wie er, wenn Kyoko zurück in ihre Zeit ging. „Es ist in Ordnung, Kamui. Sie wird bald zurückkommen.“ Oder zumindest hoffte er das. Innerlich stöhnte er.
Suki sah beunruhigt aus. Kyoko war irgendwann in der Nacht zurückgekommen. Sie hatte noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt, mit ihr zu sprechen, abgesehen von ein paar Minuten am Morgen. „Also musste sie ihn wieder zähmen?“
Shinbe warf der Frau einen kurzen Blick zu und grinste: „Ich fürchte ja. Toya ist nicht in sehr guter Laune.“
„Das kann ich mir vorstellen. Weißt worüber sie dieses Mal gestritten haben?“ Sennin sah ihn angestrengt an als er seinen Korb in die andere Hand wechselte und sich auf den Weg zur Hütte machte. Suki folgte mit Kamui, der wieder in den Korb griff um sich einen Happen zu stibitzen. Shinbe folgte den anderen und überlegte, wie er auf die Frage antworten sollte.
„Meint Toya, dass er einen Grund braucht, um sie anzuschreien?“ Shinbe zuckte seine Schultern, als wüsste er von nichts, während er hoffte, dass niemand seine Schuld fühlen konnte.
Toya saß in einem Baum neben Sennins Hütte und lauschte ihren Gesprächen, als die Gruppe sich näherte. Er hörte Shinbes Kommentar und wollte ihn zu Brei schlagen. Aber als er darüber nachdachte, entschied er, dass es wohl das Beste war, wenn er ihnen nicht erzählte, was er gesehen hatte. Seine Augen glühten mit silbernen Funken als er an den Kuss dachte. Mit dem Entschluss, es im Moment zurück zu halten, lehnte sich Toya im Baum zurück und schloss seine Augen, täuschte vor, zu schlafen.
„Bist wach Toya?“, rief Sennin zu ihm hoch.
Toya ignorierte den alten Mann weiterhin. Es war nicht so als schuldete er ihm etwas.
Sennin wartete kurz, aber wollte seine Bemerkung dann trotzdem an den Mann bringen. „Hast es dieses Mal echt gut hinbekommen. Konntest nicht warten bis sie ein wenig länger zurück war?“
Toya lehnte sich nach vorne und starrte Sennin böse an. „Halt's Maul, du alter Mann. Du weißt nicht einmal, worüber du sprichst.“ Er sprang hinunter und ging weg in den Wald.
Shinbe seufzte erleichtert. Er hatte Angst gehabt, dass Toya ihnen von dem unschuldigen Kuss erzählen würde, und er es erklären müsste. 'Dachte ich gerade unschuldig?', fragte er sich selbst und fühlte, wie etwas Schweres sich in seinem Magen ausbreitete. Wenn er so unschuldig war, wieso konnte er dann nicht aufhören, daran zu denken, wie weich ihre Lippen sich angefühlt hatten, als sie seine berührten? Mit diesem Gedanken stöhnte er und ging in die Hütte.
Kaen, ein Verbündeter der Beschützer, besser bekannt auch als Feuerkobold, erschien mit einem Grinsen vor Kamui. Er half oft, Kamui zu trainieren und hielt im Kampf immer ein Auge auf ihm. Es half, dass Kaen seine menschliche Form in einen Drachen verwandeln konnte… das machte das Training viel intensiver. Sie absolvierten einen Trainingskampf vor der Hütte während Sennin und Suki sich Blicke zuwarfen.
Suki zuckte die Schultern als sie in die Hütte kamen. Shinbe lag auf einer Matte, auf seine Ellbogen aufgestützt, seinen Rücken ihnen zugewandt. Sie beobachteten ihn, niemand sagte ein Wort über seine deprimierte Laune. Suki entfachte ein Feuer zum Kochen, während Sennin das Essen für das Abendmahl vorbereitete. Beide sahen zu Shinbe hinüber als er seufzte.
*****
Toya blieb den ganzen Tag weg von der Hütte bis die Sonne sich tief über den Horizont senkte. Er näherte sich leise, als er hörte wie Sennin und Suki sich leise unterhielten. Sein ausgezeichnetes Beschützergehör erlaubte ihm, jedes Flüstern von ihren Lippen zu hören.
„Meinst du, er ist krank, Sennin?“, fragte Suki besorgt als sie auf Shinbe starrte, der immer noch auf seiner Decke lag, tief im Schlaf.
„Ui, er hat keinen Bissen gegessen“, antwortete der alte Mann während er die Essensschüsseln wusch.
„Ich hoffe wirklich, dass er sich nichts eingefangen hat. Ohne Kyokos Hilfe werden wir ihn morgen wirklich brauchen, wenn wir nach dem fehlenden Talisman suchen wollen.“ Suki sah unglücklich aus, als sie ihre Schlafmatte ausrollte.
„Ui, ich werde ihm einen Kräutertee machen, wenn er aufwacht.“ Sennin dachte nicht, dass der Beschützer krank war, da sie so eine starke Immunität gegen menschliche Krankheiten hatten. Die Wahrheit war… er hatte nie davon gehört, dass einer von ihnen krank gewesen wäre. Es musste etwas viel Tiefgründigeres sein.
Seine alten, braunen Augen wurden schärfer als er an den fehlenden Talisman dachte. Seit der Schützende Herzkristall zersplittert war, waren die kleinen Bruchstück-Talismane überall aufgetaucht, und meist in den falschen Händen. Jeder schwache Dämon, der einen Talisman hatte, wurde stark und sehr gefährlich. Hyakuheis böse Armee schien jeden Tag zu wachsen. In letzter Zeit hatte er gefühlt, wie das Böse sich näherte.
Toya stand draußen vor der Hütte und fragte sich, ob er hineingehen sollte oder nicht, als er seinen Namen hörte.
„Ich frage mich, worüber sich Toya so aufgeregt hat, dass Kyoko nach Hause gehen wollte“, sagte Suki und unterdrückte ein Gähnen.
Sennin nickte: „Men sollte meinen, dass er mittlerweile seine Lektion gelernt hat. Wir brauchen sie ebenso sehr wie die Beschützer.“
Suki setzte sich auf ihre Matte und wischte etwas eingebildeten Schmutz weg. „Nun, er brauchte nicht lange, um sie zornig zu machen. Ich wette, er hat etwas darüber gesagt, dass sie nach Alkohol roch.“ Sie drehte sich um, um Kamui böse anzustarren, als sie unterdrücktes Lachen von ihm kommen hörte.
Sie hob einen Kamm auf, den Kyoko ihr geschenkt hatte und warf ihn in seine Richtung. Er traf ihn am Kopf. „Ich dachte, du schläfst!“
Sennin lachte über die beiden, als er zur Tür ging. „Gute Nacht Suki… Kamui.“
Toya stand vor der Hütte. Er hatte vergessen, dass Kyoko nach Alkohol gerochen hatte. Also brauchte er ihnen nicht zu sagen, was wirklich passiert war, obwohl es schön wäre, Shinbe Probleme mit Suki zu bereiten. Er grinste. Sie wäre so wütend auf ihn, dass sie ihn ins nächste Jahrhundert schlagen würde.
Als er in den Baum hoch sprang, lachte Toya über den Gedanken, wie Suki Shinbe schlagen würde, wissend, dass sein Bruder keinen Finger heben würde, um sie aufzuhalten.

Kapitel 5 "Gefährliche Eifersucht"

Kyoko fühlte sich miserabel. Alles, woran sie denken konnte, waren Shinbe und Toya und dieser dumme Kuss. Sie lag unter der weichen Decke, hellwach, und fragte sich, wie es kam, dass sie überhaupt von einem der beiden geküsst werden wollte. Einer war Shinbe, der lüsterne Beschützer, der mit jeder Frau flirtete, die ihm über den Weg lief. Er hatte wohl schon mehr Frauen gehabt, als sie an beiden Händen abzählen könnte, und doch machte sie schon allein der Gedanke an den Kuss schwindlig.
Der andere war Toya, der sie für jede Kleinigkeit anschrie und immer versuchte, jede einzelne ihrer Bewegungen zu beherrschen. Doch manchmal konnte er so süß sein. Beide konnten sie das. Sie ließ ihren Kopf auf ihr Kissen fallen und seufzte. Es war merkwürdig, dass sie normal immer nur an Toya gedacht hatte, bevor sie einschlief, aber schon seit einiger Zeit jetzt, hatten sich die Gedanken immer mehr auf Shinbe konzentriert. Shinbe… Sie versank im Schlaf und träumte wieder von ihm.
*****
Shinbe erwachte mitten in der Nacht, in Schweiß gebadet. Ein weiterer Traum. Er winselte als er aufstand. Wieso musste er immer noch an sie denken? Sie brachte ihn um den Verstand. Er sah sich um, um sicher zu gehen, dass Suki und Kamui noch schliefen. Er schlich durch die Hütte wie ein Geist und ging noch draußen, atmete tief ein und sah hoch in den Himmel. Da bemerkte er Toya, der von den unteren Ästen des Baumes genau vor der Hütte auf ihn herunter starrte.
„Was?“ Shinbe wollte sich nicht schon wieder mit ihm anlegen, aber die Art wie Toya ihn anstarrte brachte ihn einfach aus der Ruhe.
Toya roch die Luft und knurrte, als er Shinbes Erregung fühlte. „Was machst du, Beschützer?“
Shinbe ließ seinen Kopf sinken und legte seine Finger an seine Schläfen als hätte er Kopfschmerzen, obwohl das für einen Unsterblichen unmöglich war. „Ich mache einen Mitternachtsspaziergang, nicht dass es dich was angeht.“
Toya knurrte wieder und sprang herunter von seiner Warte über Sennins Hütte. Er umkreiste Shinbe als würde er seine Beute begutachten. „Natürlich tust du das.“ Toya umkreiste ihn weiter.
