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Am Wendepunkt Der Zeit
Guido Pagliarino
Im Jahr 1933 wird in Italien eine abgestürzte fliegende Untertasse entdeckt. An  Bord findet man drei menschliche Körper. Für Marconi sind es Marsmenschen, aber er weiß nicht, dass die Disc-Befehle auf Englisch geschrieben wurden; für Mussolini ist es sogar ein Produkt der britischen Luftwaffe. Es ist nur der Anfang einer dramatischen Geschichte, die sich auf anderen Planeten und auf der Erde der Zukunft entwickeln wird. Dieser Roman in seiner ersten Ausgabe, in Papier-, Elektronikform und als Hörbuch von 0111 Edizioni im Jahr 2011 (nicht mehr im Katalog seit 31.12.13 - © Guido Pagliarino seit 2014), erreichte den 1. Platz beim Creative Award VI. Ausgabe, 2012,  Bereich Erzählungen. Die Handlung gliedert sich in zwei Teile. Der erste beginnt im Jahr 1933: In Italien wird eine abgestürzte fliegende Untertasse entdeckt. An  Bord drei menschliche Körper. Für Marconi sind es Marsmenschen, aber er weiß nicht, dass die Disc-Befehle auf Englisch geschrieben wurden; für Mussolini ist es sogar ein Produkt der britischen Luftwaffe. Es ist nur der Anfang einer dramatischen Geschichte, die sich auf anderen Planeten und auf der Erde der Zukunft entwickeln wird. Die Scheibe offenbart sich dem Leser bald als Landebrücke des Chronoraumschiffs 9, das von 2133 in das Jahr 1933 zurückkehrt und hier infolge einer Havarie explodiert; die Scheibe konnte gerade noch rechtzeitig das Mutterschiff verlassen, versuchte zu landen, stürzte aber ab. Ebenfalls im Jahr 2133 begann das Chronoraumschiff 22, das eine wissenschaftliche Expedition auf den Planeten Tinno brachte und um Beta Centauri kreiste, wo Jahrhunderte vorher ein Vernichtungskrieg zwischen zwei Staaten, die von Diktaturen, ähnlich der stalinistischen und nationalsozialistischen auf der Erde, regiert wurden, das Ende der tinnianischen Zivilisation hervorrief. Das Team soll Relikte davon sammeln. Mussolini bildete eine Forschungsgruppe, in der Hoffnung, dass es Italien, ”wie Großbritannien”, gelingen könnte, Flugzeugezu bauen, die der Scheibe ähnlich sind. Hitler, seit einigen Monaten in Deutschland an der Macht, schickt eine Kompanie deutscher Fallschirmjäger, die rücksichtslos alle faschistischen Milizionäre tötet, die die Scheibe bewachten, stiehlt die abnehmbaren Teile und sogar die Raketen des Flugzeugs der Zukunft, darunter zwei mit mächtigen, zerstörerischen Bomben. Dank ihres Back-Engineering-Studiums produzierten die Nazis Waffen und Flugzeuge, die sie 1939 zur Eroberung der Welt führen sollen. Zurück auf der Erde im Jahr 2133 finden die Chronoastronauten heraus, dass der Nationalsozialismus anstelle der Demokratie regiert. Da sie dank der historischen Computer der Staatsarchive die Andere Geschichte der Erde kennen und nachdem sie inzwischen verschiedene Risiken eingegangen sind, machen sie 1933 einen zeitlichen Sprung, mit der Absicht, die in Italien gefallene Scheibe zu zerstören um den Diebstahl und anschließenden deutschen Sieg im Zweiten Weltkrieg zu verhindern, und da geschieht... Im zweiten Teil beschließen die Chronoastronauten und Wissenschaftler des Schiffes 22, das Schicksal von Tinno zu ändern und den Vernichtungskrieg zu vermeiden, der seine Bewohner eliminierte. Das Chronoraumschiff gelangt so in die Vergangenheit um den Planeten, auf dem sich die beiden feindlichen Diktaturen im Moment in einer Art ”Kalten Krieg” befinden. Mit verschiedenen Initiativen, die die Tinnier glauben lassen, die Intervention sei übernatürlich, gelingt es den Protagonisten und einigen ihrer einheimischen Verbündeten, diese Welt zu retten, indem sie einen heißen Krieg vermeiden, die Diktaturen niederreißen und Tinno in die indviduelle Moral und Demokratie einführen. Nach Monaten, in denen die Chronoastronauten die Führung ihren außerirdischen Freunden überlassen, verabschieden sich die Chronoastronauten und springen in die Zukunft des Planeten, um die Ergebnisse ihrer positiven Handlung auf lange Sicht zu überprüfen. Eine geheimnisvolle Stimme erklingt in der Zigarre, spottet und verkündet, dass sie nach ihrer Rückkehr in große Schwierigkeiten geraten werden; die Stimme behauptet, der platonische Demiurg zu sein und auch alle früheren Probleme auf unserem Planeten und auf Tinno verursacht zu haben. Die Chronoastronauten kehren nach Hause zurück...Das Böse, dessen metaphysische Ursache unverständlich bleibt, ist vielleicht die bedeutendste ”Figur” dieses Romans, in dem der Leser auch der ”Erbsünde” begegnet.


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Guido Pagliarino

Am Wendepunkt der Zeit
Roman in zwei Teilen Parallelwelten – Erbsünde

Aus dem Italienischen
von Birgit Elisabeth Horn
Guido Pagliarino
Am Wendepunkt der Zeit
Roman in zwei Teilen Parallelwelten - Erbsünde
Aus dem Italienischen von Birgit Elisabeth Horn

Veröffentlichungen des Werks in italienischer Sprache:
1. Ausgabe, in Papierform, als Hörbuch e-in book, „Zeitmutationen - Roman”, Copyright © von 2011 bis 2013 von 0111 Ausgaben - Seit dem 1. Januar 2014 sind die Rechte erneut Eigentum des Autors
2. Ausgabe in Papierform e-in book, vom Autor überarbeitet und mit drei Nachworten versehen, „Zeitmutationen - Roman in zwei Teilen: Parallelwelten - Erbsünde”, Tektime Editore, Copyright © 2018 von Guido Pagliarino

Das Buchumschlagbild wurde vom Autor elektronisch erstellt

Charaktere, persönliche und kollektive Namen, Ereignisse, Gruppen- oder Einzelsituationen der Vergangenheit oder Gegenwart sind frei erfunden. Jegliche Bezugnahmen auf lebende oder verstorbene Personen, abgesehen von den historischen Figuren, sind zufällig; Tatsachen und Worte, die den historischen Figuren zugeschrieben werden, sind ebenfalls erfunden.
Index

Erster Teil: „Parallelwelten” (#ulink_4ad689ea-1c3a-57a5-b59c-83efe9e05544)
Kapitel (#ulink_565ecb06-fe72-5141-a932-51cc823b0091)1 (#ulink_565ecb06-fe72-5141-a932-51cc823b0091)
Kapitel (#ulink_ef63fc63-8a78-5c4f-9db8-114748b32887)2 (#ulink_ef63fc63-8a78-5c4f-9db8-114748b32887)
Kapitel (#ulink_adbdcf8f-5f9b-5839-900f-356d60b6e950)3 (#ulink_adbdcf8f-5f9b-5839-900f-356d60b6e950)
Kapitel (#ulink_6b4b62f7-00aa-5232-8243-340eba8e4dd3)4 (#ulink_6b4b62f7-00aa-5232-8243-340eba8e4dd3)
Kapitel (#ulink_6a8bee55-571d-5478-afb7-15f7c1271dd4)5 (#ulink_6a8bee55-571d-5478-afb7-15f7c1271dd4)
Kapitel (#ulink_1a031ecf-9576-51bd-b01c-5b4887558948)6 (#ulink_1a031ecf-9576-51bd-b01c-5b4887558948)
Kapitel 7
Kapitel 8
Zweiter Teil: „Erbsünde”
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Vorwort des Autors zur 1. Ausgabe
Nachwort des Autors zur 2. Ausgabe (Zum Bösen im Roman „Zeitmutationen“)
Nachwort von Cristina Bellon ( aus ihrem Artikel in Nummer 59 der Zeitschrift „Future Shock”, mit Genehmigung der Nachwortautorin)
Nachwort von Antonio Scacco (Auszug aus seinem Artikel in Nummer 60 der Zeitschrift „Future Shock”, mit Genehmigung des Nachwortautors)
Anmerkungen
Erster Teil: „Parallelwelten” (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)
Kapitel 1 (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)