Shinbe beobachtete ihn aus dem Augenwinkel mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck aber innerlich gewappnet für einen Angriff von Toya. „Ich weiß nicht, was du sagen willst, Toya. Aber wenn es dir nichts ausmacht, ich brauche dich wirklich nicht, um meine Hand zu halten.“
Toya blieb stehen und stellte sich genau vor Shinbe, so schnell, dass er den Luftzug spürte. „Halte dich von Kyoko fern, hörst du? Wenn ich auch nur eine Sekunde lang meine, dass du sie berührt hast…“ Mit einer schnellen Bewegung schüttelte er einen seiner Zwillingsdolche aus seinem Ärmel in seine Hand, während er den anderen Beschützer drohend anstarrte. „Werde ich es mir nicht zweimal überlegen, ehe ich dich töte, Bruder oder nicht.“
Shinbe konnte Toyas Plumpheit nicht ausstehen. „Ja, ich verstehe. Also, wenn ich jetzt darf.“
Toya machte einen Schritt zur Seite und ließ Shinbe vorbei. 'Ich traue diesem Beschützer nicht', dachte Toya innerlich.
Shinbe ging in den Wald. Es war ihm egal, wo er hinging. Er wollte einfach nur so weit wie möglich von Toyas wissenden Augen weg sein. Ja, er wusste, dass Toya ihn umbringen würde, wenn er herausfand, was er getan hatte, aber zumindest würde er als glücklicher Mann sterben. Er seufzte und sah hinauf zum Sternenhimmel. „Ach, Kyoko. Wieso musstest du gehen? Verdammter Toya.“ Er schwang seinen Stab vor sich und knurrte. „Verdammt seist du.“
Shinbe ging weiter, ohne eigentlich zum Schrein gehen zu wollen, aber das war es, wo er letztendlich dennoch ankam. Er stand am Rand der Lichtung, wissend, dass er nicht dort sein sollte. Toya folgte ihm wahrscheinlich. Er sah sich nervös um und suchte nach einem Anzeichen von seinem temperamentvollen Bruder. Als er ihn nirgendwo fühlen konnte, bewegte er sich langsam auf die Jungfernstatue zu.
Er stand vor der Statue und sah auf das Bildnis von Kyoko in der Vergangenheit, träumte vor sich hin und hörte nicht die Schritte, die sich von hinten näherten.
„Was zum Teufel meinst du, was du hier tust, Beschützer?“, rief Toya leise von hinten. Er erschreckte Shinbe so sehr, dass dieser sein Gleichgewicht verlor und beinahe in die Arme der Jungfer gefallen wäre, hätte Toya ihn nicht am Arm ergriffen.
„Toya, du musst wirklich aufhören, dich so an Leute heranzuschleichen“, sagte Shinbe mit einem Knurren, als er Toyas Hand abschüttelte.
„Ich habe dir gesagt, du sollst dich von Kyoko fern halten. Ich weiß nicht, was in deinem Kopf vor sich geht, aber wenn ich dir den Verstand hinein prügeln muss, dann werde ich das.“ Toyas Augen funkelten zornig als er nur daran dachte, dass sein Bruder Gefühle für Kyoko haben könnte. Nicht in diesem Leben, nicht, wenn er etwas dagegen tun konnte.
Shinbe hatte genug von Toyas Drohungen. Er entgegnete bissig: „Was zur Hölle!“ Er schwang seinen Stab in Toyas Richtung, der sich mit einem Sprung in Sicherheit brachte. „Du hattest eine Million Chancen mit Kyoko aber du willst sie nie sehen. Nun willst du ihr sagen, mit wem sie sein darf? Wen sie küssen darf?“ Er lachte, aber es klang wütend. „Das wird nicht passieren, Toya. Du verlierst.“ Shinbe schüttelte seinen Kopf und hielt seinen Stab ruhig, bereit für den bevorstehenden Wutanfall. Er wusste, wozu Toya fähig war, aber er hatte es satt, immer nachzugeben.
Toya starrte Shinbe erschrocken an. Er konnte sich nicht bewegen. Er wusste, er konnte seine Zwillingsdolche nicht verwenden… wenn er das täte, würde er seinen Bruder umbringen. Seine Augen bluteten in geschmolzenem Silber, als er seinen Blick auf seinen Bruder richtete. „Was hast du gerade gesagt? Willst du mir sagen, dass 'du' Kyoko willst?“ Toya knurrte, als er hinzufügte: „Du bist nichts als ein lüsterner Beschützer. Kyoko würde dich nie wollen!“ Er machte einen Schritt auf Shinbe zu.
Shinbe duckte sich unter Toyas Arm aber blieb stehen. „Meinst du, sie wird dich immer noch wollen, wenn alles, was du tust, ist, sie zu kontrollieren und so zu tun, als wären dir ihre Gefühle völlig egal?“ Er duckte sich unter einem weiteren von Toyas Angriffen durch und lachte. „Du wirst langsam…“ Seine Stimme wurde düsterer: „Oder habe ich einen Nerv getroffen?“
Toya stand da und starrte Shinbe an. Wieso er die Zwillingsdolche nicht rief, das wusste er nicht. Aber er wollte unbedingt Shinbes Blut fließen sehen. Er brauchte die Messer dafür nicht. „Du hast kein Recht, darüber zu reden, was ich tue.“ Toyas Stimme war tödlich als er seinen Kopf senkte, seine Strähnen verdeckten den roten Ton, der sich zu dem Silber mischte, das sich in seinen Augen breit gemacht hatte.
Shinbe hob eine Augenbraue. „Ha, also habe ich einen Nerv getroffen. Wie interessant. Der silberne Beschützer hat Gefühle… für seine Priesterin. Aber du hast kein Recht, Kyoko zu sagen, wen sie küssen darf. Immerhin, wie sie sagte, hat sie keinen Freund. Also so wie ich das sehe, darf jeder sein Glück bei ihr versuchen.“ Shinbe zuckte die Schultern und drehte sich um, um zum Schrein zu sehen.
Toya wartete einen Moment, ehe er Shinbe ansprang. „Verdammt, dreh mir nicht den Rücken zu!“ Er traf Shinbe hart, sodass er stolperte und sein Stab über die Lichtung flog.
Shinbe rollte sich schnell weg und stand dann sofort wieder auf, um Toya wieder zu begegnen. Sein langes, dunkelblaues Haar bewegte sich im Wind und seine violetten Augen glühten gefährlich. Beide Beschützer waren einen Moment lang still, als sie einander wütend gegenüber standen. Das Gras um sie und um die Jungfernstatue glitzerte mit einer unbemerkten Aura, die der Feind hinterlassen hatte.
Unbewaffnet und im Nachteil hob Shinbe seine Hände vor sich, die Flächen nach oben, und rief seine Beschützerkräfte. Die Felsbrocken um sie herum begannen, sich vom Boden zu heben, in dem sie so lange gefangen gewesen waren. Er wusste, dass er nicht die Zeit haben würde, den Zauber zu Ende zu bringen, als Toya ihn wieder angriff. Er versuchte, auszuweichen, aber fühlte, wie seine Beine nachgaben, als er auf der Jungfernstatue auftraf.
Die schweren Steine fielen wieder zurück zu Boden, als Toya in ihn stürzte und ihn an der Kehle ergriff. Shinbe ergriff Toyas Hemd als sie beide in einen See aus warmem, blauem Nebel stolperten.
Anstatt mit einem Krachen aufzukommen, wie Shinbe erwartet hatte, fühlte er sich in ein weiches, blaues Licht eingewickelt. Sein erster Gedanke war, dass er gestorben sein musste, denn Toya hatte ihn gewürgt, gerade als sie fielen. Als sie aus der Zeitlupe ausbrachen, verschwand der geheimnisvolle Nebel und sie landeten… hart. Toyas Hände waren immer noch an seiner Kehle.
Als seine Sinne wieder zurückkamen, griff Shinbe hoch zwischen Toyas Arme und konnte die Hände des Beschützers von seiner Kehle drücken.
Toya landete auf seinem Rücken, als Shinbe ihn wegstieß. Dabei erkannte er, wo sie waren. „Was zum…?“ Toya starrte hoch in die Dunkelheit und sah das Dach über seinem Kopf. Sie waren in Kyokos Zeit gesprungen? Shinbe war in Kyokos verdammter Zeit? „Nein!“ Toya knurrte laut als er sich von dem Holzboden hoch drückte und Shinbe sehr böse anstarrte. Keiner der Beschützer war jemals durch das Herz der Zeit gekommen, außer ihm. Er war der einzige Beschützer, der hier sein durfte. Eifersucht brachte Toyas Blut zum Kochen.
„Jetzt werde ich dich wirklich umbringen!“ Toya ging wieder auf Shinbe los und verpasste ihm einen harten Schlag gegen die Schläfe.
Aber Shinbe war nicht so schwach, wie er aussah. Er schüttelte seinen Kopf und streckte ein Bein aus, ließ sich schnell fallen und trat Toya in die Seite und brachte ihn zum Stolpern.
Toya knurrte als er seitlich gegen die Schreinwand krachte.
Shinbe lehnte sich gegen die Holzwand und rang nach Luft. Sein Mantel war an manchen Stellen zerrissen und sein Kopf dröhnte von Toyas Schlag. Er sah zu Toya hinüber, dem kein Schaden anzumerken war… sein einziger Ausdruck war stinkwütend.
Toya ging in die Hocke und schrie: „Du darfst hier nicht sein!“ Er schoss auf Shinbe zu, aber krachte mit einem harten Schlag gegen die Wand, als Shinbe in letzter Sekunde in Deckung ging.
Toya war wohl stärker, aber Shinbe war schneller. Als er sich duckte, drehte sich Shinbe um und schoss einen Lebensenergiestrahl ab, der einen Gott verletzt hätte.
Toya wurde zurückgeworfen, aber durch seinen Zorn konnte er sonst nichts fühlen. Er wischte das Blut von seiner Lippe als er Shinbe mit Quecksilberaugen anstarrte. Er musste sich beruhigen, aber noch als der Gedanke in seinem Kopf auftauchte, wurde er von der Raserei verdrängt. Er wollte Shinbe verletzen, schwer. Er sah wie Shinbe sich nach vorne beugte, seine Hände auf seinen Beinen abstützte und schwer nach Luft rang. Er ergriff diese Chance um Shinbe am Mantel zu nehmen und aus der Tür des Schreinhauses zu werfen.
Beschützer konnte man nicht umbringen… wenigstens in der Theorie… es war eine Lüge. Hyakuhei hatte ihren Vater umgebracht und niemand war unsterblich. Shinbe schlitterte über den Kies, ehe er zum Halten kam und dann aufstand während er Blut und Dreck aus seinen Augen wischte.
*****
Kyoko lag im Bett und fragte sich, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Sie konnte Schläge und erstickte Schreie hören, also nahm sie an, dass Opa noch so spät auf war und fern sah. Sie fuhr beinahe aus der Haut vor Schreck, als Tama in ihr Zimmer stürmte.
„Kyoko!“, Tama zeigte auf das Fenster. „Jem… jemand kämpft in… im… im Garten“, er brachte die Worte kaum heraus, als Kyoko zum Fenster rannte und hinaussah. Sie konnte nicht wirklich etwas sehen, denn offenbar war der Lichtmast, der am Rand des Gartens gestanden hatte, weg.
Tama stand neben ihr und starrte hinaus in den Garten, gerade als ein Blitz aus Rot und Schwarz näher am Haus auftauchte, wo er durch das Licht der Haustür beleuchtet wurde.
Er zeigte hinunter: „Es, es ist…“
„Toya!“, schrie Kyoko als sie fühlte, wie Panik sie ergriff. Mit wem kämpfte er… einem Dämon… in ihrer Welt? Sie sah zu als er plötzlich in die Luft gehoben wurde und rückwärts in den großen Baum geschleudert wurde, auf den sie als Kind immer geklettert war. Das Problem war… sie sah nichts, das ihn geworfen hatte, es sei denn er kämpfte mit einem Geist.
„Tama, geh und wecke Opa auf. Ich muss Toya helfen.“ Sie griff schnell nach ihrem Bogen und rannte zur Tür hinaus während Tama im Schock zurückblieb.
Sie rannte barfuß in den Garten, einen Gedankenpfeil schon im Bogen angelegt. Als sie versuchte, ihr Ziel auszumachen erschrak sie, als sie erkannte, dass da nicht ein Beschützer war, sondern zwei. Das ließ sie mitten im Schritt ruckartig anhalten.
„Shinbe“, flüsterte Kyoko als sie zusah, wie er gegen die Außenwand des Schreinhauses krachte. Sie hatte beinahe das Gefühl, dass sie den Stoß genauso fühlen konnte wie er, nur dass er bei ihr eine tiefe Delle in ihrem Herzen hinterließ. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung von der Seite wahr und richtete ihre grünen Augen dorthin. Es war Toya, und er war gerade dabei, Shinbe noch einmal anzugreifen.
Sie warf ihren Bogen weg und hob ihre Hand um den Zähmungszauber anzuwenden, der nur an dem silbernen Beschützer funktionierte.
„Toya! Nein!“, schrie Kyoko.
Toya war gerade mitten im Sprung als er plötzlich wie ein Ziegelhaufen abstürzte, sein Gesicht im harten Boden vergraben.
Kyoko rannte zu Shinbe und rutschte in ihrer Eile auf dem Gras aus. Sie fiel neben ihm auf die Knie, ihre Lippen öffneten sich, wissend, dass es schlecht um ihn stand. „Shinbe, alles in Ordnung?“
Shinbe öffnete mühsam ein Auge und schielte hinüber zu Toya. „Das muss wehtun.“ Er versuchte zu grinsen, aber wurde bewusstlos, ehe er es zuwege brachte.
Toya sah aus seiner ungemütlichen Position zu Kyoko hoch und knurrte darüber, wie ihre Lippe zitterte. Wie konnte sie es wagen, sich auf die Seite des Lustmolches zu stellen, nach dem, was Shinbe gesagt hatte?
Kyoko wandte sich ihm zu, Tränen in den Augen. „Was hast du getan?“
Er hatte keine Möglichkeit zu antworten als ihr Bruder und Großvater in den Garten gerannt kamen. Großvater mit seinen Dämonenzaubern in der Hand, bereit alles zu zerstören, was es wagte, seine Enkelin zu verletzen.
Kyoko begann zu schluchzen und wusste nicht, was sie tun sollte. „Helft mir, Shinbe ins Haus zu bringen.“
Tama und Großvater stellten keine Fragen sondern hoben Shinbe hoch um ihn ins Haus zu tragen. Opa sah Toya nur aus zusammengezogenen Augen an während Tama ihn überhaupt keines Blickes würdigte. Sie gingen weg und ließen Toya am Boden liegend zurück.
Toya machte sich nicht die Mühe, sich zu bewegen. Er wusste, dass Kyoko so wütend war, dass sie wahrscheinlich diesen verdammten Zauber wieder und wieder anwenden würde, wenn er es wagen sollte, das Haus zu betreten. Es war nicht fair. Verstand sie nicht, dass er sie nur beschützte?
Das Licht des Mondes wurde von den silbernen Strähnen in seinem dunklen Haar reflektiert als er sich mit schwerem Herzen umdrehte. Er drückte sich vom Boden hoch und ging zurück durch das Herz der Zeit.
*****
Als die Sonne über dem Jungfernschrein aufging war Toya noch immer dort und ging auf und ab während er sich fragte, was zur Hölle passiert war. Wie konnte Shinbe plötzlich durch das Herz der Zeit? Es war einfach nicht erlaubt. Die Frage ging ihm wieder und wieder durch den Kopf und machte ihn verrückt.
Suki kam mit Kamui und Kaen auf die Lichtung, auf der Suche nach Toya und Shinbe. Sie sah Toya und winkte ihm.
'Verdammt, gerade was ich jetzt brauche', fluchte Toya innerlich als er zusah, wie Suki näher kam. Sie blieb stehen und starrte ihn einen langen Moment an, ehe sie sprach und der besorgte Blick in ihren Augen traf ihn unvorbereitet.
„Toya, ist alles in Ordnung? Was ist passiert?“ Sie streckte eine Hand nach seinem Gesicht aus und er zuckte zusammen. Sie starrte auf die sich heilenden Wunden, die sein Gesicht schmückten und das trockene Blut auf seinen Kleidern und Händen. Sie sah wieder auf seine Hände. Toya ließ Blut nie auf diese Art an seinen Fingern trocknen. Was ging hier vor?
„Toya, wessen Blut ist das?“ Als er nicht antwortete, sondern das Gesicht von ihr wegdrehte, sah sie sich nach Shinbe um, denn sie wusste, er würde ihr erzählen, was los war. Nachdem sie ihn nicht sah, wurden ihre Augen groß und Panik war in ihrer Stimme hörbar: „Wo ist Shinbe?“
Kamui war mit Kaen am Rand der Lichtung gestanden, als er Toyas Aufregung fühlte und die Entfernung zwischen ihnen schnell überbrückte. Er hatte die Frage gehört und er betete, dass er sich bei der Antwort täuschte. In der Hoffnung, die beiden zu beruhigen, versuchte er, einen Scherz zu machen, indem er fragte: „Toya, erzähl mir nicht, dass du Shinbe umgebracht hast?“
Toya fletschte die Zähne: „Ich habe niemanden umgebracht, du kleiner Zwerg, also halt's Maul!“ Er drehte sich von den anderen weg und sah hinunter auf seine blutigen Fingernägel… er hatte sie noch nicht einmal bemerkt.
'Habe ich?', fragte Toya sich selbst. Dieser letzte Schlag, den er Shinbe verpasst hatte, musste doch einen ernsten Schaden angerichtet haben. Er erinnerte sich daran, wie sich seine Klauen in das Fleisch an Shinbes Seite gegraben hatten, als er ihn in den Baum geworfen hatte. Toya wusste, dass seine Klauen tödlich sein konnten, wenn sie im Kampf länger wurden… nicht nur für Dämonen, sondern für alle Unsterblichen, auch Beschützer.
Er hätte nicht mit seinem Bruder kämpfen sollen, aber er war so rasend gewesen vor Wut, dass er sich nicht zurückhalten hatte können. Wieso hatte er seine Beherrschung so verloren, wenn er doch wusste, dass dann die Gefahr bestand, dass sein Dämonenblut wieder an die Oberfläche kam? Er hatte normalerweise mehr Kontrolle über sich selbst. Verdammt. Wenn Kyoko nicht im rechten Moment herausgekommen wäre, wusste er nicht, was er ihm angetan hätte. Er hatte noch nie mit Shinbe gekämpft… was zur Hölle ging hier vor sich?
Das panische Gefühl überkam ihn wieder als er die Augen von Suki und Kamui in seinem Rücken fühlte. Shinbe war sein Bruder… ein Beschützer. Was hatte er getan? Ohne sie anzusehen ballte Toya seine Hände zu Fäusten und rief plötzlich: „Ich habe nichts getan!“ Damit rannte er über die Lichtung davon in den Wald, er musste alleine sein.
Kaen und Kamui sahen einander an und teilten dasselbe Unheil verkündende Gefühl.
*****
Kyoko saß an ihrem Schreibtisch, Nadel und Faden in der Hand. Sie hatte beschlossen, Shinbes Mantel zu flicken, nachdem er an einigen Stellen zerrissen war. Sie musste sich selbst beschäftigen, denn nachdem Toya weg war und Shinbe bewusstlos… konnte sie niemanden fragen, was zum Teufel geschehen war. Sie hatte das Gefühl, dass es ihre Schuld war, dass sie kämpften.
„Es war doch nur ein dummer Kuss“, murmelte sie beschämt.
Nachdem ihr Großvater Shinbes Kleider ausgezogen hatte, hatte sie sie genommen und das Blut herausgewaschen, während Tama seinem Großvater half, die Wunden zu versorgen, die schon zu heilen begonnen hatten. Wenn Shinbe nicht ein Beschützer gewesen wäre und den zusätzlichen Vorteil hätte, dass er schnell heilte, wäre er innerhalb von Minuten verblutet. Als sie auf einen der Risse in dem Stoff blickte, stellte sie sich Toyas Klauen dort vor, und zitterte.
Er sah ziemlich schlecht aus, aber der Schlag, den sein Kopf abbekommen hatte, war das Schlimmste. Ihr Großvater sagte, dass er davon wohl eine Weile schlafen würde. Er hatte sie auch darüber informiert, dass, wenn zwei Beschützer miteinander kämpfen, es ein wenig gefährlicher war, als wenn zwei Menschen sich miteinander anlegten. Opa und seine Legenden… sie brauchte keine Legende um zu wissen, dass dies schlecht aussah. Sie hoffte nur, dass Shinbe keinen Gehirnschaden davontragen würde. Dass er so lange bewusstlos war, war kein gutes Zeichen. Sie betete, dass er bald aufwachen und ihr sagen würde, dass alles in Ordnung war.