Im Globussaal des Palazzo Venezia, dem römischen Amtssitz des Regierungschefs, klingelte das private weiße Telefon, das direkt mit wenigen ausgewählten Rufnummern verbunden war. Es war der 13. Juni 1933, 15.28 Uhr, XI. Jahr der faschistischen Ära.
Benito Mussolini saß an seinem Schreibtisch und nahm den Hörer vom Apparat, der zu seiner Rechten neben einem anderen, schwarzen Telefon stand, das mit der Telefonzentrale verbunden war.
Am anderen Ende der Leitung war Dr. Arturo Bocchini, eine sehr mächtige Figur an der Spitze der Königlichen Garde für die öffentliche Sicherheit1 und damit an der Spitze der mächtigen und gefürchteten politischen Polizeiabteilung der Staatspolizei OVRA: Die Bedeutung des Akronyms, um die Öffentlichkeit besser einzuschüchtern, war nie geklärt worden, vielleicht „Organo di Vigilanza sui Reati Antistatali“ (Organisation zur Überwachung und Bekämpfung des Antifaschismus), aber ihre Funktion als höchster Schutz des faschistischen Regimes war allen bestens bekannt.
„Duce, ich grüße Euch2: Hier ist Bocchini", begann er.
„Reden Sie, Bocchini!!!" Die Anrufe des Leiters der OVRA waren fast immer Vorboten von Ärger, wenn nicht sogar von Schwierigkeiten, und Mussolinis Herz schlug schneller, wenn er diese Stimme hörte. Er versuchte, seine Besorgnis hinter einem besonders gebieterischen Ton zu verstecken.
Ohne lange Vorreden meldete ihm der andere eine außergewöhnliche Tatsache: „Duce, heute Morgen ist in der Lombardei ein seltsames unbekanntes Flugzeug am Himmel erschienen. Da dort oben der Himmel heute fast vollständig bedeckt ist, verschwand dieses Flugzeug mit ungewöhnlicher Form mehrmals in den Wolken und tauchte dann von Zeit zu Zeit wieder auf..."
„...und, was wäre diese ungewöhnliche Form?"
„Das Flugobjekt sah aus wie die Scheibe eines Diskuswerfers."
„Halt! Wird es nicht ein Hubschrauber von Ingenieur D'Ascanio sein?³
„Duce, das können wir ausschließen, sein letztes Modell war der berühmte DAT 3, der nur wenige Meter stieg. Das Unternehmen Ascanio-Troiani wurde im vergangenen Jahr nach Ausschöpfung der Gelder aufgelöst; des Weiteren ist uns, zumindest im Moment, nicht bekannt, dass Derartiges im Ausland gebaut wird".
„Was macht D’Ascanio zurzeit?“
„Er arbeitet bei Piaggio an Projekten für konventionelle Bombardierungsflugzeuge."
„Sonst noch etwas zu diesem unbekannten Flugobjekt?"
„Es hat einen Durchmesser von etwa zehn Metern und eine helle Farbe, zwischen Weiß und Silber. Es wurde zuerst vom Observatorium Brera und wenig später von Passanten über verschiedenen Gebieten Mailands entdeckt: Einer von ihnen, Alighiero Merolli, Hauptmann bei den Alpini, machte Meldung bei den Königlichen Carabinieri, durch die meine eigenen Leute und auch die Miliz⁴ und die Königliche Luftwaffe alarmiert wurden".
„Gut."
„Eine Staffel der Fiat CR 20 ⁵ ist aufgestiegen, um den Himmel von Mailand und Umgebung zu patrouillieren und hat versucht, dieses Luftfahrzeug zu erkennen, zu fotografieren und es zur Landung zu bringen: eine schwierige Mission, angesichts des bewölkten Tages. Glücklicherweise kam das diskusförmige Flugobjekt plötzlich aus einer Haufenwolke direkt über den Flugzeugen zum Vorschein: Es hatte eine abnormale Fluglage und schien in Schwierigkeiten zu sein, flog schaukelnd vorwärts, ein wenig, so sagte man mir, wie ein Kreisel gegen Ende der Drehbewegung, wenn er anfängt zu wackeln und dann torkelt, um kurz darauf plötzlich anzuhalten. Hauptmann Attilio, Kommandant der Fliegerstaffel, befahl diesem unbekannten Luftfahrzeug, ihm zu folgen, sowohl per Funk auf Italienisch und als auch auf Französisch⁶, als auch durch die Flugpositionen, die diesen Befehl visuell darstellen; jedoch reichte die Zeit weder aus, das Luftfahrzeug zum nächsten Flughafen zu begleiten, noch es abzuschießen, was möglich gewesen wäre, weil sie sich mittlerweile außerhalb von Mailand befanden: Trotz der Schwierigkeiten, in denen der Flugkörper zu sein schien, beschleunigte der ausländische Pilot plötzlich das diskusförmige Flugobjekt auf eine Geschwindigkeit, die unsere Leute auf tausend Stundenkilometer geschätzt haben.
„Tau…!”
„Ja, Duce, auf keinen Fall weniger. Und das ist ziemlich sicher, denn mir wurde von ihrem Kommando bestätigt, dass es sich um Piloten mit nachgewiesener Erfahrung und Fähigkeiten handelt, angefangen beim Staffelführer”.
„Wie schnell fliegen unsere Flugzeuge?"
„Äh ... Duce, sie sind wirklich schnell, aber sie erreichen höchstens bis zu zweihundertsiebzig pro Stunde. Aus meinen Quellen bei Fiat weiß ich, dass dort in Turin mit einem neuen Modell, dem CR 32, Experimentierflüge durchgeführt werden. Aber selbst dieser Doppeldecker, obwohl er schneller ist, kommt nicht einmal annähernd an dieses unbekannte Flugzeug heran und erreicht nicht mehr als 375 Stundenkilometer. Außerdem gibt es derzeit nur einen experimentellen Prototyp, der frühestens nächstes Jahr in Serie gehen soll.
„Ein sehr schwerer Imageschaden und eine militärische Gefahr für Italien!“ antwortete Mussolini mit zusammengebissenen Zähnen. Wir können es uns nicht leisten, bei der Innovation in der Luftfahrt zurückzustehen! Hören Sie, Bocchini, in der Zwischenzeit werde ich Balbo anrufen, damit er dem Luftkommando im Norden sofort befehlen kann, andere Geschwader hochzuschicken: Vielleicht kann irgendjemand dieses Ding wieder ausfindig machen und diesmal sogar abschie...”
„…nein, Duce, entschuldigt…”
„Wie, nein?!!!“
„Entschuldigt, ich meinte, das Flugobjekt ist bereits abge…”
„...das konnten Sie doch sofort sagen!!!!
„Äh,…ja, Duce, eigentlich war ich dabei es Euch zu sagen”.
„Los! Reden Sie!“
„Nachdem wir es aus den Augen verloren haben, konnte sich diese Art fliegender Teller nicht lange verstecken, bald danach ist er mitten auf freiem Land gelandet oder besser gesagt, er fiel die letzten Meter im freien Fall, als ob der Motor plötzlich ausgefallen wäre, auf ein Weizenfeld zwischen den Orten Sesto Calende, Varese und Vergiate, dem letztgenannten am nächsten”.
„Wer hat es gesehen?“
„Ein gewisser Annibale Moretti, ein Landwirt, der Grundstücke besitzt, auch das Feld neben dem Aufprallstandort: ein Faschist der ersten Stunde, der den Marsch nach Rom mitgemacht hat. Er war gerade mit dem Fahrrad zu seinem Feld unterwegs, um den Reifegrad des Getreides zu kontrollieren, hörte ein Zischen, hob den Kopf und konnte dem Sturz dieses Flugkörpers folgen und die Auswirkungen auf das angrenzende Feld sehen. Er näherte sich nicht aus Angst vor einem nachfolgenden Brand und einer Explosion, was jedoch nicht geschah. Dann fuhr er schnell mit dem Fahrrad zurück und machte Meldung beim Ortskommando der Königlichen Carabinieri, unter der Leitung von Stabsfeldwebel Amilare Palumbo. Letzterer aktivierte sich sofort, hielt in der Station nur die für die öffentliche Ordnung unbedingt notwendigen Männer fest und ließ den Transit von Zivilfahrzeugen im Aufprallbereich blockieren. Glücklicherweise konnte man von der nächstgelegenen Straße aus, einer Staatsstraße, nichts von dem Flugobjekt sehen, denn sie verläuft vierhundert Meter weit weg und es stehen Bäume dazwischen. Während neben der Aufprallstelle, wie man mir sagte, nur ein unbefestigter Weg entlangführt, auf dem dieser Moretti mit dem Fahrrad fuhr und wo selten jemand vorbeikommt. Der Flugkörper wurde von Männern der drei Sicherheitskräfte umstellt, während eine Militäreinheit Centuria7 der Miliz, die aus der nahegelegenen Giovanni-Berta-Kaserne anrückte, anfing, die Felder und Wälder in der Gegend und dann, Gebäude für Gebäude, auch Vergiate zu durchsuchen“.
„...und dieser Moretti? Wird er herumgehen und reden?"
„Nein, Duce: Palumbo hielt ihn unter dem Vorwand zurück, dass er bei der Erstellung eines Berichts behilflich sein müsse. Auf seinen Befehl, der offensichtlich nicht in Anwesenheit Morettis gegeben wurde, setzte sich ein Gefreiter an den Schreibtisch und nahm mit studierter Langsamkeit beim Tippen, Fragen, Schreiben, Korrigieren und so weiter den Bericht auf. Unterdessen informierte der Oberfeldwebel die anderen Polizeikräfte und die Miliz und befahl seinem Stellvertreter, einem gewissen Wachtmeister Aldo Pelassa, sich an den Ort zu begeben, um den Verkehr zu stoppen und ein Fahrzeug zu platzieren, dann bat der Oberfeldwebel um weitere Befehle von seinen Vorgesetzten. Bevor sie antworteten, warnten sie mich angesichts der heiklen Situation, und ich schickte direkt an den Oberfeldwebel den Befehl, den Zeugen unter dem Vorwand einer eingehenden Untersuchung in die Berta-Kaserne der Miliz zu bringen, damit er gut bearbeitet werden kann, was er sagen soll. Eben rief mich der Erste Seniore8 Ilario Trevisan, Kommandant der Kohorte9, an, dass Moretti eingetroffen ist und im Verhörzimmer der Wache wartet. Nun, Duce, erwarte ich Eure direkten, präzisen Anweisungen in dieser Hinsicht, um sie an Trevisan zu übermitteln".
„Mhm... dieser Moretti, sagten Sie, ist ein Faschist der ersten Stunde und das muss man berücksichtigen....aber wenn er quatscht, zumindest im Moment... Also, hören Sie zu, Bocchini, ihr macht Folgendes: Lasst ihn gehen, aber erst nachdem wir die Notiz verbreitet haben, die uns passt: Lassen Sie, wie üblich durch die Stefani, über Radio und Zeitung verbreiten, dass ein Meteorit vom Himmel gefallen ist; und in der Zwischenzeit bearbeitet ihr Moretti entsprechend".
Stefani war die offizielle Presseagentur des Regimes, die dafür zuständig war, den Medien die gewünschten Informationen auf die vorteilhafteste Weise zur Verfügung zu stellen und deren Verbreitung akribisch zu kontrollieren sowie die Sperrung aller unerwünschten Informationen anzuordnen, die leider begannen, sich zu verbreiten. Sie stand unter der Leitung des faschistischen Journalisten Manlio Morgagni, der, wie Mussolini, aus Forlì stammte.
„Wie Ihr wünscht, Duce", sagte Bocchini.
„Jetzt erzählen Sie mir von dem Piloten des Flugzeugs."
„Es waren drei Menschen drin, alle tot: zwei männliche Leichen und eine Frau, alle in leichter Kleidung, die wir so schnell wie möglich von Chemikern analysieren werden lassen: Sie trugen Mokassins und Hemden und Hosen, sogar die Frau, Kleidung wie die, die man im Urlaub am Strand trägt, manchmal auch die moderneren Damen..."
„...lockere Weiber“.
„Ja, Duce. Es ist keine Uniform, denn die Farben der Kleidung sind unterschiedlich; einer der Toten war ganz in Schwarz gekleidet, die Frau mit grünem Hemd und blauer Hose und der zweite Mann in Gelb und Grau.
„Sie wollten wohl sofort danach an den Strand gehen", scherzte Mussolini, um die Unruhe, die ihn ergriffen hatte, abzuschütteln.
Der Leiter der OVRA hatte es nicht begriffen: „Duce, es ist möglich, dass in diesem Fahrzeug die Motoren viel Wärme erzeugen und deshalb..."
„...was Sie nicht sagen, Bocchini"
„ E...entschuldigt, Duce, ich hatte nicht ver,.."
„...jaa, schon gut, kommen wir wieder zum Ernst der Sache: Für mich sind diese Drei Spione, nicht einfache Tester. Zu schade, dass sie tot sind und Ihre Männer sie nicht richtig befragen können, vorausgesetzt, dass es keine anderen Lebenden mehr gibt, natürlich: Halten Sie es nicht für möglich, dass jemand aus dem Flugzeug gestiegen sein und sich versteckt halten könnte?"
„Duce, zuerst gab es den gleichen Verdacht von unserer Seite und auch in starkem Maß, wenn man bedenkt, dass dieses diskusförmige Flugobjekt vier Sitze hat; aber man kann davon ausgehen, dass es keine Überlebenden gibt, weil das ganze Gebiet und sogar die Stadt Vergiate von der Miliz durchgekämmt wurden: Es wird angenommen, dass einer der Sitze nicht besetzt war.
„Mhm… ja, das ist möglich. Davon abgesehen, Bocchini, sage ich Ihnen, dass mir die Anwesenheit einer Frau im Flugzeug etwas seltsam erscheint, auch wenn es auf der Welt weibliche Flugzeugpiloten gibt, auch sehr außergewöhnliche Persönlichkeiten" - Mussolini liebte Superlative, noch besser, wenn sie übertrieben waren - „wie diese amerikanische Fliegerin, von der Sie mir erzählten, die letztes Jahr allein den Atlantik überquerte... wie hieß sie doch gleich?“
„Amelia Earhart10 ”.
„Ach ja... sie wird es doch nicht sein oder?"
„Wir überprüfen das gerade, Duce. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass wir seit Kurzem auch eine heldenhafte Pilotin haben, die 22-jährige Carina Negrone, aus den Marken, die gerade heute Morgen zufällig ihren Flugschein in Genua erhielt und mit einem Caproncino-Wasserflugzeug vom Meer unterhalb Lanterna abgeflogen ist".
„Gut Bocchini! Gute Nachrichten für die Propaganda! Die Frau hat nachgewiesenen faschistischen Glauben, oder?"
„Eine Patriotin, Duce, und sie wurde von einem pensionierten Militärpiloten, einem Helden des Ersten Weltkriegs, ausgebildet: von dem Industriellen Giorgio Parodi aus Genua".
„Kenn‘ ich, kenn‘ ich. Sehr gut: In der Zwischenzeit befehle ich Ihnen, über Stefani für die Tatsache der mutigen italienischen Fliegerin zu werben: Die Nachricht wird dazu beitragen, die Zeitungen von diesem unbekannten Flugobjekt abzulenken, denn die Tatsache würde das Image unserer Luftfahrt sicherlich nicht positiv beeinflussen. Gleichzeitig unterbinden wir Nachrichten über das diskusförmige Flugobjekt, indem wir die Zeitungsente eines Meteorits verbreiten. Bislang war unsere Luftwaffe die erste der Welt, und die Welt muss das auch weiterhin denken. Tausend Kilometer in der Stunde! Das sind Jules Verne-Geschichten! Das sollten wir auch schaffen, was?"
„Natürlich, Duce", versicherte Bocchini, auch wenn er mit der Luftfahrt so viel zu tun hatte wie Salami mit Erdbeeren und Sahne.
„Hätten Sie es mir nicht gesagt, würde ich es nicht glauben; tausend Kilometer pro Stunde: gewaltig! Aber um auf die tote Frau zurückzukommen: Ihre Anwesenheit im Flugzeug bestätigt, was ich vorher gesagt habe“.
„?”
„...aber jaaaa, dass es sich um Spionage handelt! Die Frau als solche konnte keine Soldatin sein, wenn überhaupt, eine Dolmetscherin oder etwas Ähnliches, von einem Geheimdienst".
„Ja, Duce. Ich werde ermitteln. In der Zwischenzeit, wenn Ihr gestattet, werde ich Euch weiterhin Bericht erstatten".
„Fahren Sie fort."
„Die drei Leichen wurden mit ebenso vielen Krankenwagen in die Leichenhalle des Mailänder Militärkrankenhauses eingeliefert, wo sie in Erwartung einer Autopsie untergebracht wurden. Gleichzeitig kamen Spezial-LKWs und Mobilkrane der Luftwaffe mit großen Spikes oder Raupen für nicht asphaltierte Gelände an den Aufprallpunkt. Das Luftfahrzeug wurde aufgeladen und die Fläche gesäubert, offensichtlich nachdem der Verkehr auf der gesamten Strecke umgeleitet wurde, da das diskusförmige Flugobjekt fast die gesamte Breite der Straße einnahm".
„Schäden an den Erntefeldern?"
„Äh, ja, Duce, durch die Kettenfahrzeuge und Spikereifen, und es gibt bis zur asphaltierten Straße nur den Weg über die Felder auf beiden Seiten, die erheblichen Schaden erlitten haben.
„Wir werden die Eigentümer entschädigen. Ich werde den örtlichen Präfekten informieren...... welche Provinz?"
„Varese, Vergiate ist in der Provinz Varese."
„Ach ja, Varese. Ein Foto von dem diskusförmigen Flugobjekt?"
„Ja, Duce, es wurden viele Fotos gemacht."
„Will ich sofort sehen."
„Sie werden gerade ausgedruckt, Duce. Spätestens morgen früh, per Express-Kurier der öffentlichen Sicherheit, liegen sie auf Eurem Schreibtisch.
„Gut. Fahren Sie fort“.
„Das Luftfahrzeug wurde unweit des Landeplatzes zu den Einrichtungen der ehemaligen elektrochemischen Werkstätten Dr. Rossi gebracht, die vor einiger Zeit von der Flugzeugindustrie SIAI Marchetti gekauft und in eine Flugzeugfabrik umgewandelt wurden. Neben der Anlage hat SIAI in Absprache mit dem Luftfahrtministerium und unter Beteiligung der Luftfahrtingenieure eine Start- und Landebahn für Testflüge vorbereitet".
„Und die Sicherheit?"
„Eine Schar Soldaten11 der Miliz der Berta-Kaserne bewachen sowohl das diskusförmige Flugobjekt als auch die Startbahn; ich habe zwei Oberfeldwebel der OVRA an ihre Seite gestellt, die mir täglich Bericht erstatten werden".
„Alle müssen immer frisch und ausgeruht sein, um keinen einzigen Moment unachtsam zu sein. Wird ihre Schicht 24 Stunden dauern?"
„Nein, Duce, ich wechsle die Schar und meine Männer alle zwölf Stunden, sodass alle immer auf der Hut sind."
„In Ordnung. Hören Sie, Bocchini, es ist nicht notwendig, darauf hinzuweisen, dass diese Tatsache heute absolute Priorität hat. Es muss der Presse sofort verboten werden, über das Geschehene zu berichten, es darf nur von diesem natürlichen Meteoriten die Rede sein und es muss auf diesem Märchen bestanden werden, auch wenn wahre Nachrichten bereits von einigen Medien gesammelt wurden. Sie tun dies über Stefani und die sollen die Journalisten wissen lassen, dass die Autoren, wenn auch nur geringste Abweichungen verbreitet werden, dem Sondergerichtshof für Staatssicherheit gemeldet werden".
Der schwerwiegende Effekt dieser Meldung hätte die politische Gefangenschaft auf der kleinen Insel gegenüber Ventotene bedeutet. Sie diente dem erzwungenen Aufenthalt von nicht angepassten Kulturexponenten und Journalisten, die nicht pflichttreu auf die Befehle der Presseagentur Stefani hörten.
„Ciao, Bocchini. Ich melde mich“, schloss Mussolini.
Nachdem das Oberhaupt der OVRA auf die Verabschiedung geantwortet und den Hörer aufgelegt hatte, nahm er den Hörer eines anderen Gerätes auf, das in direkter Verbindung mit der Zentrale der Stefani-Agentur stand, und gab die strengen Vorgaben, die er vom Großen Chef erhalten hatte, weiter. Er befahl, dass diese Befehle umgehend an alle Medien zu telegrafieren seien.
Das Mailänder Büro der Agentur wurde unverzüglich aktiviert, nicht nur, weil es dem Landeplatz am nächsten lag, sondern auch weil der Leiter von Stefani, Manlio Morgagni, in Mailand wohnte und diese Sektion als ebenso wichtig, wenn nicht sogar als wichtiger, wie die von Rom angesehen wurde.
Unmittelbar danach erhielt das Observatorium Brera von Bocchini persönlich den telefonischen Auftrag, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um der Presse das „wissenschaftliche Bulletin" zu übermitteln, das die Natürlichkeit des am Himmel von Mailand zu sehenden Objektes bescheinigte, ein Meteorit, der dann auf freiem Land in den Boden eingeschlagen war. Darauf folgte ein sofortiges Bestätigungsschreiben an den Direktor der Beobachtungsstelle, das von einem Kurier der öffentlichen Sicherheit per Hand zugestellt wurde: Ein Brief, nur zur Einsichtnahme und sofortigen Rückgabe an den Überbringer, der ihn an die OVRA zurückgab, welche diesen unter den als strikt geheim definierten Dokumenten archivierte.
Kapitel 2 (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)