Kyoko hatte an seiner Seite gesessen, seit ihr Großvater ihn verbunden und sorgfältig im Bett zugedeckt hatte. Sie hatte nicht geschlafen, seit es passiert war, aus Angst, dass er aufwachen würde, ohne, dass sie es merkte.
Shinbe öffnete langsam seine Augen in der schwachen Beleuchtung des Raums. Wo war er? Er starrte verwirrt hinauf zu der weißen Decke. Sein Kopf, oh Mann, tat er weh. Er versuchte, sich im Zimmer umzusehen, aber das tat auch weh. Alles war rosa. Wo war er?
„Autsch!“ Kyoko stach sich selbst mit der Nadel und nahm den Finger in ihren Mund und lutschte ihn. Sie hatte sich halb in ihrem Stuhl umgedreht und Shinbe sah sie, das Licht der Tischlampe erleuchtete ihr Gesicht.
„Ich muss im Himmel sein“, flüsterte Shinbe mit trockenen Lippen. Er sah zu, wie Kyokos Augen groß wurden und sie sich langsam umdrehte, um ihn anzusehen. Er versuchte zu lächeln, aber sein Kopf schmerzte zu sehr und so schloss er wieder seine Augen.
Kyoko warf beinahe den Stuhl um, als sie versuchte, so schnell wie möglich an seine Seite zu gelangen. „Shinbe, nein, bitte, schlaf noch nicht wieder“ bettelte sie mit zitternder Stimme. Sie war den Tränen sehr nahe. Shinbe öffnete seine Augen als er Salz in der Luft roch. Weinte sie? Er versuchte sich aufzusetzen, aber der schreckliche Schmerz, der seinen Kopf durchzuckte, hielt ihn zurück.
Kyoko legte ihre Hand auf seine Schulter: „Versuche nicht, dich aufzusetzen. Du wurdest sehr schwer verletzt.“ Sie strich mit ihrem Handrücken über ihre feuchte Wange und lächelte als er seine Augen wieder öffnete.
„Meinst du?“ Er versuchte zu lächeln, aber sein Kopf fühlte sich irgendwie nicht richtig an. Er hob eine Hand zu seinem Hinterkopf und strich darüber. 'Hm, große Beule', er sah Kyoko fragend an.
Kyoko konnte sich nicht zurückhalten: „Du Vollidiot, du hättest dich beinahe umbringen lassen.“ Sie brach in Tränen aus und hob ihre Hände vor ihr Gesicht als sie schluchzte.
Shinbe streckte seine Hand aus und strich mit einem Finger über ihre Wange. „Es tut mir leid, Kyoko. Ich hoffe nur, dass Toya so schlecht aussieht, wie ich mich fühle.“
Kyoko nahm die Hände von ihrem Gesicht und starrte ihn an. „Keine Ahnung.“ Sie drehte sich von ihm weg und ging hinüber zu ihrem Tisch. Dort nahm sie einen Wasserkrug und goss etwas davon in ein Glas. Plötzlich war sie wütend auf alle beide. Sie sollten doch gemeinsam den Talisman suchen und nicht miteinander kämpfen.
„Du weißt es nicht?“ Shinbe versuchte, eine Augenbraue zu heben, aber erkannte, dass es nichts in seinem Körper gab, was nicht schmerzte. Er entschied, dass, das nächste Mal, wenn er mit Toya kämpfte, er mehr machen würde, als nur sich zu verteidigen… nächstes Mal würde er auch angreifen.
Kyoko kam wieder zum Bett zurück und half ihm, etwas Wasser zu schlürfen. Sie lächelte auf ihn hinunter, ein Funkeln in ihren Augen. „Ich habe Toya nicht gesehen, seit ich den Zähmungszauber auf ihn geworfen habe, drüben beim Schreinhaus.“ Irgendwie wusste sie, dass das Shinbe aufmuntern würde.
Er versuchte zu lachen, aber musste dann husten. „Zähmungszauber?“ Mit einer Hand auf seiner verbundenen Brust stöhnte er: „Bitte bring mich nicht zum Lachen. Das tut weh.“
Kyokos Gesichtsausdruck wurde schmerzlich. „Es tut mir so leid, Shinbe. Wir konnten dich nicht zu einem Menschenarzt bringen ohne… nun ja, du weißt schon. Großvater hat versucht, dich so gut wie möglich zu verbinden, und die meisten der sichtbaren Wunden sind geheilt.“
Shinbe blinzelte sie an, anstatt zu versuchen, zu nicken. „Ich verstehe. Danke, dass du für mich gesorgt hast.“ Die Neugier übermannte ihn: „Aber du bist nicht gegangen um Toya zu sehen?“
Kyoko stand auf und drehte ihm den Rücken zu. „Nein, ich war hier bei dir, wartete, dass du aufwachst.“ Sie ging zurück zu ihrem Schreibtisch und nahm eine Dose mit Aspirin aber stellte sie zurück, wissend, dass es einem Beschützer nicht helfen würde. „Worüber habt ihr beide gekämpft?“, flüsterte sie, sie wollte die Antwort gar nicht hören. Sie hob die Dose wieder hoch und dachte, es konnte ja nichts schaden.
„Wie lange habe ich geschlafen?“, flüsterte Shinbe in dem Versuch, den Schmerz so gering wie möglich zu halten. Er hatte ihre Frage gehört, aber… das blieb besser zwischen ihm und Toya.
Sie drehte sich um und kam wieder zu ihm zurück. „Mehrere Stunden.“ Kyoko hob das Aspirin zu seinen Lippen und hielt ihm das Glas Wasser hin. „Hier, nimm das.“
Er tat wie ihm geheißen und dachte: 'Sie war die ganze Nacht bei mir?' Er schloss seine Augen und dachte darüber nach. Dann fühlte er ihre kühle Hand auf seiner Stirn und sah sie wieder an.
Kyoko lächelte. „Ich kann nicht glauben, dass du hier bist… auf meiner Seite des Herzens der Zeit.“ Sie zuckte die Schultern, als wäre es egal, aber das war es nicht. „Nun, jetzt, wo ich weiß, dass du wieder gesund wirst, denke ich, ich sollte gehen und den anderen sagen, dass du mal eine Weile nicht zurückkommst. Schlaf du jetzt, und ich werde hier sein, wenn du aufwachst.“
Shinbe starrte sie sprachlos an. Sein Blick streifte wieder durch den Raum und er erkannte plötzlich, was ihm eigentlich entgangen war. Er war in ihrer Welt! Er musste sich seinen Kopf wirklich hart angestoßen haben, dass ihm das nicht gleich aufgefallen war.
Warte. Er richtete seine violetten Augen wieder auf sie. Was redete sie da: 'er sollte nicht mit ihr zurück gehen?' Was, wenn Toya sie nicht mehr zurückkommen ließ? Was, wenn ihr etwas passierte? Er sollte mit ihnen nach dem Talisman suchen. Er sollte dort sein und sie vor Hyakuhei beschützen.
Shinbe versuchte, sich aufzusetzen und ihr das zu sagen, aber der Schmerz, der durch sein Gehirn schoss, war zu viel und er fiel mit einem Stöhnen wieder zurück auf das Bett.



Kyoko blieb mitten im Schritt stehen und drehte sich mit einem bittenden Blick zu ihm um. „Bitte, Shinbe. Versuche nicht aufzustehen. Wir wissen nicht, ob du innerlich geheilt bist, und ich würde nicht wollen, dass du verblutest, während ich weg bin“, sagte sie fast scherzend, aber er hatte noch Schmerzen und das bedeutete, dass er Schaden anrichten konnte, wenn er nicht ruhig hielt.
„Kyoko, ich kann nicht hier bleiben. Ich weiß noch nicht einmal, wo hier ist.“ Panik begann in ihm hochzusteigen bei dem Gedanken, dass sie ihn verlassen würde. Sie musste seine Angst gefühlt haben, denn sie sprach leise, als sie die Tür öffnete, um zu gehen.
„Mach dir keine Sorgen, Shinbe. Ich werde Großvater schicken, damit er dir Gesellschaft leistet.“ Sie schloss die Tür, ehe er Zeit hatte, zu widersprechen.

Kapitel 6 "Missverständnisse"

Nachdem sie ihren Großvater gefunden hatte, und ihm gesagt hatte, dass Shinbe wach war, nahm Kyoko ihren Rucksack und füllte ihn mit allen Dingen, von denen sie wusste, dass ihre Freunde sie mögen würden. Sie packte Trockenfleisch für Toya, Schokoriegel für Kamui und natürlich ihre Lieblingskaugummis für alle.
Dann packte sie auch noch einige Flaschen Limonade und Mandeln mit Schokoladenüberzug für Suki und Sennin. Kyoko grinste, sie fühlte sich viel besser, jetzt, wo sie wusste, dass es Shinbe bald wieder gut gehen würde. Dennoch… sie würde ein ernstes Gespräch mit Toya führen müssen, darüber, dass er mit seinem eigenen Bruder gekämpft, und ihn beinahe getötet hatte. Sie fragte sich im Stillen, wie Shinbe durch das Herz der Zeit gelangen hatte können. Der Schrein würde ihn nicht ohne Grund passieren lassen.
„Wahrscheinlich damit ich den Kampf unterbrechen konnte“, murmelte Kyoko zu sich selbst.
Sie packte dann auch noch die übliche Ausrüstung, die sie ihnen normal brachte, wie Verbandszeug und Aspirin. Als sie sich in der Küche umsah, fragte sie sich, ob sie noch ein letztes Mal nach Shinbe sehen sollte, aber entschied sich dann dagegen. Es war so schon schwer genug, ihn zurückzulassen. Sie konnte noch immer den bittenden Ausdruck in seinen violetten Augen sehen, als würde er sie bitten, nicht zu gehen, aber sie würde nur für ein paar Stunden weg sein. Großvater und Tama würden sich inzwischen um ihn kümmern. Sie schloss ihren Rucksack und machte sich auf den Weg zum Schreinhaus.
*****
Die kleine Gruppe hatte die letzten Stunden damit verbracht, Shinbe zu suchen. Sie konnten nicht einmal seine Spur riechen, also hatten sie keine Ahnung, wo sie suchen mussten. Sie konnten nur das Schlimmste befürchten, auch wenn sie keine Anzeichen für irgendeinen Kampf fanden. Es machte sie buchstäblich verrückt vor Sorge. Um alles noch schlimmer zu machen, war auch Toya nicht mehr zu der Hütte zurückgekommen, sodass sie denken mussten, dass er vielleicht an dem Verschwinden beteiligt war.
Als er mehrere Stunden lang nicht zurückgekommen war, war Suki sicher, dass es so war. Und nachdem auch Kyoko noch weg war, erschien es alles nur noch schlimmer. „Ich schwöre, wenn Toya jemals zurückkommt, werde ich ihn persönlich umbringen“, schluchzte Suki in ihre Hände, während Sennin sie sanft festhielt.
Kamui saß still neben ihr als Gedanken von Shinbe, der irgendwo tot lag, durch seine Gedanken blitzten. Aber er würde es wissen, wenn Shinbe gestorben wäre… nicht wahr? Er und Kaen hatten gewusst, dass es etwas gab, was nicht ausgesprochen wurde, sobald sie die Lichtung betreten hatten… etwas mit den Schwingungen in der Gegend stank nach Wut und etwas Anderem, das er nicht wirklich benennen konnte.
Ein weiteres Anzeichen war, dass die Steine um die Jungfernstatue ausgegraben worden waren. 'Und wo war Kyoko?' Dieser Gedanke brachte Kamui dazu, sich zu fragen, was genau passiert war… war auch Kyoko verletzt? Sie war noch nicht zurückgekommen und er begann sich Sorgen zu machen. Er seufzte, wissend, dass Kaen noch immer draußen war und suchte.
„Hallo, jemand zu Hause?“, fragte Kyoko mit fröhlicher Stimme, als sie die Tür der Hütte öffnete. Sie sah sofort, wie gequält Suki aussah. Sie warf ihren Rucksack an der Tür ab und rannte zu Suki. „Was ist los? Was ist passiert?“ Sie ging neben ihrer Freundin in die Hocke, denn Suki weinte nie… sie war viel zu stark für so mädchenhafte Dinge.
Suki schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. Ihre Lippen öffneten sich und sie versuchte zu sprechen: „Oh, Kyoko.“ Sie drehte sich wieder von ihr weg, unfähig ihrer Freundin von ihren Ängsten zu erzählen.
Sennin legte seine Hand auf Kyokos Schulter, sah auf seine Tochter und sprach dann mit einer leisen Stimme: „Kyoko, kann ich draußen mit dir sprechen?“
Kyoko sah von Sennin zu Suki und stand dann langsam auf. 'Etwas Schreckliches muss passiert sein', überlegte Kyoko besorgt. 'War Toya etwas passiert, oder hatten sie Neuigkeiten über das Verschwinden von Sukis Bruder Hikaru gehört?' Ein sehr, sehr schlechtes Gefühl kroch über ihren Rücken.
Sie folgte Sennin nach draußen. „Was ist es Sennin? Was ist passiert?“ Kyoko kam es gar nicht in den Sinn, dass sie sich um Shinbe Sorgen machen könnten. Sie dachte, dass Toya ihnen erzählt haben würde, wo sie ihn finden konnten.
Sennin drehte Kyoko den Rücken zu, wissend, dass er nun mit noch einer Herzschmerz-Szene zu tun bekommen würde. Es war zu viel für ihn. Es würde Kyokos Herz brechen, wenn sie herausfand, dass Toya vielleicht Shinbe umgebracht hatte. Er beschloss, ihr einfach ihre Ängste zu erzählen.
„Kyoko, wir glauben, dass Toya vielleicht Shinbe verletzt hat… und wir können keinen der beiden finden.“ Seine Stimme klang noch älter als normal und war voller Trauer und etwas angeschlagen. Er wartete auf das schmerzvolle Kreischen, das gleich von seiner jungen Freundin kommen musste. Als es nicht kam, drehte er sich um, gerade rechtzeitig um zu sehen, wie Kyoko zurück in die Hütte ging.
Kyoko setzte sich neben Suki auf den Boden und nahm ihre Freundin in die Arme. „Suki, es ist gut. Shinbe geht es gut.“ Sie streichelte das Haar ihrer Freundin. „Irgendwie… ist er mit Toya auf die andere Seite des Herzens der Zeit gekommen. Er ist verletzt, aber es wird alles wieder gut.“
Suki hörte einen Moment auf zu atmen, dann atmete sie scharf ein und riss sich los, starrte Kyoko an während sie mit der Hand über ihre Augen fuhr. „Shinbe… ist nicht tot?“ Sie starrte Kyoko weiterhin an.
Kyoko runzelte die Stirn. „Nein, er hat viele Verletzungen, aber er ist nicht tot. Ich bin zurückgekommen um euch zu sagen, dass er sich erholt.“ Sie fragte sich im Stillen, wieso Toya ihnen nicht gesagt hatte, was passiert war.
Kamui hörte Kyokos Worte und wunderte sich darüber. Nun wusste er, wieso er Shinbe nicht spüren konnte… er war nicht einmal in dieser Welt. Er verließ die Hütte um Kaen zu suchen und ihm zu sagen, dass er die Suche einstellen konnte. Er wünschte sich, dass seine anderen Brüder, Kotaro und Kyou irgendwie auftauchen und ihm helfen würden, das wieder in Ordnung zu bringen, was auch immer los war. Seine Gedanken wanderten wieder zurück zu Kyoko.
„So lange sie nur einander verletzen und nicht sie“, flüsterte Kamui, aber der Knoten in seiner Brust wollte sich nicht auflösen. Wenn er musste… würde er sie ganz alleine beschützen.
Suki stand auf. „Er, er war die ganze Nacht bei dir, Kyoko? Wir, wir sahen Toya mit Blut an seinen Händen.“ Sie erzitterte und hielt inne. Wut staute sich in ihr auf, auf Kyoko gerichtet, weil sie es geheim gehalten hatte.
Kyoko stand auf. „Wo ist Toya überhaupt? Wenn ich ihn in die Hände bekomme, werde ich…“ Suki schnitt ihr den Satz ab.
„Er war die ganze Zeit bei dir? Shinbe war bei dir in deiner Zeit?“ Sukis Stimme enthielt einen anklagenden Ton und Kyoko war sprachlos. „Du hast so lange gewartet, ehe du kamst um es uns zu sagen. Meinst du nicht, dass wir um ihn besorgt waren?“
Kyoko schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, Suki. Ich wollte ihn nicht alleine lassen, ehe ich wusste, dass er…“ Sie sah wie Sukis Gesicht rot wurde und zog sich zurück.
„Schon gut? Den ganzen Morgen haben wir ihn gesucht, hatten Angst, dass er tot war, oder irgendwo verletzt lag! Nun kommst du zurück, ganz fröhlich und erzählst mir, er ist bei dir!“ Sie zeigte anklagend mit dem Finger auf ihre Freundin. „Du hättest früher kommen sollen. Du hättest…“ Sie brach ab, als ein Schluchzen aus ihr ausbrach, aus Erleichterung darüber, dass es Shinbe gut ging.
Kyoko legte einen Arm um die Frau um sie zu beruhigen. „Es tut mir leid, Suki. Ich habe nicht daran gedacht. Seine Verletzungen waren ziemlich schlimm. Ich hatte Angst, ihn alleine zu lassen, ehe er aufwachte. Ich hatte solche Angst, dass ich ihn verlieren würde.“
Suki riss sich von Kyoko los, ihr Zorn kochte wieder als sie Kyokos Worte hörte. „Du… dachtest, du würdest ihn verlieren?“ Sie starrte Kyoko an während sie ihre Tränen weg blinzelte. „Worum haben sie überhaupt gekämpft, Kyoko? Um dich?“
Kyoko wurde durch die Frage überrascht. Sie wusste nicht, wie sie antworten sollte. Sie konnte Suki nicht sagen, dass sie Shinbe geküsst hatte, und dass Toya sie gesehen hatte. Das hier war Suki, ihre Freundin, die insgeheim in Shinbe verliebt war. Schuldgefühle übermannten sie. Betrog sie ihre Freundin? Sie sah hinunter auf den Holzboden, den sie plötzlich sehr interessant fand.
Sie war nicht in Shinbe verliebt, aber sie… 'Mann, was denke ich da?' Sie ballte ihre Hände zu Fäusten, wurde zornig auf sich selbst, weil sie so über Shinbe dachte, wo doch diejenige, die ihn wirklich liebte, genau vor ihr stand. Sie musste wissen, was Suki wirklich fühlte.
„Suki, liebst du Shinbe?“, fragte sie schnell, nicht weil sie der Frage, weshalb die zwei Beschützer gekämpft hatten, ausweichen wollte.
Suki wandte ihr den Rücken zu als ihre Wangen bei der Frage erröteten. Liebte sie ihn? Das wollte sie auch wissen. Ja, sie hatte Gefühle für ihn, aber Liebe, wie Kyoko meinte? Sie schüttelte den Kopf. Sie würde nie einen Mann lieben. Und schon gar nicht Shinbe. Das kam einfach nicht in Frage. Vielleicht könnte sie ihn lieben, wenn sie Hyakuhei tatsächlich töten und Shinbes Fluch auslöschen könnten. Aber… nein, sie konnte sich einfach nicht in ihn verlieben. Sie könnte noch mehr Herzschmerz nicht ertragen.
Verwirrt über ihre eigenen Gefühle drehte sie sich wieder zurück zu Kyoko. „Du weichst der Frage aus, Kyoko! Ich habe gefragt, ob sie um dich gekämpft haben?“ Nun war sie diejenige, die einer Frage auswich, aber es war eine, die sie wirklich nicht beantworten wollte, oder auch nur darüber nachdenken.
Kyoko seufzte und zuckte die Schultern. „Ich weiß es nicht. Hat Toya euch nicht erzählt, was passiert ist?“ Sie sah zur Tür und fragte sich, wieso er nicht da war. „Wo ist Toya überhaupt? Geht es ihm gut?“ Kyoko fröstelte plötzlich als ihr klar wurde, dass Toyas Abwesenheit der Grund war, wieso sie nicht wussten, was passiert war.
Suki explodierte: „Was?!! Toya lief weg, nachdem wir ihn gefunden haben. Seine Klauen waren blutig, Kyoko! Er war…“ Suki wurde unterbrochen als Sennin in die Hütte kam.