Sie wollten lange Zeit auf diesem blauen Planeten bleiben, der nur etwas kleiner als der in ihrer Welt war, und Meere und Kontinente hatte.
Unmittelbar nachdem das Zeitraumschiff in eine normale Umlaufbahn gebracht worden war, starteten die Chrononauten Inspektionssatelliten, um alle biologischen Formen zu kartieren und auszumachen. Nach der Analyse der Daten fanden sie Tierleben in den Ozeanen und den großen Wasserseen, aber nicht auf dem Land, obwohl Spuren einer inzwischen ausgestorbenen Zivilisation festgestellt wurden. Die Vegetation auf dem weitgehend wüstenähnlichen Festland reichte von Moosen bis hin zu Büschen und Sträuchern und in den Gewässern und an der Oberfläche von Algen bis hin zu Seerosen: In dieser Welt gab es keine komplexeren Pflanzenformen.
Die wissenschaftlichen Entdecker waren auf Explorationsscheiben abgestiegen, die sich nach dem Prinzip der Antigravitation bewegten, indem sie die Sonnenenergie des nächststehenden Sterns nutzten und, als Reserve, die durch die Kernfusion im Zeitraumschiff erzeugte und in den Akkumulatoren der Shuttles gespeicherte Energie. Jede Scheibe verfügte serienmäßig über vier Raketen mit Bomben, zwei leistungsstarke desintegrierende und zwei mit thermischer Fusion, die außer in Extremfällen nicht als Waffen eingesetzt werden sollten, sondern für wissenschaftliche Arbeiten dienten, zum Beispiel für die Öffnung des Bodens zwecks geologischer Untersuchungen. Wenn überhaupt konnte jedes Luftfahrzeug im Falle der Feindseligkeit von Eingeborenen oder der Anwesenheit von Tieren auf den Landeplätzen, die zudem auf diesem Planeten nicht vorhanden waren, betäubende und vorübergehend lähmende Strahlen werfen. Für die persönliche Verteidigung war jeder Forscher mit einer kleinen, aber hochwirksamen lähmenden Waffe ausgestattet. Jedes Crewmitglied verfügte auch über einen eklektischen Mikroprozessor für die unterschiedlichsten Bedürfnisse, der je nach den psychologischen Merkmalen seines Trägers entweder im Gehirn implantiert worden war und durch Gedanken aktiviert werden konnte oder in der Tasche und am Gürtel aufbewahrt wurde und durch die Eingabe von Worten aktiviert und verwendet werden konnte. Jeder trug schließlich einen kleinen Behälter mit elektronischen, durch die Stimme aktivierbaren Spionagefliegen bei sich. Sie dienten der Erforschung des Territoriums in nahezu unsichtbarer Weise, da sie als einfache Insekten getarnt umherflogen.
Im Ozean und in den Seen des fremden Planeten hatten die Astrobiologen zahlreiche lebende Exemplare verschiedener Wasserlebewesen gefangen, die sie in zwei großen Becken mit Salz- und Süßwasser in der Zigarre (wie das chronokosmische Raumschiff von der Crew familiär genannt wurde) aufbewahrten. In diese Becken wurden auf ökologische Weise Wasserpflanzen eingepflanzt.
Die Historiker und Archäologen der Expedition konzentrierten sich auf Überreste und andere Funde der verschwundenen Zivilisation in der Umgebung des Landeplatzes. Sie untersuchten und fotografierten Inschriften auf Denkmälern und Grabsteinen, an den Innenwänden von Gebäuden und an handwerklichen Gegenständen. Auf dem Festland fanden sie Knochenreste von Vierbeinern und Zweibeinern unterschiedlicher Größe und, was von besonderem Interesse war, Skelette, die an Form und Größe, ohne weitere Ähnlichkeiten aufzuweisen, an die der Wissenschaftler erinnerten: mit zwei Füßen, zwei Händen und zwei Augen, nach der Position der Augenhöhlen zu schließen, mit stereoskopischem Sehfeld. Die Skelette lagen auf den Straßen, in Schrottresten von Autos, in verfallenen Hallen und auf weiten, mit dichten Büschen und Moos bewachsenen und mit Flugzeugkadavern bedeckten Flächen, die in der Vergangenheit Flughäfen gewesen sein mussten. In den Behausungen, wo die vorherrschende Art gelebt haben muss, waren Keramikgeschirr, Trinkgläser, Aluminiumtöpfe und andere Küchenutensilien sowie Reste von Kühlschränken, Waschmaschinen, Radios und Fernsehern vorgefunden worden. In einigen Gebäuden bargen die Forscher Notizbücher und Bücher, teils mit dünnen und sehr zerbrechlichen vergilbten Seiten, mit verblassten oder sogar ganz verschwundenen Beschriftungen, teils mit Blättern von besserer Qualität, die dank besserer Tinten dem Lauf der Zeit ausreichend widerstanden hatten und, obwohl sie mit Flecken und Schimmel bedeckt waren, deutlich lesbar waren. Einige dieser handschriftlichen Funde bestanden aus mathematischen Berechnungen. In einer besonders beachtenswerten Wohnung war ein Gemälde auf dem Boden gefunden worden, neben dem, was von einem rostigen Nagel übrig geblieben war, der jetzt fast vollständig in Pulverform übergegangen war und sich, wer weiß wann, von der Wand gelöst und das Bild mit sich genommen hatte. Wahrscheinlich war es einmal ein Vorzimmer. Im selben Raum wurde auch ein Audiogerät mit einer Tonaufzeichnung in gutem Zustand gefunden. Daneben lagen, auf dem Boden ausgestreckt, zwei Skelette, eines von einem Erwachsenen, noch immer in Kleidung gehüllt, die jetzt von der Witterung verfallen war, und das andere, ohne Kleidung, von einem Neugeborenen oder vielleicht von einem Fötus. In einem Raum, der wohl ein Vorführraum war, wurden Filmrollen gefunden, die auf den ersten Blick ruiniert waren; aber auf dem Projektor waren durch vorsichtiges Drehen zwei Filmabschnitte entdeckt worden, die noch in gutem Zustand zu sein schienen. Sie waren dem Experten für Videorestaurierung übergeben worden. Die Klänge der Filme waren jedoch unwiederbringlich, denn die Tonspuren, die nicht optisch, sondern magnetisch und damit besonders zerstörbar waren und entlang der beiden Kanten der Filme liefen, waren komplett beschädigt: Der Ton muss stereophon gewesen sein. In einem der beiden Filmrollenabschnitte, dem am wenigsten beschädigten und dem ersten, der restauriert und über den Computer abgespult wurde, konnten die Wissenschaftler eine Straße mit Fußgängern auf den Bürgersteigen und einen nicht sehr dichten Fluss von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren beobachten, mit ähnlichen Formen wie die aufgefundenen Überreste von Autos und Lastwagen. Nachdem der zweite wiederherstellbare Abschnitt des Films restauriert und die Bilder auf einen Computer übertragen worden waren, war ein Ferienlager mit nackten Menschen zu sehen.
Kapitel 3 (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)

Am frühen Morgen des 14. Juni 1933 durfte der „Faschist der ersten Stunde" Annibale Moretti, nach einer schlaflosen Nacht, bis auf wenige kurze Momente, in denen er auf einem Stuhl vor sich hin gedöst hatte, mit den entsprechenden Anweisungen versehen und unter vielen Dankesbezeugungen für seine Mitarbeit, die Kaserne Giovanni Berta verlassen und nach Hause gehen.
Sein Fahrrad war auf der Station der Carabinieri geblieben, weil er am Tag zuvor mit einem Kleinlaster in die Garnison der Miliz gebracht worden war. Moretti hatte sich damit abgefunden, den ganzen Weg nach Hause, etwa zehn Kilometer von der Kaserne, zu Fuß zu gehen, weil niemand, vom Kommandanten bis zum Oberadjutant, vom Hauptmann, der für die Sicherheitsabteilung zuständig war, bis zum Offizier an der Wachpostenlinie, es sich hatte träumen lassen, ihm entgegenzukommen und eine motorisierte Begleitung zu befehlen. Sie hatten ihm nicht einmal etwas zu essen gegeben, weder Abendessen am Vorabend noch ein Frühstück an diesem Morgen, zusammen mit der Truppe oder sogar- wie Hannibal im Stillen gehofft hatte - im Unteroffizierskasino oder besser noch, bei den Offizieren. Mit leerem Magen machte er im ersten Café mit dem Namen „La Megasciada" halt: Es war eigentlich eher eine Trani12 als ein Café, aber es verfügte über eine neapolitanische Kaffeemaschine13 für die ganz wenigen Abstinenzler und nachts für die, die zu betrunken waren, um zu ihren Frauen nach Hause zu gehen, ohne zuerst einen guten Liter „Weinkiller“ geschluckt zu haben. Es war 8.00 Uhr morgens, als Moretti sich hinsetzte und Kaffee und Brot bestellte. Er hatte gesehen, dass sich ein Radiogerät im Raum befand und gebeten, die Nachrichten hören zu dürfen. Man hatte ihm seinen Wunsch erfüllt und Hannibal hörte, wie er anonym zitiert wurde und die Mitteilung, die er zu hören gehofft hatte: „ ... und der Meteorit wurde zuerst von einem braven Bauern gesehen, Faschist schon vor dem Marsch auf Rom, der sofort mit dem typischen Gehorsam des wahren Faschisten Mitteilung machte! Die Königlichen Carabinieri bargen zusammen mit anderen Polizeikräften das, was vom Himmelskörper übrig blieb und übergaben es der Wissenschaft“:
Die Nachricht von diesem Meteoriten war seit dem Vorabend durch den EIAR14 und die Nachmittagsausgaben der Tageszeitungen und am nächsten Morgen durch die Radionachrichten verbreitet worden. Hannibal war nicht überrascht, von dem Meteorit zu hören, denn in der Kaserne Berta war er wiederholt von verschiedenen Offizieren aufgefordert worden, einen Satz einzustudieren, der von einem Meteoriten handelt und von Kommandant Trevisan am vorangegangenen Nachmittag in Blockschrift auf ein Stück Papier geschrieben, aber zuvor von dem gewissenhaften Bocchini entworfen und telefonisch mitgeteilt worden war. Es war eine kleine pedantische Exerzieraufgabe, die in der Öffentlichkeit und in der Familie wiederholt werden sollte: „Es handelt sich um eine himmlische Feuerkugel, um ein natürliches Objekt, das vom Himmel gefallen ist, aber nicht rund, sondern mit der seltsamen Form eines scheibenförmigen Steins, ein wenig wie die Steine, die man über das Wasser schleudert, um sie zum Hüpfen zu bringen, nur viel größer". Früh am Morgen hatten zuerst der wachhabende Oberscharführer, dann der für Sicherheit und Nachrichten zuständige Hauptmann und schließlich Major Trevisan, der zu diesem Anlass früher von zu Hause angekommen war, den Bauern gewissenhaft befragt. Er hatte jedes Mal bewiesen, dass er die Exerzieraufgabe genau verstanden hatte. Auf die präzise Frage des Kommandanten, der ihn kurz vor seiner Entlassung verhörte, hatte er versichert, dass er das genau so und nie anders sagen würde und fügte zur besseren Glaubwürdigkeit hinzu: „Ja, aber natürlich, es ist eindeutig, dass es sich um einen großen flachen Stein vom Himmel handelt, ist doch klar! Das ist so offensichtlich, Herr Major!“ In seinem Herzen jedoch hatte der Mann, der über einen feinen Scharfsinn verfügte, obwohl er nur die Grundschule besucht hatte, es nicht wirklich geschluckt und war weiterhin überzeugt - von wegen himmlische Feuerkugel! Er war ja nicht blöd! - dass es sich um ein wunderbares und außerordentliches Luftfahrzeug handelte, geformt wie eine seltsame Scheibe und sehr geheim, jawohl zu Befehl, und kein natürliches, vom Himmel gefallenes Objekt.
Ebenfalls an diesem Morgen des 14. Juni 1933, zur gleichen Zeit, als Moretti sein Frühstück in der Kneipe einnahm, hörte Mussolini die Nachrichten im Radio und dachte in seinem Büro erneut über dieses unbekannte Luftfahrzeug nach: „Französischer, englischer oder deutscher Prototyp? „ Deutschland", sagte er zu sich selbst, „erscheint mir unwahrscheinlich; dieser hysterische Charlot-Schnurrbart ist erst seit einigen Monaten an der Macht und vorher haben die Deutschen bei all den Bordellen, die dort oben waren, sicherlich nicht daran gedacht, neue Flugzeuge zu entwerfen15. Aber jetzt schafft der Schnauzer16 Adolf schnell Ordnung”: Mussolini mochte diesen ihn verehrenden politischen Nachahmer nicht, der sich in der Öffentlichkeit hysterischen Ausbrüchen hingab und, wie ihm die Geheimdienste zukommen ließen, in gewissen Momenten privat der schwersten Melancholie verfiel, voller Angst um das Urteil der Welt und voll von Minderwertigkeitsgefühlen, etwas absolut Unvorstellbares für ein überschäumendes Vollblut wie der Duce, der sich der Bewunderung für seine Person sicher, ja vollkommen sicher war, vor allem der von Regierungschefs und Ministern anderer Nationen, wie der britische Finanzminister Winston - Winnie - Churchill, der ihn 192917 in Rom besucht hatte und den er Sigarone nannte - „großer Raucher von Montecristo-Zigarren Nummer 1" - hatten ihm die effizienten Geheimdienste der OVRA berichtet –; aber vom Schnauzer Adolf bewundert zu werden, gefiel ihm überhaupt nicht.
Doch es war gerade Mussolinis Vorbild, das die Handlungen Adolf Hitlers nährte, für den Duce der Schnauzer, Führer einer dem Faschismus ähnlichen Bewegung, die auf den Fundamenten einer winzigen deutschen Arbeiterpartei aufbaute und dann zur nationalsozialistischen Partei wurde. Sie brachte all das zum Ausdruck, was unter der deutschen Niederlage gewalttätig anormal brodelte. An erster Stelle der klassische strenge Militarismus und der Rassismus, wonach der Führer mit seinem Charlie Chaplin-Schnurrbart mit starker Hand beim Aufbau seines verheerenden Konzeptes gegriffen hatte, das ihn am 31. Januar desselben Jahres 1933 an die Spitze Deutschlands brachte, im gleichen Jahr, als in Italien im Juni die fliegende Untertasse sichergestellt wurde.