„Willst aufhören zu brüllen, Suki?“ Er setzte sich auf die Matte, nahm einen Ast und stocherte damit in dem Feuer vor ihm herum. „Kyoko, komm, setz dich. Und erzähl uns alles, was weißt.“
Kyoko sah zu Suki. Es gefiel ihr nicht, dass ihre Freundin sauer auf sie war. Wieso stritten sie plötzlich alle miteinander? Sie hatten immer zusammen gehalten und einander verteidigt… etwas stimmte nicht. Sie setzte sich hin und begann, zu erzählen, was passiert war, von dem Moment bei der Quelle bis zu Shinbes Erscheinen in ihrer Zeit.
Natürlich erzählte sie ihnen nichts von dem Kuss, nur dass Toya wütend war, weil sie in ihrer Unterwäsche gewesen war.
„Nun, das war eigentlich alles. Er ist schließlich aufgewacht, gerade bevor ich hierher kam. Es geht ihm aber wirklich nicht gut.“ Sie schüttelte ihren Kopf und sah hinunter auf ihre Hände. „Großvater sagt, dass es zumindest einige Tage dauern wird, bevor er wieder aufstehen und sich bewegen kann.“
Sukis Kopf hob sich ruckartig. „Was? Er kann nicht in deiner Zeit bleiben!“ Sie senkte sofort wieder den Blick und fühlte sich merkwürdig. Woher kam diese Eifersucht plötzlich?
Sennin legte eine Hand auf Sukis Arm. „Beruhige dich, würdest nicht wollen, dass er reist, wenn er noch verletzt ist.“
Suki seufzte: „Aber es ist zu lang. Wir können auch hier für ihn sorgen.“ Ihr gefiel die Tatsache nicht, dass die Gruppe zersplittert war.
Sennin kicherte: „Ui, aber um ihn hierher zu bekommen, muss er durch das Herz der Zeit reisen. Der Stress, etwas zu tun, was nicht erlaubt ist, könnte zu viel für seine Verletzungen sein.“
Kyoko stand auf. „Ich möchte wirklich bleiben, aber ich bin nur gekommen um euch zu sagen, dass es ihm gut geht. Ich sollte wieder zurückgehen, ehe Großvater und Tama ihn verrückt machen.“ Sie hob ihren Rucksack auf und lächelte nervös als Kamui zurück in die Hütte kam, wobei sich ihre Blicke trafen.
Kamui konnte sich nicht davon abhalten, Kyoko fest zu umarmen. Er fühlte sich nun viel besser, jetzt, wo er wusste, dass Toya Shinbe nicht ernsthaft verletzt hatte. Als Kyoko nicht zurückgekommen war, hatte er schon das Schlimmste befürchtet.
„Ich behalte sie von dieser Seite in den Augen. Du geh und bring unseren Shinbe zurück“, lächelte er wobei Liebe in seinen vielfarbigen Augen tanzte. Er wollte, dass sie wusste, dass er nicht sauer auf sie war, so wie Suki.
Kyoko lächelte zu ihm hoch als sie ihm eine Schachtel Schokolade gab. „Aber iss sie nicht alle auf einmal. Ich will nicht, dass du Bauchschmerzen bekommst.“ Sie strich mit ihrer Hand durch die seidigen, violetten Strähnen in seinem Haar und umarmte ihn auch. Sie war dankbar dafür, dass wenigstens einer von ihnen nicht sauer auf sie war. Kamui hatte schon immer das weichste Herz gehabt.
Sie flüsterte in sein Ohr, sodass Suki es nicht hören konnte: „Wenn Toya zurückkommt, sag ihm, dass ich ihn sehen muss.“
Kamui nickte.
Suki saß mit dem Rücken zu Kyoko gewandt. „Sag Shinbe, dass er sich besser beeilen sollte, mit gesund werden.“ Sie schniefte und Kyoko fühlte sich plötzlich sehr schuldig. Sie ließ Kamui los und stellte all die Sachen, die sie für sie gebracht hatte, bei der Tür ab, da sie Suki in diesem Moment nicht noch einmal stören wollte. Sie wusste, sie würde die Vorräte und Leckereien später finden. Sie verabschiedete sich und ging alleine zurück zum Schrein während sie sich fragte, wo Toya war.
*****
Auf der anderen Seite des Zeitportals lag Shinbe mit geschlossenen Augen im Bett und versuchte, Großvaters sinnloses Geplapper mit seinen eigenen Gedanken zu ertränken. 'Wann würde Kyoko zurückkommen und ihn retten?' in seinen Gedanken lachte er wie ein Geisteskranker. Ja, sie war die einzige, die ihn nun retten konnte.
Selbst mit seinen Verletzungen konnte er nicht aufhören, an sie zu denken. Dies musste die Bestrafung der Götter für seine Sünden sein. Er war sich dessen sehr bewusst, dass er jetzt nicht mehr atmen würde, wenn Toya die ganze Wahrheit gekannt hätte.
Die anderen, inklusive Toya, hatten immer angenommen, dass er Suki wollte, nur weil das genau das war, was er wollte, dass sie dachten. Suki wollte nichts von Liebe wissen und dadurch war sie gefahrlos gewesen… ohne es zu wissen, spielte sie eine große Rolle in seiner Lüge. Er versank langsam wieder in Schlaf während Visionen von Kyoko in seinen Armen durch seine Gedanken blitzten.
*****
Mit gemischten Gefühlen ging Kyoko langsam zurück zum Jungfernschrein. Wieso war Toya weggelaufen? Und nun fühlte sie sich egoistisch dafür, dass sie die anderen so lange in Sorge alleine gelassen hatte. Es war nur, dass sie gedacht hatte, dass Toya ihnen erzählen würde, was passiert war. Diese ganze Sache geriet außer Kontrolle. Sie mussten immer noch die Bruchstücke des Talismans finden und Hyakuhei war irgendwo da draußen und plante wahrscheinlich ihr aller Ende. In diesem Moment schien die ganze Bande zu zersplittern.
Toya beobachtete Kyoko wie sie wieder zu dem Schrein zurückging. Er hatte ihre Ankunft gerochen und er hatte sie gesucht bis er herausgefunden hatte, dass Shinbe nicht bei ihr war. Also war der violette Beschützer noch in Kyokos Zeit… und nun sah es danach aus, als würde sie zu ihm zurückgehen.
Seit er zurückgekommen war, war Toya in einer Höhle nicht weit weg geblieben. Der Kampf mit Shinbe tat ihm nicht leid, aber er hatte ihn nicht so schwer verletzen wollen, wie er getan hatte. Aber würde Kyoko ihm glauben? Seine goldenen Augen beobachteten sie von den Spitzen der Bäume herab. Er wusste, er würde mit ihr sprechen müssen, ehe sie zu Shinbe zurückging.
Kyoko sah hoch und erkannte, dass sie schon beim Herzen der Zeit war. Sie war so in Gedanken verloren gewesen, dass sie gar nicht auf den Weg geachtet hatte. Sie seufzte, dann hob sie ihr Kinn ein paar Zentimeter an und sammelte ihren Mut, entschied, dass sie mit Shinbe sprechen würde müssen, wenn sie zurückkam.
Kyoko hielt im Schritt inne, als sie eine verschwommene Bewegung aus ihrem Augenwinkel sah. Bevor sie auch nur mit der Wimper zucken konnte, stand Toya zwischen ihr und dem Schrein. Er sah sie gespenstisch an, durch die Haarsträhnen, die in sein Gesicht gefallen waren und seine Augen verdeckten. Sein Haar und seine Kleider flatterten noch von seiner schnellen Landung.
Wie kam es, dass er die merkwürdigsten Dinge tun konnte, und ihr ganzer Körper aufleuchtete als wäre eine elektrische Schockwelle durch sie gefahren? Die Handvoll Schmetterlinge, die durch ihren Magen tanzten, schienen in einen Paarungsrausch zu verfallen. Sie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte, versuchte noch immer seinen Gesichtsausdruck zu lesen. Sie konnte alle Arten von Gefühlen sehen, alles von Schuld bis Zorn… sogar ein leises Anzeichen von Depression.
Als sie endlich ihre Stimme wiederfand, obwohl sie sogar in ihren eigenen Ohren verängstigt klang, sagte sie: „Ich… Toy-ya?“ Ihre Augen wurden groß als sein Gesicht sich ruckartig hob und sich ihre Blicke trafen. Kyoko wollte keinen Schritt zurück machen, aber sie tat es ohne zu denken. Als sie sah, dass sich seine Augen zusammen zogen, als er sah, wie sie vor ihm zurückwich, blieb sie stehen und sah ihn fest an. Schüchtern machte sie einen Schritt auf ihn zu um zu zeigen, dass sie keine Angst vor ihm hatte.
Toya beobachtete sie still, fühlte die Angst in ihr. Als sie vor ihm zurückwich machte ihn das wütend genug, sodass er tatsächlich fühlte, wie sein Blut zu kochen begann. Er wartete um zu sehen, was sie tun würde, und beruhigte sich wieder, als sie wieder näher kam und die Entfernung, die sie zwischen sie gebracht hatte, wieder verringerte. Er wollte nicht, dass sie vor ihm Angst hatte.
„Kyoko“, seine Stimme war gleichmäßig und ernst, „du weißt, dass ich dich nie verletzen würde.“ Seine Hände ballten sich zu Fäusten an seinen Seiten. „Ich weiß, dass du das weißt.“ Seine Stimme war fordernd.
Kyoko biss sich auf die Unterlippe als sie die Anspannung in seiner Stimme hörte. Ja, sie wusste, dass er sie nie absichtlich verletzen würde… aber sie erinnerte sich auch daran, dass Hyakuhei etwas mit seinem Blut gemacht hatte, das ihn sehr gefährlich machte, wenn er wütend wurde. Sie atmete ruhig ein und begann langsam auf ihn zu zu gehen. „Wo warst du?“
Toya konnte Sorge in ihrer Stimme hören und seine Augen wurden groß als er sich darüber wunderte. War sie um ihn besorgt gewesen? Er hatte gedacht, dass sie ihn nur noch hassen würde, nach dem, was er getan hatte. Er hatte sich selbst verrückt gemacht, als er nur daran gedacht hatte.
„Wie geht es… Shinbe?“, er fletschte die Zähne über den Namen.