Das weiße Telefon des Duce klingelte. Obwohl es bereits nach 19 Uhr war, befand sich Mussolini noch in seinem Amtszimmer.
Es war Bocchini: „Duce, ich grüße Euch!“
„Neuigkeiten?“
„Wir kennen die wahrscheinliche Nationalität der drei Leichen“.
„Bravo! Wie hat man das herausgefunden?“
„Dank der Funktionsbeschriftungen im Flugobjekt, alle in englischer Sprache und weitere Aufschriften in der gleichen Sprache auf den Etiketten der Unterwäsche der drei Toten. Leider gibt es keine Firmenadressen Großbritanniens oder eines anderen englischsprachigen Landes auf den T-Shirts und der Unterwäsche, aber Großbritannien scheint angesichts ihrer Macht und der aktuellen politischen Situation die wahrscheinl..."
„...natürlich! Großbritannien ist sehr wahrscheinlich! Die sind Meister des Schnüffelns in den Häusern anderer Leute, auch wenn es wahr ist, dass Sigarone große Sympathie für mich empfindet, ist er dennoch ein englischer Patriot. Nun, Bocchini, du weißt, wie du mit den Diensten der OVRA umzugehen hast, um das Militär kümmere ich mich".
„Stets zu Euren Diensten, Duce, aber ich habe noch ein paar Dinge zu sagen."
„Reden Sie“.
Zuerst einmal erwies sich Eure Annahme als korrekt, dass es sich nicht um eine technische Prüfung, sondern um Spione handelte. In einem Innenfach des Flugobjektes wurde weitere Zivilkleidung gefunden, wie man sie in der Stadt trägt, keine, sagen wir, Urlaubskleidung, wie sie die Toten trugen und, vor allem, faschistische Uniformen.
„Ach! Sie wollten landen, sich verkleiden und spionieren, diese Henker! Wurden entwickelte Filmrollen und Filme im Luftfahrzeug gefunden?“
„Nein, Duce, es wurden keine gefunden und auch keine unbenutzten Filmrollen, Kameras oder Filmkameras. Und hier ist die andere Sache: Mehrere kleine externe Objektive wurden gefunden, über und unter dem Flugobjekt und in seiner Umgebung, die die Besonderheit haben, nicht mit Kameras, sondern scheinbar durch Funkwellen mit internen Geräten verbunden zu sein, die Funkgeräte zu sein scheinen, aber seltsamerweise keine Röhren haben.“
„Ein Radio ohne Röhren?! Was haben die denn da erfunden diese verrückten Engländer?“
„Es könnten Kameras für die Aufnahme und Funkübertragung von Bildern sein, wie die des britischen experimentellen Fernsehens, die die Theorie der Spionage durch diese Nation unterstützen würden, aber, Duce, es sind kleine Radiokameras18, ja sehr kleine, keine Riesendinger, wie die, die wir heimlich bei der BBC19 fotografiert haben.”
„Hier muss Marconi her, was?“
„Ja Duce“.
Guglielmo Marconi war der Erfinder des drahtlosen Telegrafen und einer der Väter des Funksystems. Er war eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Regimes, seit September 1930 Präsident der Italienischen Akademie, Nobelpreisträger für Physik und unter anderem Admiral der Königlichen Marine, in der er nach einem kurzen Zwischenspiel im Geniekorps während des Ersten Weltkriegs gekämpft hatte.
„Bocchini, was meinst du, ob sie wohl Fotos und Filme nach England übertragen wollten?
„Der Verdacht erscheint mir berechtigt, Duce“.
„...und leider ist Marconi jetzt auf See und macht Experimente. Welches Gebiet durchquert sein Schiff gerade?“
„Der Admiral ist auf dem Rückweg; er befindet sich im Indischen Ozean, nahe dem Roten Meer, aber wir haben von ihm selbst per Funk erfahren, dass er seinen Anker noch ein paar Mal setzen wird, um weitere geplante Experimente durchzuführen".
„Ich kann nicht um seine Rückkehr bitten, seine Experimente sind stets von grundlegender Bedeutung für Italien, aber sobald er wieder in der Heimat ist, werde ich ihn befragen. Halten Sie mich in der Zwischenzeit ständig über alle Entwicklungen im Zusammenhang mit diesem ausländischen Luftfahrzeug auf dem Laufenden, rufen Sie mich auch in Villa Torlonia an, wenn Sie es für nützlich halten; besser gesagt, tun Sie es auf jeden Fall bei Sichtung weiterer seltsamer Luftfahrzeuge. Tschüs, Bocchini und… tüchtig, tüchtig!”
Mussolini20 befahl den militärischen Geheimdiensten sofort, in Großbritannien besonders wachsam zu sein, ohne die anderen englischsprachigen Industrienationen zu vernachlässigen, und insbesondere nach Flugzeugen in Form einer Scheibe, filmlosen kinophotographischen Maschinen und Funkgeräten ohne Röhren, die Bilder senden konnten, zu forschen.
Noch am selben Abend, kurz vor dem Verlassen seines Büros und seiner Rückkehr in Villa Torlonia, veranlasste der Duce impulsiv - wie so oft - seinen Schwiegersohn Gian Galeazzo Ciano21, Graf von Cortellazzo und Buccari aus China zurückzubeordern, der als bevollmächtigter Generalkonsul mit seiner Frau, Gräfin Edda, geb. Mussolini, in Shanghai lebte: Die Idee, ihn mit Hilfe von Bocchini und der Stefani mit der Leitung des Pressebüros zu beauftragen - dem römischen Organ, das für die Kontrolle und Leitung der Medien zuständig ist - war dem Duce plötzlich in den Sinn gekommen, um sich, wie er seiner Frau Rachele bei seiner Rückkehr zum Abendessen mitteilte, die Leitung der Informationsüberwachung „direkt ins Haus zu holen“. Die Gemahlin hatte nur gemurmelt, und es war nicht das erste Mal, dass dieser ehrgeizige azidèint d'ànder in cà 22, und dann noch mit diesem nicht sehr männlichen Stimmchen, ihr nicht besonders gefiel!

Am späten Mittag des 14. Juni hatte Annibale Moretti, als er nach Hause kam, die unglückliche Idee, seiner Familie die Wahrheit über das diskusförmige Flugobjekt zu enthüllen; und am selben Abend hatte sein einziger Sohn, ein 19-jähriger, der kurz vor dem Einzug zum Militär stand, nach dem Abendessen die sehr schlechte Idee, seiner Freundesclique davon zu erzählen. Sie trafen sich im „Rebecchino", der Dorfkneipe, in der sich unter anderem die Feldarbeiter seines Vaters versammelten, einst fanatische Kommunisten und Hasser des Patrons, die dann mit Gewalt dem Regime unterworfen und schließlich, wie viele andere ländliche Proletarier und Arbeiter, von Mussolini mit bestimmten Vorteilen umschmeichelt wurden, die ihnen gewährt wurden, wie z.B. Freizeitclubs und Reiseveranstaltungen der nationalen Einrichtung „Dopolavoro“ oder Kindergärten und Ferienkolonien für ihre Kinder am Meer oder in den Bergen. Am nächsten Morgen erzählten Morettis Feldarbeiter, aufgrund ihrer Geschwätzigkeit und ihres unkontrollierbaren Neides auf ihren Patron, der trotz der konsolidierten Unterwerfung unter den Faschismus nach wie vor begierig nach „Luft“ schrie, überall und zu allererst den Stadtwachen, dass ihr Patron Lügen so groß wie ein Haus erzählt habe, weil er keinen flachen Stein gesehen habe, sondern ein feindliches Flugzeug in Form einer Scheibe, die in der Nähe eines seiner Felder gefallen sei. Kurz gesagt: Das hatte Folgen! Annibale Moretti war von zu Hause weggeholt und in eine Nervenheilanstalt interniert worden: Man hatte dafür gesorgt, dass jeder wusste, dass der arme Mann verrückt war, und es war zu seinem Besten, dass die Behörde sich dafür einsetzte, ihn zu behandeln, denn Steine mit Flugzeugen zu verwechseln konnte nur internationale Komplikationen verursachen, und kurz gesagt, er war ein bemitleidenswerter Schwachsinniger und ihn frei herumlaufen zu lassen, war eine Gefahr für ihn und für alle. Was seinen Sohn betrifft, so hatte er - auch wenn er vorsichtig gewesen war, wie auch seine Mutter, mit niemandem über den Krankenhausaufenthalt seines Vaters zu sprechen - einige Tage später eine Postkarte mit seinem Einberufungsbefehl erhalten, etwas vor der Zeit, und war in einem Bataillon der Sprengstoffabteilung gelandet, aus dem er einen Monat später in Krümeln in einem versiegelten Metallsarg zurückkehrte, infolge eines unglücklichen Trainingsunfalls aufgrund der Unerfahrenheit des Rekruten Moretti in der Verwendung von Sprengstoffen: Vielleicht war es die Wahrheit, aber der Verdacht auf ein Unglück, das von einigen Handlangern des Regimes herbeigeführt worden war, hatte sich in das Herz seiner Mutter eingeschlichen. Sie hatte jedoch geschwiegen, ohne sich zu beschweren und die Militärstaatsanwaltschaft hatte es nicht für erforderlich gehalten, Ermittlungen einzuleiten. Frau Moretti war in Frieden gelassen worden und, mehr noch, sie erhielt umgehend eine kleine Rente: Man hatte ihr keine Probleme bereitet, nicht nur, weil sie geschwiegen hatte, sondern auch deshalb nicht, weil Frauen damals noch sehr wenig beachtet wurden, und überhaupt nicht, wenn sie dem unwissenden Volk angehörten, sodass den Aussagen einer bäuerlichen Analphabetin die gleiche Anerkennung zuteilwurde, die dem Krähen eines Huhns zuteil geworden wäre.
Die Spuren ihres armen „faschistischen Ehemannes der ersten Stunde“ hatten sich schon länger in Luft aufgelöst, nachdem er von einem Irrenhaus in das andere verlegt worden war, bis eines Tages, im Januar 1934, eine Postkarte zu Hause ankam: kein Brief, damit die Postbeamten des Dorfes die Nachricht lesen und hoffentlich verbreiten konnten, was dann auch geschah. Mit dieser Postkarte wurde Frau Moretti darüber informiert, dass ihre armer Gemahl in Sardinien im Krankenhaus an Lungenentzündung gestorben war und die Frage an sie gerichtet, ob es möglich sei, ihn auf dem örtlichen Friedhof zu begraben oder ob die Familie sich dorthin begeben wollte, um ihn zum Friedhof ihres Dorfes zu überführen. Die Frau hätte innerhalb von fünf Tagen nach dem Versanddatum antworten müssen, wenn sie die Leiche ihres Mannes hätte überführen lassen wollen, andernfalls wäre das Schweigen als Zustimmung zur Bestattung auf der Insel angesehen worden. Die fünf Tage waren bereits vergangen und mit ziemlicher Sicherheit war Moretti bereits begraben worden; die Witwe hatte daher darauf verzichtet, auch angesichts der Kosten und Schwierigkeiten für eine alleinstehende und unwissende Frau, nach Sardinien zu reisen, um die Exhumierung und Überführung des Sargs in das lombardische Dorf zu veranlassen.