Kyoko runzelte die Stirn. „Er überlebt es. Aber es wird eine Weile dauern, ehe es ihm gut genug geht, um zurückzukommen. Ich hatte noch nicht einmal die Gelegenheit, ihn zu fragen, was passiert ist, also wieso erzählst du es mir nicht? Wieso hast du… das getan?“ Ihre Stimme verstummte einen Moment, dann flüsterte sie: „Suki und die anderen dachten, dass er tot war.“ Ihre Stimme wurde wieder ein paar Stufen lauter und beschuldigend: „Du hättest ihnen zumindest sagen können, wo er war.“
Sie sah hinter ihn auf den Jungfernschrein und wich seinem Blick aus. Die Rohheit seiner Augen war in diesem Moment zu viel für sie.
Toya war gleichzeitig heiß und kalt. Das Gefühl alleine war schon verstörend. Alles, woran er denken konnte, war, dass sie ihn hassen würde, und das war die eine Sache, die er nicht ertragen würde. Und der Gedanke daran, dass sie alleine mit Shinbe in ihrer Zeit sein würde, war auch zu viel für ihn zu schlucken. Besonders nach dem, was sein Bruder gesagt hatte. Es war dasselbe als würde er sie bedrohen.
Kyoko beobachtete die Emotionen, die durch seine goldenen Augen jagten, die sich nun gedankenverloren verdunkelten. Er war tödlich ruhig, was sie langsam beängstigte. Sie machte ein paar Schritte, als wollte sie an ihm vorbei zum Schrein gehen, aber er machte einen Schritt zur Seite und stellte sich ihr in den Weg und das verunsicherte sie nur noch mehr.
„Schau, wenn du nichts sagst, dann werde ich zurückgehen um nach dem Schaden zu sehen, den du bei deinem Bruder Shinbe angerichtet hast“, rief sie.
Toya konnte nicht mehr. Im Handumdrehen hatte er sie, hielt sie gefangen in seinen Armen, alle seiner Instinkte sagten ihm, dass er sie nicht durch das Herz der Zeit gehen lassen durfte… zurück zu dem Beschützer, dem nicht zu trauen war.
„Kyoko, warte.“ Seine Stimme war immer noch etwas barsch und er versuchte, ruhiger zu werden, als er fühlte, wie sie sich von ihm weg drückte. „Kyoko, du weißt nicht, wieso wir gekämpft haben. Du weißt nicht, was er gesagt hat. Du kannst ihm nicht vertrauen. Ich vertraue ihm nicht. Er hat sich verändert, und es gefällt mir nicht.“
Kyoko fühlte, wie sich seine Arme noch fester um sie schlossen und sie wusste, dass er es ernst meinte. Toya hatte sie nie belogen… aber es machte einfach keinen Sinn. Sie versuchte, sich in seinen Armen zurück zu lehnen, sodass sie seine Augen sehen konnte. „Was meinst du? Er ist derselbe wie immer.“
Toya knurrte tief in seiner Kehle. „Nein, Kyoko, er versteckt es vor dir. Da geht etwas mit ihm vor und ich weiß nicht, was es ist, aber ich kann es fühlen. Er versteckt etwas.“ Toya hoffte, dass sie auf seine Worte hören würde, und nicht nur denken würde, dass er eine Ausrede erfand, weil er ihn verprügelt hatte.
Kyoko runzelte die Stirn. Sie hatte kleine Dinge an Shinbe bemerkt. Aber für sie waren die Veränderungen nicht schlecht gewesen, doch sie wusste, dass Toyas Instinkte sehr gut waren, also würde sie es nicht einfach verwerfen. Nur um sicher zu gehen, seufzte sie: „Du sagst das nicht alles nur wegen dem Kuss, nicht wahr?“ Sie fühlte, wie Toyas Brust gegen ihre pochte.
„Dieser Kuss“, knurrte Toya und hob eine Hand um ihr Kinn zu ergreifen und ihr Gesicht dem seinen zuzuwenden. Es gab da eine Frage, die ihn innerlich auffraß. „Kyoko, wieso würdest du ihn dafür küssen, dass er dich rettet, aber mich nicht? Ich verstehe es nicht.“ Seine Augen senkten sich auf ihre schmollenden Lippen und ehe sie ihn zurückweisen konnte, senkte er seine Lippen auf ihre, fühlte zum ersten Mal ihre seidigen Lippen auf seinen.
Als sie bei dem plötzlichen Angriff auf ihre Gefühle schreien wollte, vertiefte Toya den Kuss und suchte nach ihrer Reaktion. Er konnte hören, wie ihr Herzschlag sich beschleunigte und er konnte fühlen, wie sich ihr Körper erhitzte.
Kyoko bekam den Kuss, den sie immer haben wollte, aber irgendwo, weit hinten in ihrem Kopf konnte sie nicht verhindern, dass sie dachte, dass es nur aus völligen falschen Gründen war. Küsste er sie, weil Shinbe es getan hatte? 'Nein, das ist falsch.' Sie drückte eine Hand gegen seine Brust auch aus anderen Gründen als nur, dass sie zu Luft kommen musste.
„Warte Toya“, keuchte sie. „Hör auf, ich kann nicht denken.“
Toya grinste, ließ seine Arme lockerer, aber ließ sie nicht ganz frei. „Das ist ein gutes Zeichen, Kyoko.“ Er hatte bei dem Kuss etwas gefühlt und er fühlte sich besser, weil er wusste, dass sie es auch gespürt hatte. Vielleicht würde er sie doch nicht an Shinbe verlieren. Er erinnerte sich an die Drohung mit der Shinbe ihn geärgert hatte.
„Shinbe darfst du nicht ganz vertrauen. Mir wäre es lieber, wenn du hier bei mir bleibst und im Moment deine Familie für ihn sorgen lässt.“ Er hielt ihren Blick in einer stillen Bitte gefangen.
Kyoko runzelte die Stirn: „Nein, ich muss zurückgehen. Er ist erst kurz bevor ich hierhergekommen bin um euch zu sagen, dass er in Ordnung ist, aufgewacht.“ Schuldgefühle machten sich in ihr breit. „Außerdem fühle ich mich, als wäre es meine Schuld, dass ihr gekämpft habt, also werde ich mich um ihn kümmern, bis es ihm besser geht und dann bringe ich ihn zurück.“ Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen: „Und wir müssen zusammenhalten um den Rest des Talismans zu finden.“
Sie stach mit einem Finger in seine Brust und machte nun doch einen Schritt zurück, heraus aus seiner Umarmung, „Das bedeutet kein Kämpfen mehr, verstanden? Du hättest ihn beinahe umgebracht.“ Ihre Augen suchten in den seinen nach der Wahrheit.
„Dann komme ich mit dir zurück“, sagte Toya angespannt, verschränkte seine Arme in seinen Ärmeln und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. „Shinbe stinkt nach Schuldgefühlen und ich weiß nicht wieso.“ Insgeheim war er froh, dass sie noch keine Zeit alleine mit ihm verbracht hatte, angesichts dessen, dass er eben erst aufgewacht war. „Ich vertraue ihm nicht alleine mit dir zu sein.“
Kyoko blinzelte: „Es kommt gar nicht in Frage, dass du im Moment auch nur in Shinbes Nähe gehst. Er hat immer noch starke Schmerzen und du bist derjenige, der ihn so zugerichtet hat.“ Sie wollte nicht gemein sein… sie wollte die beiden für jetzt einfach getrennt halten. „Machen wir einen Deal. Ich komme morgen zurück und erzähle euch allen, wie es aussieht, wenn du versprichst, dass du zur Gruppe zurückgehst.“
Als sie sah, wie seine Dickköpfigkeit in seine Augen kroch, schaute sie kurz zu Boden und flüsterte schwerfällig: „Wir sind doch noch eine Gruppe… nicht wahr? Wir müssen immer noch den Talisman finden, bevor Hyakuhei es tut.“
Toyas Augen glitzerten gefährlich. „Wenn er etwas tut, und ich bin nicht da… kann ich dich nicht beschützen, und“, seine Stimme wurde ein paar Stufen lauter, „ich bin dein Beschützer, nicht er!“
Kyokos Kopf kam bei seinen Worten ruckartig wieder hoch. Toya zeigte nicht oft sein Herz, aber in den seltenen Momenten, wo seine Abwehr unten war, konnte sie es so deutlich sehen.
Sie lächelte und versuchte, ihn zu beruhigen: „Sieh her, Shinbe ist viel zu schwach um etwas zu versuchen, also mach dir keine Sorgen. Ich werde morgen zurück sein.“ Sie machte ein paar Schritte auf das Herz der Zeit zu und sah, wie er sich bewegte, um sie aufzuhalten.
„Toya!“, rief sie, hob ihre Hand und sprach den Zähmungszauber.
Mit weicher Stimme sagte Kyoko: „Schau, ich weiß, dass du Shinbe nicht vertraust, aber vertrau wenigstens mir. Ich werde morgen Abend zurückkommen. Alles wird gut werden… du wirst sehen.“ Damit berührte sie die Hand der Jungfer und verschwand. Sie konnte noch seine Flüche hören, als das Herz der Zeit sie auf die andere Seite brachte.
Kyoko runzelte gedankenverloren die Stirn als sie wieder im Schreinhaus war. Sie konnte noch den Schaden sehen, den der Kampf angerichtet hatte. Als sie sich umdrehte, legte sie einen Sperrzauber auf die Hände der Jungfer als sie entschied, lieber auf Nummer sicher zu gehen.

Kapitel 7 "Fragen"

Kyoko machte sich auf den Weg zurück zu ihrem Haus, das nun schon im Dunklen lag, und fand Shinbe dort schlafend vor. Sie fragte sich im Stillen, ob sie ihm von ihrem Treffen mit Toya erzählen sollte. Sie setzte sich wieder an ihren Schreibtisch um die zerrissenen Kleider fertig zu flicken, aber die Gedanken an Toya machten sie langsam.
Er hatte sie überrascht, als er sie küsste. Sie hatte früher davon geträumt, wie sie einander küssten… sie hatte es sich gewünscht. Sie musste zugeben, dass der Kuss genau so war, wie sie ihn sich immer vorgestellt hatte… es war der Zeitpunkt, der sie so verwirrte. Vielleicht wollte Toya sie einfach nur von ihrer Wut ablenken. Er hatte früher nie versucht, sie zu küssen, also wieso sollte er es jetzt sonst tun?
Sie dachte an seine Lippen auf ihren und hob instinktiv ihre Finger zu ihrem Mund, weil sie sich darüber wunderte… dann kam ihr ein anderer Kuss in Erinnerung. Als sie gemächlich ihre Lippen an Shinbes gestreift hatte, war es gewesen, als wäre ein elektrischer Schlag durch sie gefahren. Wäre Toya nicht in dem Moment aufgetaucht… hätte sie gerne noch mehr mit dem Kuss herum experimentiert.
Sie schüttelte ihren Kopf und biss sich auf die Lippe. Wo zum Teufel war dieser Gedanke hergekommen? Sie schielte hinüber zu Shinbe. Wie konnte sie sich selbst je vergeben, dass sie die Ursache war, dass all dies passiert war? Sie hatte nicht gewollt, dass jemand verletzt wurde. Sie ging langsam hinüber zum Bett und beobachtete ihn als sie sich auf die Kante setzte und mit einer Hand das dunkelblaue Haar aus seinem Gesicht strich. Wenigstens schlief er friedlich.
Ihr Blick strich über sein Gesicht und blieb an seinen Lippen hängen. In ihrem Traum waren sie so weich gewesen, das war der Grund gewesen, weshalb sie ihn küssen wollte, in dem Moment als Toya sie erwischte. Sie hatte nur wissen wollen, ob sie in Wirklichkeit ebenso weich waren, wie in ihrem Traum… und das waren sie.
Kyoko sah hinunter auf die Decke, die hinunter gerutscht war und seine Schultern und Brust entblößte. Er hatte noch immer einen Bluterguss an einer Schulter und sie streckte unbewusst die Hand danach aus und strich mit einem Finger sanft darüber. Shinbe stöhnte im Schlaf auf und sie zuckte zurück, zog ihre Hand weg und legte sie auf ihre Lippen. Schuldbewusst drehte sie sich um und schaute weg.
Shinbe öffnete ein Auge, ein Grinsen lag auf seinen Lippen. Er hatte ihr Gewicht am Bettrand gefühlt und so getan als würde er schlafen, aber insgeheim hatte er sie durch seine Wimpern beobachtet, hatte die Gefühle gesehen, die über ihr Gesicht spielten, als sie ihn beobachtete. Wie sehr sein Körper auch schmerzte, er konnte nicht verhindern, dass er sich durch ihre Gegenwart erregt fühlte… es war für ihn schon immer so gewesen. Er hoffte, dass sie nicht weiter nach unten sah, denn er war sicher, dass sich in den unteren Regionen ein Zelt gebildet hatte.
Als sie seine Schulter berührte, hatte er ungewollt gestöhnt. Sobald sie sich wegdrehte, hielt er den Atem an. Er ließ die Luft langsam wieder aus und seine Lippen öffneten sich leicht als er seine Hand langsam in ihre Richtung schob. Bevor er etwas sagen konnte, stand sie auf und ihm entfuhr ein enttäuschtes Seufzen.
Kyoko drehte sich schnell wieder um und sah, wie er sie anstarrte, und auch seine ausgestreckte Hand entging ihr nicht. „Shinbe… was machst du?“, sie starrte auf seine Hand und legte den Kopf neugierig zur Seite.
Shinbe versuchte, seine Hand wieder unter der Decke zu verstecken und stöhnte vor Schmerzen. Kyoko war sofort an seiner Seite und strich mit ihrer Hand über seinen Arm, im Versuch, seine Schmerzen zu lindern, nicht wissend, dass das nicht die Art Schmerz war, unter der er litt.
„Bitte sei vorsichtig, Shinbe. Ich möchte, dass du gesund wirst, und dir nicht noch mehr Schmerzen zufügst.“ Sie sah mit mitleidigem Blick auf ihn hinunter.
Er lächelte zu ihr hoch und genoss jeden Moment ihrer Zärtlichkeit. „Es ist schon gut, Kyoko. Mir geht es gut. Es geschieht mir recht für meine unverschämten Gedanken.“ Er versuchte zu lächeln und sie runzelte die Stirn.
Er gab es einfach zu? In ihrem Kopf drehte sich alles, als sie sich wieder neben ihn auf das Bett setzte. Die Erinnerung daran, was Toya zu ihr auf der Lichtung gesagt hatte, suchte sie wieder heim.
„Shinbe, wir müssen wirklich darüber reden, worüber du mit Toya gekämpft hast. Er meint, dass du etwas versteckst, und er sagt, ich soll dir nicht trauen.“ Sie fühlte sich unbehaglich dabei, ihn das zu fragen, aber er war derjenige, der in ihrem Bett schlief… also hatte sie das Gefühl, dass sie das Recht hatte, wenigstens zu fragen. „Verschweigst du… etwas?“
Shinbes Gedanken wanderten zurück zu der Nacht wo Kyoko betrunken durch das Herz der Zeit gekommen war. In welches Dilemma hatte er sich da gebracht. Nicht nur würde Toya ihn umbringen, sondern Kyoko würde es wahrscheinlich zulassen.
Er seufzte und sah von ihr weg als seine Wangen rot anliefen. „Nein, ich verschweige nichts.“
Kyoko sah ihn weiterhin genau an. Er wich ihrem Blick aus und sie war überzeugt, dass er etwas vor ihr verschwieg. „Du weißt, dass wir Freunde sind, Shinbe. Du kannst mit mir über alles reden.“ Sie lächelte und streifte mit ihrer Hand die seine, wodurch er erzitterte. Sie zog die Decke hoch über seine Schultern, in der Meinung, dass ihm kalt war.
Er beobachtete sie, als sie weiterhin auf ihn hinunter starrte, ihre Hände immer noch am Rand der Decke, so dass sie seine Schultern gerade noch berührten.
Er flüsterte ihren Namen mit heiserer Stimme: „Kyoko.“
Sie schielte zu seinem Gesicht hoch und errötete, als sie bemerkte, wo ihre Hände waren. Sie drehte ihm den Rücken zu, weil sie fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden. Sie hatte auf seinen Hals gestarrt und an den Traum gedacht, fühlte das Verlangen, sich hinunter zu beugen und ihn dort zu küssen.
„Shinbe, erinnerst du dich, als ich zurückkam… nach der Party? Wo warst du, als ich durch das Zeitportal kam?“, fragte sie ängstlich. Sie wollte nicht albern klingen, aber der Traum begann sie auf eine Art zu beeinflussen, die ihr Sorgen bereitete.
Shinbe wurde durch die Frage überrascht. Erinnerte sie sich daran, was passiert war, und hatte sie nur nichts gesagt? Er starrte auf ihren Rücken. „Kyoko, wieso fragst du? Ist etwas passiert?“
Kyoko errötete. Sie stand auf und ging zum Fenster hinüber um hinaus zu sehen. „Nein, ich wollte nur wissen, wo du warst, als ich zurückkam.“ Sie wandte sich wieder um, lächelte, versteckte, was ihr am Herzen lag. „Ich meine mich daran zu erinnern, dass du mir vom Schrein zu Sennins Hütte zurück geholfen hast“, log sie. Sie konnte sich überhaupt nicht daran erinnern, wie sie dorthin gelangt war.
Shinbe seufzte und schloss seine Augen. Er musste diese Information verdauen. Also erinnerte sie sich an etwas… woran erinnerte sie sich noch? Nun stieg Übelkeit aus seinem Magen hoch. Wenn sie sich daran erinnerte, dann erinnerte sie sich wahrscheinlich auch daran, was er getan hatte. Oder kam sie langsam auf den Verdacht, dass es vielleicht doch kein Traum gewesen war? Er musste von nun an vorsichtig sein.
Er wollte aufstehen und das Chaos, das er angerichtet hatte, wieder in Ordnung bringen, aber die Schmerzen in seinem Kopf waren langsam schlimmer geworden statt besser und in diesem Moment waren sie so stark, dass sie seine Sicht einschränkten. Er fühlte, wie er weiter weg driftete, egal wie sehr er sich bemühte, die Dunkelheit, die über ihn hereinbrach, zu bekämpfen.
Kyoko sah wieder zu ihm zurück. Seine Augen waren geschlossen und sein Atem ging gleichmäßig. „Er ist eingeschlafen“, flüsterte sie leise und seufzte. Keine Fragen mehr für heute, er brauchte Ruhe. Sie wandte sich wieder ihrem Schreibtisch zu und setzte sich hin, hob die Kleider auf, um ihre Näharbeiten zu beenden, aber ihre Augen brannten, weil sie so lange wach gewesen war. Sie legte ihren Kopf auf den Tisch, seinen langen Mantel noch immer auf ihrem Schoß in Händen haltend, und schlief ein.
*****
Toya stand vor der Jungfernstatue und verfluchte Kyoko. Sie hatte das Herz der Zeit versperrt und er konnte den Zauber nicht brechen. Wieso zum Teufel hatte sie das getan? Sie musste vor diesem Lustmolch beschützt werden. Verstand sie das nicht?
„Verdammt, Kyoko!“ rief er, als würde sie ihn von der anderen Seite hören können. Toya spannte sich an, als er eine Präsenz fühlte und bereitete sich innerlich vor. Kyou? Was zum Teufel wollte er? Er wartete darauf, dass sein Bruder erschien.
Kyou stand am anderen Ende der Lichtung, seine Kleider wehten im Wind. Während er eine lose Strähne seines silbernen Haares hinter sein Ohr steckte, näherte er sich Toya. „Du rufst die Priesterin?“
Toyas Hand bewegte sich, als einer seiner Zwillingsdolche durch seine Aufregung in Erscheinung trat. „Ja, wieso fragst du?“ Er hatte gerade keine Lust, sich von seinem älteren Bruder demütigen zu lassen.
Kyou sah an Toya vorbei auf den Schrein. „Darf ich mir nicht Sorgen um das Schicksal meines Bruders machen?“ Sein Gesichtsausdruck war emotionslos während er weiterhin auf die Jungfernstatue starrte, als hätte er einen Verdacht. Er roch altes Blut auf Toya und identifizierte es als Shinbes. Er roch außerdem Kyokos Geruch vermischt mit dem der Beschützer.
„Seit wann kümmert es dich?“ Toya ging einen Schritt auf Kyou zu.
Kyou roch an der Luft und richtete seine Augen fest auf Toya. „Du hast versagt, die Priesterin als deine Partnerin zu beanspruchen?“ Seine Augen leuchteten mit einem Lachen, das er nicht heraus ließ. „Wie dumm von dir, zuzulassen, dass unser Bruder versucht, sich das zu nehmen, was dir gehört.“

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