Mussolini, der die ganze Nacht selig geschlafen hatte, betrat am 15. Juni 1933 gegen 7 Uhr morgens das Badezimmer, um seine normalen Bedürfnisse nach dem Erwachen zu befriedigen und beim Wasserlassen eine seiner Blitzentscheidungen zu treffen:
Im Büro angekommen, es war 8.10 Uhr, hatte er binnen einer Stunde den Minister für Nationale Bildung Francesco Ercole und den Kriegsminister Pietro Gazzera23 vorgeladen. Das Thema, das er besprechen wollte, war auch für das Außen-24 und das Innenministerium von Interesse, aber es wurde von Mussolini selbst ad interim geleitet; er hatte jedoch den Unterstaatssekretär des Innenministeriums Guido Buffarini Guidi herbeordert, weil diesem effektiv die Leitung dieses Ministeriums zustand.
Genau neunundvierzig Minuten eilten die beiden Minister und der Unterstaatssekretär durch die zweiflügelige Tür des Büros/Wohnzimmers, die ein Diener offenhielt und sich am Ende des Raumes gegenüber vom Schreibtisch des Regierungschefs und vom Stuhl mit den Ausmaßen eines Richterstuhls befand. Sie traten nebeneinander ein und liefen schnellen Schrittes auf den Duce zu, Seite an Seite, nach den neuesten Anweisungen von Mussolini persönlich, während der Diener hinter ihnen die Tür schloss: Offiziell sollte der Befehl zu laufen die Zeit für die Anhörungen verkürzen und dem Staatschef mehr Zeit für andere Aufgaben lassen, aber vor allem liebte es Mussolini sehr, zuzusehen, wie diese Herren in Hemd und schwarzer Jacke ihm auf lächerliche Weise gehorchen mussten: Seit dem Monat Juni des Jahres 1935 sprengte er sogar alle Hierarchien, indem er den sogenannten „faschistischen Samstag“ einführte oder, genauer gesagt, einen Samstagnachmittag, der der Gymnastik und militärischer Erziehung gewidmet war, eine Pflicht, die für alle Italiener gelten sollte. Schon allein die Tatsache, den langen Saal durchlaufen zu müssen, mit dem Duce, der, am Ende des Raumes mit verschränkten Armen hinter seinem Schreibtisch sitzend, mit hochgezogenem Kinn seine Augen in die Augen des Herbeorderten bohrte oder, bei mehr als einem, wie in unserem Fall, den durchdringenden Blick von einem zum anderen wandern ließ, hätte schon erhebliche Ehrfurcht hervorgerufen, aber die Tatsache, dass der Saal im Laufschritt durchquert werden musste, machte jeden, der vor den Duce trat, vollkommen gefügig und sanftmütig. Nach Erhalt der Befehle mussten die Herbeorderten ihren obersten Befehlshaber mit dem römischen Gruß grüßen, sich umdrehen und, Seite an Seite und in rasantem Tempo, hopp, hopp, durch die Tür verschwinden, die in der Zwischenzeit vom Saaldiener wieder geöffnet wurde, den Mussolini durch Drücken eines Knopfes auf dem Schreibtisch informierte, sobald sie ihm den Rücken kehrten. Schließlich wollte er keine Mitarbeiter haben, abgesehen vom treuen Bocchini, sondern einfach nur Marionetten.
Mit wenigen Worten hatte er die beiden Minister und den Unterstaatssekretär angewiesen, „in Rekordzeit!" an der Universität La Sapienza in Rom eine geheime Forschungsgruppe von Wissenschaftlern und Technikern zu bilden, mit der „konventionellen Bezeichnung“, wie er hinzufügte, „Kabinett RS/33, Akronym für Spezielle Forschungen im Jahr 1933: Mussolini, ein ehemaliger Grundschullehrer, tat sich als großer Experte der italienischen Sprache hervor und die Prägung von Akronymen oder Ausdrücken war nichts Neues für ihn; auch das mysteriöse Akronym OVRA war seine Schöpfung.

Der gran Capo hatte nicht gemeinsam mit den anderen den vierten Minister für Luftfahrt, Italo Balbo, einberufen, der auch für die Zusammenstellung des Kabinetts von grundlegender Bedeutung war, sondern ihn allein für 16.00 Uhr beordert. In der Tat wusste er, dass sich Balbo nie und nimmer demütig oder sogar im Laufschritt präsentiert hätte, sondern immer bereit war, dem Duce Kritiken ins Gesicht zu sagen und vielleicht auch eine Frechheit hinzufügte, da dieser Mann ein Faschist der ersten Stunde und einer der vier Führer des Marsches auf Rom war, des sogenannten revolutionären Squadrismus, und vor allem absolut von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugt war. Und außerdem war er im Land sehr beliebt und konkurrierte, was die Popularität betraf, mit Mussolini selbst. Er war einer der wenigen Beteiligten in diesem politischen Wettkampf, der ihn duzte, was der Duce nur ungern über sich ergehen ließ: Er war sehr neidisch auf Balbo, auch wenn er es zu verstecken versuchte und bis zu diesem Zeitpunkt nichts unternommen hatte, um ihn zu schädigen, behielt sich aber das Recht vor, ihn bei der ersten guten Gelegenheit verschwinden zu lassen: Ende 1933 war ihm dies dann gelungen, indem er ihn in den höchsten Grad der Luftwaffe beförderte und zum Marschall ernannte, und ihn kurz darauf, nach ausgiebigen Lobesbekundungen, am 26. November, vom König zum Gouverneur der sogenannten Vierten Küste, der italienischen Kolonie Libyen, ernennen ließ und ihn damit tatsächlich ins Exil schickte.
Am selben Abend des 15. Juni, nachdem er Balbo empfangen und ihm die Befehle erteilt hatte, wies der Duce die politische Polizei OVRA in Person des vertrauenswürdigen Bocchini an, die Arbeit des zu konstituierenden Kabinetts zu überwachen und ihm darüber Bericht zu erstatten.
In absoluter Rekordzeit wurde in jeder Provinzhauptstadt heimlich eine spezielle „Sondereinheit RS/33" der OVRA eingerichtet, deren Hauptaufgabe es war, Bocchini zu informieren, sobald unbekannte Flugzeuge jeglicher Art gesichtet wurden, sich sofort dafür zu interessieren und nichtmilitärische Zeugen zum Schweigen zu bringen. Jede Sichtung musste auf einem von Bocchini selbst entworfenen Formular mit dem Kürzel RS/33.FZ.4 gemeldet werden. Es wurde unverzüglich und mit entsprechendem Versand an alle italienischen Präfekturen und von dort an alle Mitarbeiter der Sicherheitskräfte und an die örtlichen Kasernen der Miliz übermittelt; ein ähnliches Formular, das für die Offiziere der Luftwaffe bestimmt war, war vom Ministerium von Balbo an alle Luftwaffenkommandos geschickt worden, damit sie es an die untergeordneten Abteilungen weiterleiten konnten. Mussolini hatte ebenfalls entschieden, dass jeder Bericht über Sichtungen durch Zivilpersonen über die OVRA gehen und von dort persönlich an ihn und die Gerarchi Italo Balbo als Luftfahrtminister und Gian Galeazzo Ciano als neuer Direktor des Pressedienstes sowie an den römischen Hauptsitz des Kabinetts RS/33 geschickt werden sollte21.
Selbst Balbo, auch wenn er kein Gelehrter war, wurde in das Kabinett übernommen, wegen seiner Entschiedenheit bei der Förderung der Königlichen Luftwaffe, denn sein Motto war: „Wir müssen die Leidenschaft für das Fliegen sublimieren, bis Italien zum luftverkehrsreichsten Land der Welt wird“. Unter den wissenschaftlichen Mitgliedern wurde Guglielmo Marconi an die Spitze der RS/33 gesetzt. Da er jedoch auf seiner Labor-Yacht Elektra um die Welt kreuzte - das Boot war auf den Namen seiner Tochter getauft - beschloss Mussolini, mit der Leitung des Kabinetts vorerst den Astronomen und Mathematiker Professor Gino Cecchini vom Observatorium Milano Merate zu beauftragen: Nach den Absichten des Duce nur in provisorischer Form, Cecchini blieb jedoch definitiv der Kopf der RS/33, angesichts der späteren Abwesenheit des Nobelpreisträgers aufgrund vieler anderer Forschungen. Die anderen Wissenschaftler gehörten zu den Bereichen Medizin, Naturwissenschaften, Physik und Mathematik der Italienischen Königlichen Akademie, ausgenommen der Präsident des Obersten Rates für öffentliche Arbeiten, Graf und Senator Luigi Cozza, der als Zuständiger für die Organisation und als eines der Verbindungsglieder zur Regierung in das Kabinett aufgenommen wurde.
In erster Linie ging es darum, den Betrieb dieses fremden Luftfahrzeugs zu verstehen, um nicht nur ähnliche, sondern hoffentlich auch bessere Modelle bauen zu können und so, wie der Duce sagte, „auf unglaubliche Weise" die in jenen Jahren in der Welt anerkannte luftfahrttechnische Spitzenposition Italiens und damit die konkrete militärische Vorherrschaft in der Luft und die psychologische Unterwerfung aller potentiellen Feinde unter Italien aufrechtzuerhalten. Das Programm beinhaltete die schnellstmögliche Konzentration der Forschung in einem Zentrum mit modernen Einrichtungen, das sofort Zentrales Luftfahrtinstitut genannt worden war und außerhalb von Rom, aber nicht weit vom Universitätssitz der RS/33, entstehen sollte; es wurde schnell der Standort identifiziert, der Flugplatz Barbieri in Montecelio, an dem die Anlagen zwischen 1933 und 1935 gebaut wurden und in dessen Umgebung die neue Stadt Guidonia entstand.
Kapitel 4 (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)

Wie aus dem zweiten restaurierten Filmausschnitt hervorging, waren die Außerirdischen in ihrer Nacktheit, abgesehen von einigen bedeutenden Merkmalen, menschenähnliche Individuen:
Ihr Gesicht war der Schnauze der irdischen Koalas ähnlich, sie hatten keine Haare und vier Finger an einer Hand. Es waren auch vier bei den aufgefundenen menschenähnlichen Skeletten und aus diesem Grund basierte die Arithmetik dieser intelligenten Spezies, wie aus gefundenen Blättern mit Berechnungen hervorging und wie auch nach der Entschlüsselung der Symbole die Berechnungen der 28-jährigen Raimonda Traversi, eine brillante Mathematikerin und Statistikerin des Teams, bewiesen, auf der Zahl acht25: Die Vorfahren dieser anthropomorphen Koalas müssen in der fernen Vergangenheit begonnen haben, an ihren acht Fingern zu zählen, während die Menschen es mit ihren zehn Fingern taten und auf diese Weise die Dezimalrechnung schufen; ein weiterer relevanter Unterschied war ein Beutel am Bauch der Frauen: Eine „plazentierte Beutel-Säugetierart", bestimmte mit absoluter Offensichtlichkeit Major Aldo Gorgo, fünfzigjährig, drahtig und schlaksig, Militärchirurg des Bordteams und koordinierender Biologe der astrobiologischen Forschungsgruppe.
Alle Ergebnisse zeigten, dass sich die Zivilisation des Planeten 2A Centauri zum Zeitpunkt seines Verschwindens in der gleichen wissenschaftlichen und technologischen Situation wie auf der Erde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts befand. Bei einer ersten ungefähren Datierung der verschiedenen Gegenstände und Skelette wurde jedoch festgestellt, dass sie einem Zeitalter zugeordnet werden konnten, das den Erdjahren zwischen 1650 und 1750 entspricht, sodass diese außerirdische Zivilisation zum Zeitpunkt ihres Verschwindens unserem Planeten um mehr als zwei Jahrhunderte voraus war: Auf dem Heimweg würde man die zeitliche Bestimmung mit Instrumenten wiederholen, die technisch viel hochwertiger waren als das tragbare, das zum Zeitraumschiff 22 gehörte, aber es war höchstwahrscheinlich, dass das Ergebnis nicht viel anders ausfallen würde.
Die Wissenschaftler wollten unbedingt die Ursache für das Verschwinden dieser intelligenten Rasse finden. Schon die Aufzeichnung auf der wiederhergestellten Tonaufnahme hätte nach der Klangreinigung und dem Versuch einer Übersetzung eine Antwort geben können, die trotz der Hilfe der Übersetzungsroboter nicht einfach war; und auch zwei Papierdokumente, die sich im selben Raum befanden, hätten sich als nützlich erweisen können; aber diese und andere Studien konnten erst nach der Rückkehr zur Erde an der Universität La Sapienza in Rom durchgeführt werden, in deren Auftrag diese wissenschaftliche Mission auf dem fernen Planeten durchgeführt wurde. Mittlerweile war der Zeitpunkt der Rückkehr gekommen, denn das Team hatte fast den Zeitraum überschritten - maximal drei Monate nach der Abreise - in dem es einem Gesetz des Parlaments der Konföderierten Staaten Europas, dem Gesetz des Chronokosmos zufolge, Pflicht war, an die Basis zurückzukehren.

Nach dem Abendessen verkündete die Kommandantin, Oberingenieurin Margherita Ferraris, ohne lange Vorreden den Offizieren und Wissenschaftlern, die alle mit ihr um den großen Tisch des Speise- und Besprechungsraums saßen: „Meine Herren, in Kürze werden wir nach Hause zurückkehren". Margherita war eine ledige siebenunddreißigjährige schlanke und fast 1,85m große, schwarzhaarige Frau mit einem vollen und anmutigen Gesicht: eine entschlossene Person und ein absolut brillanter Offizier. Sie hatte zwölf Jahre zuvor ihr Studium der Raumfahrttechnik am Polytechnikum Turin mit Auszeichnung abgeschlossen und da man sie im Verlauf der letzten zwei Jahre nach bestandenem Auswahlverfahren auch an der Europäischen Chronoastronautischen Akademie zugelassen hatte, die an dieses Polytechnikum und andere entsprechende Einrichtungen des Kontinents angeschlossen war, hatte sie zusammen mit ihrem Universitätsabschluss den Rang eines Leutnants des Corps erlangt. Sie begann ihren Dienst zunächst als zweiter Offizier, an Bord eines Zeitraumschiffes mit der Nummer 9, d.h. dem neunten in der Reihenfolge der Konstruktion und stieg Jahre später mit dem Rang eines Hauptmanns zur Unterkommandantin der gleichen Zigarre auf: Sie verfügte über eine vollständige Erfahrung, da Raumschiff 9 zuerst an Raumfahrtmissionen und in den letzten Jahren auch an Reisen in die Vergangenheit der Erde beteiligt war; kürzlich war Margherita zum Major befördert und mit dem Kommando des neuen Raumschiff 22 beauftragt worden.
„Ich kann es nicht erwarten, die Tonaufnahme zu hören, sobald wir sie in unserem Labor in Rom wiederhergestellt haben", sagte Professor Valerio Faro, Direktor des Instituts für Kulturgeschichte und Wirtschafts- und Soziallehre an der Universität La Sapienza, ein 40-jähriger brünetter Junggeselle, fast zwei Meter groß und von kräftiger Statur.
„Ja, ich kann es auch nicht erwarten", fiel Anna Mancuso ein, eine Geschichtsforscherin und Faros Mitarbeiterin, eine 30-jährige Sizilianerin mit feinen Gesichtszügen und großen grünen Augen, blond, aufgrund entfernter Vorfahren normannischer Bewohner, die einst ihre Insel besetzten. Eine schöne Frau trotz ihrer nicht sehr hohen Statur von nur einem Meter vierundsiebzig, gegenüber dem europäischen weiblichen Durchschnitt von einem Meter achtzig.
„Ich bin auch sehr neugierig", bemerkte der Anthropologe Professor Jan Kubrich, ein 45 Jahre alter außerordentlicher Professor an der Sapienza, blond rundlich, einen Meter fünfundachtzig groß, eine durchschnittliche Größe für den damaligen männlichen Standard, ein wissenschaftlich strenger Mann, leider mit einer großen Leidenschaft für Wodka mit Limette, für die er fast seine Gesundheit gefährdete.
Elio Pratt, ein vierzig Jahre alter außerordentlicher Professor für Astrobiologie an der Sapienza, spezialisiert auf Wasserfauna und -flora und exzellenter Tiefseetaucher mit Auszeichnungen bei Tauchwettbewerben in den Erdweltmeeren, schloss sich an: „ Ich konnte bereits viele Ergebnisse zu den verschiedensten Gattungen sammeln, die ich in den beiden Becken angehäuft habe, aber sicherlich werde ich jetzt, wenn wir wieder in Rom sind, Einiges vertiefen können".
„Ich werde Ihre Arbeit mit großem Interesse verfolgen und glaube, dass ich bei den Interpretationen nützlich sein kann", warf die Mathematikern und Statistikerin Raimonda Traversi ein.
Der Koordinator der astrobiologischen Gruppe, Dr. Aldo Gorgo, hatte sich nicht geäußert. Da er der Militärarzt an Bord und kein Universitätsdozent oder Forscher war, setzte er einfach seinen Dienst auf dem Raumschiff fort und überließ die Fortführung der Forschung den anderen Wissenschaftlern.

Weniger als eine Stunde später, nach Erdzeit, verließ das Raumschiff 22 die Umlaufbahn des Planeten, um aus dem regulatorischen Sicherheitsabstand den chronographischen Sprung in Richtung Erde zu vollziehen. Wie bereits bei der Ankunft vor dem Eintritt in die Umlaufbahn präsentierte sich 2A Centauri den Chronoastronauten in seiner Gesamtheit: bedeckt mit Eis in der Arktis und Antarktis, ohne darunter liegendes Land, und mit zwei Kontinenten, beide im borealen Bereich, jeder etwa von der Größe Australiens, die durch einen schmalen Meeresarm waren, während die andere Seite des Globus vollständig von einem Ozean bedeckt war.

Um 10.22 Uhr Ortszeit in Rom, am 10. August 2133, trat das Raumschiff 22 in die Umlaufbahn unserer Welt ein. Etwas mehr als achtzehn Stunden waren auf der Erde vergangen, als die wissenschaftliche Expedition am 9. August um 16.20 Uhr mit dem Ziel des zweiten Planeten des Sterns Alfa Centauri A startete. Dank des Cronos-Geräts des Raumschiffes war kein einziger Tag auf der Erde vergangen, obwohl die Expedition lange auf diesem fremden Planeten geblieben war. Die Müdigkeit, die auf allen lastete, waren jedoch Monate intensiver Arbeit.
Die Wissenschaftler und die Crew, die zuerst den Landgang genießen würden, konnten es nicht erwarten, sich zu entspannen, diejenigen, die keine Familie hatten, in einem ruhigen Urlaub, andere geborgen in der häuslichen Ruhe, wo sie nach einer langen Trennung ihre Lieben wiederfanden. Die zurückgebliebenen Familienmitglieder hingegen litten nie unter dem Gefühl der Distanz, denn für sie verging sehr wenig Zeit vor dem Wiedersehen. Nach den ersten Erfahrungen hatten sich die Reisenden und ihre Lieben an die Folgen solcher Anachronismen gewöhnt, einschließlich der, wenn auch nicht sehr offensichtlichen, Alterung derjenigen, die gegangen waren. Auch aus diesem Grund durften die Missionen neben dem damit verbundenen Stress die maximale Zeit von drei Monaten nicht überschreiten. Im Gegensatz zu Einsteins Vorhersagen für die einfache Raumfahrt bei Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit, bei denen der Astronaut jung bleiben und die Erdbewohner alt werden würden, hatten Expeditionen mit Zeitsprüngen keinen Einfluss auf das Alter der Chronoastronauten. Sie waren lediglich durch den monatelangen Aufenthalt auf anderen Planeten und, bei Zeitreisen, auf der Erde der Vergangenheit, der natürlichen Alterung ausgesetzt.

Die Kommunikation von und zu unserem Planeten war seit dem Zeitsprung des Raumschiffes 22 zu dem fremden Planeten unterbrochen worden, der aus Sicherheitsgründen vorschriftsmäßig aus einer Entfernung von einer Million Kilometern von der Mondumlaufbahn erfolgte: Funk- und Fernsehübertragungen waren völlig nutzlos. Da die Wellen mit einer Geschwindigkeit reisten, die nur auf die langsame Lichtgeschwindigkeit ausgerichtet war, hätten sie erst nach langer Zeit das Ziel erreicht: Auf dem Planeten 2A Centauri würden sie etwa 4,36 Jahre später von der Erde ankommen,27 nachdem die Entdecker bereits seit längerer Zeit wieder in Richtung Erde gestartet waren. Es war immer dasselbe in der Raumfahrt und, aufgrund der Zeitverschiebung, natürlich auch bei den Zeitreisen: Die Chronoastronauten waren völlig isoliert. Die einzigen „Verbindungen", wenn man sie so nennen will, waren die „eingefroren" genannten Informationen über die Erde, d.h. Informationen, die von den ältesten historischen bis zu den neuesten Aufzeichnungen reichten und aus den öffentlichen Computern der Welt entnommen wurden. Sie wurden bis kurz vor der Abreise in die Speicher der Bordcomputer geladen und bestimmte Daten auch in die einzelnen Vorrichtungen der Crewmitglieder und Forscher. Diese Personal Computer waren trotz ihrer extrem geringen Größe sehr leistungsfähig und verfügten über eine unvorstellbare Speicherkapazität und Leistung zur Zeit der ersten ungeschickten Computer des zwanzigsten Jahrhunderts und der Rechner der ersten Jahrzehnte des Jahres 2000.
Sobald sie in die Umlaufbahn eingetreten waren, ordnete Kommandantin Ferraris die Kontaktaufnahme mit dem Astrohafen Roms an, wo die Forscher und das Personal von Bord gehen sollten.

Schock!
Die strenge Disziplin an Bord verbot der Crew, Emotionen auszudrücken, doch war die Situation plötzlich äußerst beunruhigend: Die Kommunikation vom Boden war in deutscher Sprache erfolgt! Die universelle Sprache war seit langer Zeit internationales Englisch, auch wenn die anderen Redensarten, darunter die Sprache Goethes und Hitlers, nicht tot waren, und im Privatbereich immer noch gesprochen wurden, so wie es einst für die Dialekte galt.
Wie die Crew und die Gelehrten der 22 kurz darauf besser verstehen sollten, war etwas historisch Schreckliches passiert und erwartete sie unten auf der Erde, etwas, das ihre freudigen Erwartungen aus dem Gleichgewicht bringen würde; etwas, das dem ruhigen Leben ein Ende gesetzt hatte, von dem Europa und viele andere Länder achtzig Jahre lang profitiert hatten und dem nun auch die restliche Erde, dank eines Paktes zwischen allen Staaten der Welt im Jahre 2120, nahe war. Ein Pakt, der nach dem Beispiel früherer historischer Fälle28 zu einem völlig zollfreien internationalen Markt geführt hatte und der von allen als erster Entwurf einer politischen Weltunion angesehen wurde. Auf der Grundlage der historischen Erfahrungen sollte als zweite Phase keine einheitliche Währung geschaffen werden, ohne zuvor die Welt politisch geeint und gleichzeitig eine globale Zentralbank mit uneingeschränkter monetärer Macht geschaffen zu haben. Tatsächlich hatte man die bittere Lektion des Europas der frühen 2000er Jahre verarbeiten müssen, in denen der Euro einer politischen Union vorausgegangen war, mit schwerwiegenden Schäden für viele Mitgliedstaaten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt mehr Geld brauchten, ohne die Möglichkeit zu haben, dass ihnen ein unabhängiges europäisches Emissionsinstitut zu Hilfe kam, eine Situation, für die die Union für eine gewisse Zeit Gefahr lief, zusammenzubrechen. Dann hatte der Verstand zur rechten Zeit die Oberhand gewonnen und zur Entstehung der europäischen politischen Konföderation29 mit ihrer eigenen Zentralbank geführt. Darüber hinaus war die Geschichte der Erde bereits vor der europäischen Krise und ihrem Ende und den darauf folgenden wohlhabenden und friedlichen achtzig Jahren durch besonderes Leid gekennzeichnet: Im 20. Jahrhundert hatte die Welt zwei gewaltige Weltkriege mit Dutzenden von Millionen Toten und verschiedenen lokalen Konflikten durchlebt, und nachdem das nationalsozialistische Ungeheuer besiegt worden war, war sie auf dramatische Weise dem sogenannten Kalten Krieg zwischen dem Westen und der Sowjetunion ausgesetzt. Dann hatte die Geschichte fast überall auf der Welt den befreienden Tod einer anderen politischen Diktatur, des Kommunismus, durchlebt. Aber sie hatte auch mit dem verzweifelten Kapitalismus und dem damit einhergehenden Zusammenbruch der Spiritualität zu kämpfen. Ab Mitte des 21. Jahrhunderts erlebte sie einen Aufstieg, der mit der Eroberung eines friedlichen und wohlhabenden Zustands abschloss, der in den vorangegangenen Jahrhunderten nicht einmal vorstellbar gewesen war.
Dieser gutartige Zustand war verschwunden und eine Alter Geschichte war im Gange. Es herrschte dennoch Weltfrieden, aber antiliberal, basierend auf einem alternativen Zweiten Weltkrieg - eine Tatsache, die der Crew von Zigarre 22 zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war - der mit Splitterbomben geführt und von Nazi-Deutschland gewonnen wurde. Es war ein Friede, der, in Anlehnung an ein altes lateinisches Sprichwort,30 nur eine Wüste der Seele war und zum Verschwinden ganzer Bevölkerungsgruppen geführt hatte, die als Rassen, wie die von Hunden, definiert wurden: zuerst die jüdische, die vollkommen vernichtet wurde und dann die schwarzafrikanische, die vollständig der Sklaverei unterlag und auf eine so unmenschliche Weise eingesetzt wurde, dass sie fast ausstarb. Nur die Völker der sogenannten „gelben Rasse" und der „arabischen Rasse" wurden respektiert, weil pseudo-anthropologische Studien erklärt hatten, dass es sich um parallele Menschen handle, die aus einer zweihunderttausend Jahre zuvor erfolgten evolutionären Spaltung der indoarischen Linie stammten. In Wirklichkeit waren es praktische Gründe gewesen: Einerseits wäre es der relativ kleinen arischen „Rasse", die die Welt erobert hatte, mit ziemlicher Sicherheit nicht möglich gewesen, die riesige, gelbhäutige Bevölkerung vollständig zu vernichten; andererseits waren die Araber im 20. Jahrhundert, wie die Nazis, strenge Gegner der Juden gewesen, mehr noch, sie waren Verbündete Deutschlands im Spionagekrieg der 30er Jahre und das hatte ihnen Hitlers Großmut eingebracht, auch wenn es für die Nazi-Anthropologen nicht sehr schwierig gewesen wäre, die Diskriminierung zu rechtfertigen, da Juden und Araber gleichen semitischen Ursprungs sind.
Bevor sie auch nur ein Wort sprachen, aktivierten die erfahrenen Kommunikations-beauftragten des Raumschiffs 22, die augenscheinlich nicht ihre Haltung verloren, obwohl ihr Verstand, wie alle anderen, in Aufruhr war und ohne spezielle Anweisungen von der Kommandantin erhalten zu müssen, eine der automatischen Übersetzungsvorrichtungen an Bord, die in beide Richtungen arbeiteten und, baten, unter dem Vorwand, dass die Worte nicht klar angekommen seien, um Wiederholung. Die Kommunikation aus Rom wurde wiederholt, ausgedrückt in internationalem Englisch durch den Übersetzercomputer: Es handelte sich um gewöhnliche Anweisungen der Flugverkehrsbeauftragten des Astrohafens. Sie waren wortwörtlich vom Zeitraumschiff ausgeführt worden. Auch wenn die Disziplin des Bordpersonals, die in den Akademien für Offiziere und Unteroffiziere des Astronautenkorps erlernt worden war, Hindernisse und vielleicht Ärger vermieden hatte, blieben die Herzen aller im Sturm.
Die Kommandantin machte mit den Videokameras von Zigarre 22 Nahaufnahmen von der Erde entlang der Umlaufbahn, auf der sich das Schiff bewegte und vermied dabei, Erkundungssatelliten auf andere Umlaufbahnen zu senden, um keinen Verdacht auf dem Boden zu erregen, da dies nicht auf einer Linie mit der Praxis für die Rückkehr liegen würde.
Nach Rücksprache mit dem ersten Offizier - Hauptmann Marius Blanchin, ein 30-jähriger, 1,90 Meter großer Hüne aus Paris, dünn, mit roten Haaren und grünen Augen, die ihm seine irische Mutter vererbt hatte- beschloss Margherita, sich persönlich zum Astrohafen zu begeben, um eine direkte Inspektion durchzuführen und die Situation besser zu verstehen, bevor sie andere Initiativen ergriff. Da sie die deutsche Sprache nicht kannte, obwohl ihr Mikro-PC über eine Übersetzungsvorrichtung verfügte, bat sie Valerio Faro, sie zu begleiten, da er diese Sprache verstand und fließend sprach, nachdem er sie damals für seine Diplomarbeit in der Geschichte der Wirtschafts- und Soziallehren, die sich auf die Werke des deutschen Karl Marx konzentrierte und die er für die spätere historische Forschung nutzte, von Grund auf gelernt hatte. Margherita glaubte zu Recht, dass es im Fall eines direkten Kontaktes angemessen sei, wenn ein guter Sprachkenner direkt und ohne instrumentelle Mittel auf Deutsch kommunizieren würde, um das Risiko entlarvt zu werden zu verringern.
Unterdessen hatte die Kommandantin mithilfe eines der bordeigenen automatischen Übersetzer in Rom um die Erlaubnis gebeten, mit einem Shuttle-Raumschiff landen zu dürfen. Sie erhielt die Erlaubnis ohne Schwierigkeiten. In Margherita wuchs die Überzeugung, dass keine Hindernisse vom Boden kommen würden, dass ihre Mission dem Kommando des Astrohafens bekannt war.
Ein gewisser Paul Ricoeur, ein Soldat der Infanteriegruppe Astromarina, der auf dem Schiff mit Schutzaufgaben betreut war, gehörte zusammen mit der Kommandantin, Valerio Faro und der Pilotin, Feldwebel Jolanda Castro Rabal, zur Crew des Raumschiffs. Jeder der vier trug einen Paralysator bei sich.
Als sie den Boden erreichten, stellten sie mit Entsetzen fest, dass auf der Fahnenstange des Kontrollturms des Astrohafens von Rom die Flagge von Nazi-Deutschland wehte, anstatt des üblichen türkisfarbenen Banners der Konföderierten Staaten Europas mit dem Ring aus goldenen Sternen.
Die Kommandantin befiel der Pilotin: „Jolanda, bleib an Bord, bleib in der Vorzündung und in Startbereitschaft", und stieg gemeinsam mit den anderen aus. Sie betraten das Gebäude des Astrohafens. Auf ihrem Weg begegneten dem Trio mehrere Nazi-Symbole; unter anderem waren sie auf ein großes Flachrelief gestoßen, zu Ehren von „Adolf Hitler I., Duce und Kaiser der Erde und Eroberer des Mondes". Sie hörten, wie die Menschen, die sie trafen, auf Deutsch miteinander sprachen und sahen, wie sich einige von ihnen mit erhobenem ausgestrecktem Arm grüßten, wie es im Dritten Reich üblich war. Es bestand kein Zweifel, dass sie sich in einer politisch vollkommen anderen Zivilgesellschaft befanden, in der die lebendige Demokratie, die sie bei ihrer Abreise hinterlassen hatten, nicht vorhanden war, sondern der Nazismus dominierte.
Während die Gruppe kehrtmachte, flüsterte Margherita ihren beiden Begleitern zögernd zu: „Es könnte ein durch uns verursachtes Problem mit einer Fehlfunktion des Chronogerätes sein".
Sobald sie an Bord des Shuttles waren, befahl sie der Pilotin, zum Raumschiff zurückzukehren.
In den wenigen Minuten, die nötig waren, um das Raumschiff zu erreichen, waren die Gedanken aller zu ihren Familien gegangen. Sie fragten sich, ob ihre Lieben sie erkennen würden und ob sie vielleicht sogar in dieser Welt lebten: Margherita hatte ihren Vater, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester auf unserer Erde zurückgelassen, die wie sie auch Ingenieurin und Inhaberin eines Ingenieurbüros war, allerdings im Bauwesen; Valerio seine Mutter, einen verheirateten Bruder und zwei Enkelkinder; die Pilotin ihren Ehemann; der Soldat seine Frau und eine kleine Tochter.
Sicher war nur, dass diese zeitliche Störung keine Auswirkungen auf die Crew und die Passagiere des Zeitraumschiffs hatte, sodass sich niemand, vielleicht auch psychologisch, in der neuen Nazi-Gesellschaft wiederfand.
Die Kommandantin nahm sich vor, sofort nachdem sie wieder an Bord war, Informationen über diese neue unbekannte Alter Erde zu sammeln, indem sie sich- allerdings mit Bedacht -über einen der Hauptrechner des Schiffes in ein historisches Archiv einloggen würde.
Als sie dabei waren, das Astrodepot zu verlassen, wandte sich Valerio Faro an sie: „Ich habe darüber nachgedacht, Margherita, und vielleicht liegst du falsch: Das Problem könnte nicht bei unserem Schiff liegen, sondern bei einer Zigarre, die in der Vergangenheit auf Erkundungsreise war; und vielleicht ist es gerade wegen der großen Entfernung unserer 22 von der Erde während des historischen Wandels, dass wir nicht davon betroffen waren.
„Hmm…” brummte Margherita nachdenklich.
Und Valerio fuhr fort: „Margherita, trotz der großen Vorsichtsmaßnahmen, die das Gesetz für Reisen in die Vergangenheit der Erde vorschreibt, kann es keine absolute Sicherheit geben, dass sich die Zukunft nicht ändert. Was meinst du? Ist es vielleicht möglich, dass der Schaden durch Zigarre 9 verursacht worden ist? Erinnerst du dich? Nur wenige Tage vor unserem Flug nach 2A Centauri machte sie mit dem historischen Team von Professor Monti einen Zeitsprung in das Italien der 1933er Jahre..."
„Vielleicht hast du Recht“.
In der Tat, auch wenn bis dahin keine historische Mission jemals in die Ereignisse der Erde eingegriffen hatte und stets die Anweisungen der Regierung zur Nichteinmischung respektiert wurden, war ein Unfall dennoch nicht ganz auszuschließen. Die Geschichte hatte gelehrt, dass die erste historische Chrono-Expedition einen Zeitunfall riskierte: Eines der Raumschiffe war, während es sich im Jahr 1947 in niedriger Höhe auf einem Forschungsflug über New Mexico befand, von einer Bomberformation der United States Air Force gesichtet und gemeldet und kurz darauf von einem Flak-Schuss der militärischen Luftwaffe getroffen worden, der in der Nähe explodierte. Der Shuttle war zwar beschädigt worden, hatte es aber geschafft, in einer Wüstenlandschaft in der Nähe von Roswell zu landen, und die vier Insassen konnten prompt von einem anderen Raumschiff aufgenommen und gerettet werden. Nur dank einer speziellen Vorrichtung, mit der alle Shuttles ausgestattet waren und die vom Piloten vor dem Verlassen des Fahrzeugs in Betrieb genommen worden war, konnte eine zeitliche Umwälzung verhindert werden: Eine Vorrichtung, die jedes Teil geschmolzen hatte, das für mögliche Aktivitäten des Reverse Engineering nützlich war, sodass das aufgefundene Wrack den Streitkräften der Vereinigten Staaten nicht dienen konnte.
Es war aber auch bekannt, dass das Zeitraumschiff 9 nicht mehr auf dem neuesten Stand war, wovon seine niedrige Seriennummer zeugte, sodass trotz der ständigen Wartungsarbeiten dennoch die Möglichkeit eines plötzlichen Ausfalls bestand.
Nach Meinung von Faro und den Angaben der Ingenieuroffiziere der 22 zufolge waren das Schiff und seine Crew von der Zeitumkehrung - wie Margherita sie genannt hatte - nicht betroffen, weil sich die Zigarre über die Raumzeit hinaus in der Gegend um 2A Centauri befunden hatte; und dies ließ sie vermuten, ebenso wie Valerio, dass die zeitliche Störung nicht durch die Zigarre verursacht worden war, sondern durch ein anderes Zeitraumschiff, das in der Zeit vor 2133 durch eine Beschädigung versehentlich die Zukunft verändert hatte.
Die Kommandantin war schließlich zu dem Schluss gekommen, dass auch das Zeitraumschiff 22 mit all seinen Computeraufzeichnungen und seiner Crew zweifellos transmutiert wäre, um Teil der nationalsozialistischen Welt zu werden, wenn es bei seiner Rückkehr in die Erdumlaufbahn diesen Unglücksfall ausgelöst hätte.
Es ging jetzt darum, zu erfahren, wie viele und welche historischen Expeditionen in der kurzen Zeitspanne, die zwischen Abflug und Rückkehr des Schiffes von Margherita auf der Erde vergangen war, nach den Raumschiffen, die bereits zurückgekehrt waren, bevor die Zigarre 22 unsere Welt verlassen hatte, einen Sprung in die Vergangenheit gemacht hatten: nur die von Professor Monti und seinem Team mit Schiff 9 oder auch andere?
Wie Valerio jedoch nach einigen Minuten des Nachdenkens hervorhob, war eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen: nicht nur die eines einzelnen Universums, das durch einen Unfall verändert wurde, sondern mögliche Paralleluniversen. Das war die ernsthafte Vermutung vieler Kosmophysiker, die über die Jahrzehnte zu den unterschiedlichsten Theorien zu diesem Thema gekommen waren, ohne diese jedoch experimentell überprüfen zu können. Würde diese Hypothese jedoch der Wahrheit entsprechen, dann hätte es keine Zeitumkehrung mit einer Veränderung der Zukunft der Erde gegeben, sondern das Zeitraumschiff 22 wäre irgendwann aufgrund eines Manöverfehlers oder eines Versagens des Cronos-Apparates in ein erdnahes Paralleluniversum katapultiert worden, in einen anderen Kosmos gesprungen, in dem es statt unserer Welt eine Nazi-Alter-Erde gab; und in diesem Fall wäre es in gewisser Weise wahr gewesen, was Margherita befürchtete: die Ursache wäre das Schiff selbst.
Das Thema wurde ausführlich diskutiert.
Valerio meinte schließlich: „Nehmen eine unvergleichliche Vielzahl von Universen an, die jeweils eine einzige Entscheidung als Grundlage für ihre Geburt haben. Zum Beispiel leitet sich ein Kosmos aus meiner Entschlossenheit ab, an einen bestimmten Ort zu gehen, an dem mich ein Unfall erwartet, der mich tötet, während ich, wenn ich nicht dorthin gehe, am Leben bleibe und dieses Universum nicht aufsteigt. Nun, als Historiker und Philosoph frage ich mich, ob die Vielfalt des Kosmos nur eine Hypothese bleibt und real immer nur ein einziges Universum ist, mit und mit geschaffen durch wirklich getroffene Entscheidungen und durch wirklich geschehene Fakten oder ob die Paralleluniversen wirklich alle da sind und insbesondere, ob jeder Mensch in vielen von ihnen lebt, d.h. ein „Ich“ ist, für jede mögliche gewählte Lebensform oder für andere und für jedes einflussreiche Ereignis, und daher auf jeder Erde und Alter Erde und auf einer weiteren Alter Erde und so weiter existiert. Jeder einzelne Fakt oder jede dieser Entscheidungen schafft ein neues, reales Universum oder nicht? Und was uns betrifft, gibt es auch für uns in dieser Nazi-Welt Alter Egos?"
Der Anthropologe Jan Kubrich ergriff das Wort: „Mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe, Valerio: Das heißt also, wenn zum Beispiel in einem Fall ein Blumentopf auf den Kopf eines Passanten von einer Fensterbank fällt und ihn tötet, stirbt diese Person einfach und es gibt kein anderes Universum, in dem sie nicht getroffen wird und lebendig bleibt und diese zweite Möglichkeit bleibt daher lediglich eine Hypothese; im anderen Fall gibt es zwei konkrete parallele Kosmen, wo der Topf herunterfällt und nicht herunterfällt, und die Person effektiv in dem einen stirbt und in dem anderen am Leben bleibt. Ist es so?"
„Ja. Ich werde jetzt zwei einfache Diagramme skizzieren, Jan”. Valerio ging zum nächsten Computer und zeichnete schnell ein paar Diagramme, dann wandte er sich an alle: „Wenn man mit der durchgehenden Linie die Situationen darstellt, die wirklich vorhanden sind und mit der gestrichelten Linie nur die hypothetischen, die sich nicht realisiert haben, und das Ganze vereinfachend, kann man sich fragen, ob es so wäre, wie in diesem Diagramm A


oder so, wie im folgenden Diagramm B


und, als Beispiel zu meinem persönlichen Fall, könnte man sich fragen, ob es nur den einen Valerio Faro gibt, der zu euch spricht, entlang der durchgehenden Linie von Diagramm A, d.h. mein Ich, das auf dieser realen und einzigen Nazi-Alter Erde existiert oder ob es noch ein anderes Ich auf unserer nicht-nazistischen Erde gibt, d.h. das Diagramm B betrachtend, ob es einen Valerio Faro gibt, der gleichzeitig entlang zweier paralleler kontinuierlicher Linien lebt: ein Ich auf der Erde und ein anderes Ich auf Alter Erde. Für den Fall, dass ich nur auf Alter Erde existiere, d.h. wenn Diagramm A wahr ist, existiert die Erde, die wir kennen nicht mehr, d.h. sie ist nur in abstrakter Form auf eine gestrichelte Linie des gleichen Diagramms A platzierbar, eine Linie, die jetzt nur noch hypothetisch ist und inexistent geworden ist".
Die Kommandantin warf ein: „Die beiden Valerio Faro oder die beiden Margherita Ferraris und so weiter für jeden von uns, könnten sich jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht auf zwei durchgehenden Linien nach Diagramm B befinden, sondern auf einer durchgehenden Linie nach Diagramm A, d.h. auf der Linie, die im gleichen Diagramm die Nazi-Erde darstellt; mit anderen Worten, du und ich hier auf der Zigarre und Valerio und Margherita Nummer 2 unten in der Welt: beide auf der gleichen Alter Erde, und auf die gleiche Weise könnte ein Doppelgänger auf der Alter Erde für alle anderen vorhanden sein”.
Valerio entgegnete: „...und ich werde die Dinge für dich noch komplizierter machen: Es kann eine Verdoppelung der Zigarre mit all ihren Passagieren stattgefunden haben, so dass gleichzeitig mit der Ankunft dieses Raumschiffes 22, auf dem wir uns jetzt befinden, auf der Alta Erde ein Raumschiff 22 auf unsere Erde zurückgekehrt ist; und in diesem Fall könnten die Valerio Faro, um nur mich als Beispiel zu nehmen, nicht nur zwei, einer auf der Erde und einer auf der Alta Erde, sondern sogar drei sein, zwei hier und einer auf unserer Erde. Wenn es andererseits keine Paralleluniversen gibt, d.h. wenn wir Diagramm B vollständig ausschließen und nur Diagramm A als wahr akzeptieren, besteht die Möglichkeit, dass ich der einzige Valerio Faro bin, Margherita Ferraris die einzige Margherita Ferraris ist usw.: Die Möglichkeit, wohlgemerkt, nicht die Gewissheit, denn die andere Hypothese bleibt bestehen, dass die störenden Valerio Faro Nr.2, Margherita Ferraris Nr. 2 und ein Alter Ego für jeden von uns auch irgendwo da unten unterwegs sind".
„Das ist zum Verrücktwerden, Valerio“.
„Ja, Margherita, aber Tatsache bleibt, dass es logisch ist, auf den für uns weniger ungünstigen Fall zu setzen, den der imaginären historischen Straßen an den Seiten einer einzigen realen Straße wie im Schema A. Demzufolge es Sinn macht, über das Sein nachzudenken und Handlungen zu planen, um die Dinge zu verändern; im anderen Fall nicht, weil dort alles Mögliche realisiert ist und effektiv in der Zeit abläuft, entlang einer unberechenbaren Anzahl von Straßen mit unzähligen Abzweigungen.
„Lassen wir die Idee außer Acht, dass es auf dieser Alter Erde vielleicht einen Alter Valerio, eine Alter Margherita und so weiter gibt", entgegnete die Kommandantin, „und konzentrieren wir uns auf etwas Positives: Wenn wir uns jetzt auf der durchgehenden Linie von Diagramm A befinden, wo die Erde durch einen Unfall in der Vergangenheit zur Nazi-Alter Erde wurde, und es also keine Paralleluniversen gibt, können wir die Dinge zurechtbiegen!“
Stille.
„Jawohl, meine Damen und Herren, indem wir in die einzig bestehende Vergangenheit gehen und darauf hinarbeiten, dass die kontinuierliche Nazilinie zur gestrichelten. d.h. zur hypothetischen Linie wird und stattdessen die wirkliche, die nach der Zeitumkehrung zur gestrichelten Linie wurde, wieder zur kontinuierlichen Linie zu machen, d.h. die demokratische Welt, die wir kennen und die im Moment nicht mehr existiert, sondern wiederhergestellt werden muss".
Die Forscherin Anna Mancuso war die erste, die sich an ihren Vorgesetzten und Freund Professor Faro wandte: „Leider befürchte ich, Valerio, dass es nie möglich sein wird, mit Sicherheit festzustellen, ob Schema A oder Schema B der Wahrheit entspricht. Wenn es, als schlimmste Annahme, echte Paralleluniversen wie im Schema B gäbe und selbst wenn wir in die Vergangenheit gegangen wären und die Ursache für die Zeitumkehrung beseitigt hätten, wäre es möglich, dass diese Nazi-Alter Erde überhaupt nicht verschwinden würde, sondern einfach, dass wir zu diesem Zeitpunkt in ein Universum springen würden, in dem der Nationalsozialismus nicht gewonnen hat und in dem wir im Jahr 2133 unsere Gesellschaftsform wiederfinden würden, die wir zurückgelassen haben, als wir nach 2A Centauri aufbrachen. Wir würden die Existenz von Alter Erde und die Tatsache, dass wir einfach auf dem Parallelweg, wo sich unsere Erde befindet, zurückgekehrt sind, nicht bemerken“.
Valerio: „Ja, einverstanden, Anna; alles in allem ist es eine Frage des bloßen Glaubens, ein bisschen wie die Entscheidung, die jeder mehr oder weniger unbewusst trifft, wir Wissenschaftler eingenommen, in der Welt zu sein und nicht eine Welt zu sein. Es ist in der Tat nicht möglich, zu beweisen, dass der Solipsismus wahr oder falsch ist".
„Der Solips...was?" warf Elio Pratt, ein Ichthyolge, fragend ein, der sich in wissenschaftlichen Disziplinen besser auskannte als in Geisteswissenschaften.
Valerio erklärte: „Solipsismus, ein Wort, das sich von den lateinischen Begriffen „solus", nur, und „ipse", „nur sich selbst", ableitet und ist im Wesentlichen die metaphysische Vorstellung, dass alles, was existiert, durch das Bewusstsein der Person geschaffen wird und nicht objektiv ist. Wenn zum Beispiel die solipsistische These wahr wäre, würde ich mich nur im Kopf des Individuums wiederfinden, das mir jetzt zuhört, ich wäre kein wirklicher Valerio Faro; und natürlich wärt ihr für mich die Produkte meines Geistes, ihr wärt nicht neutral, nur ich würde wirklich existieren und ich würde euch, sozusagen, in meiner Innerlichkeit erschaffen. Tatsache ist, dass es unmöglich ist, den Solipsismus experimentell als wahr oder falsch zu beweisen oder, im Gegenteil, die Realität der Welt als wahr oder falsch zu beweisen, denn selbst das Experiment und sein vermutetes Ergebnis könnten bloße Schöpfungen des "Ich" sein: Es ist nur der Akt des Glaubens, der zu der Annahme führt, dass man Teil einer objektiven Welt ist und diese folglich dank der Erfahrung kennenlernen kann".
Der pragmatische Jan Kubrich meldete sich zu Wort: „Wie auch immer, lieber Valerio, abgesehen vom Solipsismus, für mich ist das Wesentliche, dass mein Ego, das gerade spricht, letztendlich in die Realität zurückkehrt, die es hinterlassen hat. Sollten dann unzählige andere Ichs von mir in ebenso vielen parallelen Kosmen unterwegs sein, Egos, die ich sowieso nie kennenlernen würde, könnte mir das, alles in allem betrachtet, vollkommen egal sein".
Anna widersprach sofort: „Für mich wäre es hingegen sehr wichtig, es zu wissen, auch wenn ich es in diesem Leben für unmöglich halte: im Jenseits, wenn überhaupt; und diesbezüglich, weißt du, Jan, stellt sich ein grundlegendes theologisches Problem...."
„...nein, bloß keine Theologie: Hab‘ Mitleid mit mir" unterbrach der Anthropologe sie lächelnd mit gespielter Bestürzung. Er hatte trotz der äußerst emotionalen Situation, in der er sich wie alle anderen befand, scheinbar immer noch Lust zu scherzen, wie andererseits auch Anna, die trotz allem noch über Theologie reden wollte oder beide vielleicht gerade wegen der Spannung, um sie abzuschwächen.
„Mmh...", brachte Anna hervor, die seine spielerische Absicht nicht begriffen hatte, „ich dachte, es sei interessant, Jan".
„Entschuldige", beruhigte Kubrich sie, „ich habe nur gescherzt: Wenn es nur von mir abhängt, sprich weiter, ich höre dir gerne zu".
Im Glauben, dass der Exkurs nützlich sei, um die zweifellose Angst aller zu unterdrücken, beschwichtigte die Kommandantin: „...aber ja, Anna, lass uns hören".
„Nun, ich wollte sagen, indem ich die für mich schreckliche Vermutung des realen Multiversums als wahr akzeptiere, dass dieselbe Person zur gleichen Zeit unterschiedliche moralische Tugenden und Untugenden hat, je nach Kosmos mit jedem ihrer Egos mehr oder weniger gut oder schlecht ist, als Folge jeder ihrer mehr oder weniger uneigennützigen oder mehr oder weniger egoistischen Entscheidungen; also, letztendlich das gleiche Subjekt, nehmen wir zum Beispiel einen Franziskus von Assisi, der in einer Raum-Zeit-Dimension ehrlich war bis zur Heiligkeit - transzendentes Ziel: die ewige Erlösung - aber er war absolut unehrlich in einem Kosmos, das am anderen Ende steht, also mit dem Ziel des ewigen Todes ohne Auferstehung in Gott, mit anderen Worten, die höllische Verdammnis31”.
„Ja, Anna", ergriff Valerio wieder das Wort, „aber abgesehen von dem Diskurs über Paradies und Hölle, der nur uns Gläubige betrifft, ist die Idee des Multiversums immer noch entsetzlich: im Falle realer Parallelwelten ist das „Ich“ - um es mit den Worten von Pirandello zu umschreiben, auch wenn es hier objektiv und nicht als subjektives Urteil über den Nächsten gemeint ist - eins und einhunderttausend oder Milliarden, könnten wir sagen und ist, im Grunde genommen, niemand,32 denn wenn alles, was möglich ist, existiert, wenn eine Person Milliarden und Milliarden von Individuen in ebenso vielen Universen und nicht nur eine ist, ist sie kein „Ich", und das klingt absurd und antihumanistisch. Der Mensch erscheint als eine bloße Null. Für mich ist es inakzeptabel: Ich glaube fest daran, wie Einstein, dass Gott nicht würfelt und deshalb mache ich das einzige Universum zum festen Glaubensbekenntnis".
„Ich offensichtlich auch", schloss Anna sich an.
Die Kommandantin bemerkte abschließend: „Jetzt geht es also darum, in der Vergangenheit zu handeln, um diesen hoffnungsvollen, einzigartigen Kosmos zu verändern und ihn in den Zustand vor der Zeitumkehrung zu bringen“.

Es wurden die Berechnungen der Bordcomputer konsultiert.
Die Antwort der Rechner war, dass zum Zeitpunkt des chronographischen Raumsprungs zum Alfa-Centauri-System, bis zu dem sie, wie wir wissen, alle möglichen Daten von den öffentlichen Computern der Erde aufgezeichnet hatten, das einzige Zeitraumschiff, das noch nicht als aus der Vergangenheit zurückgekehrt resultierte, die Nummer 9 war, und eine Expedition unter der Leitung des Philosophen und Historikers Professor Arturo Monti von der Universität La Sapienza in Rom in das Italien des Jahres 1933 gebracht hatte. Da die Kommunikation der Zigarre 22 mit der Erde nach dem Sprung abgebrochen war, konnten keine weiteren Nachrichten erhalten werden.
Dann beschäftigten sie sich mit der Geschichte der Alter Erde von 1933 bis heute, denn es wurde angenommen, dass die Zeitumkehrung in jenem fernen Jahr des 20. Jahrhunderts stattgefunden hatte, da sie wussten, dass Zigarre 9 auf den Monat Juni desselben Jahres 33 ausgerichtet war. Sie wollten sich jedoch genauer informieren und konsultierten unmittelbar danach auch die historischen Ereignisse von der Alter Erde vor dieser Zeit. Wäre in der Tat die vorangegangene Geschichte identisch mit der der Erde gewesen, die Valerio und die anderen gut kannten, wäre es plausibel gewesen, dass es nur eine Welt gab und dass sich die Geschichte einfach von der zeitlichen Umkehr an verändert hatte und zur Alter Geschichte wurde. Tatsächlich war es nicht möglich, Gewissheit zu haben, denn die Möglichkeit zweier sehr eng beieinanderliegender Universen, in denen die Geschichte bis zu einem gewissen Punkt identisch war, um sich dann in Geschichte und Alter Geschichte aufzuteilen, war nicht auszuschließen. Aber sie wollten, dass es nicht so war, und dieser Wunsch gewann gegenüber der anderen Hypothese die Oberhand, schließlich sogar im tiefsten Innern von Jan Kubrich.
Valerio Faro war auf unserer Erde im Zentralen Historischen Archiv akkreditiert und hatte direkten Zugang dazu; er hoffte, dass dies auch auf der Alter Erde der Fall sein würde, ja er hatte mit sich selbst darum gewettet, auch wenn er es nicht vermeiden konnte sich zu fragen, während er im Begriff war, den Zugang zu versuchen: .... und wenn ich in dieser nationalsozialistischen Welt nicht einmal geboren worden wäre? Oder wenn ich hier kein Historiker wäre, sondern... ein Seemann, oder ein Anwalt, oder... wer weiß wer? Außerdem wurde ihm klar, und als freier Mensch und überzeugter Demokrat fühlte er sich angewidert, dass er in dem hoffnungsvollen Fall der Zugriffsgenehmigung auf die vertraulichen Daten des Elektronischen Archivs, auf der Alter Erde ein Diener des Nationalsozialismus wäre, weil er sonst keinen Zugang gehabt hätte. Und er fragte sich: Ich oder eines meiner Alter Ego? Bei diesem Gedanken hatte er mit schnell schlagendem Herzen sein Passwort eingegeben: Er war ohne Probleme zugelassen worden. Instinktiv schluckte er erleichtert, was auch immer von den beiden Fällen die Wahrheit war, obwohl er sich immer noch fragte: Ich, ein Nazi oder ein Alter Valerio?
Er hatte sich ohne Vermittler, wie es sein Recht war, mit dem Zentralhirn in Verbindung gesetzt. Wie erwartet, waren auch die Programme des Archivs auf Deutsch und nicht auf Universal-Englisch, das bei ihrer Abreise überall gesprochen und geschrieben wurde, von den kommerziellen Schildern bis hin zu den Fabriklabels, die in die Unterwäsche genäht wurden; jetzt hielten nur noch das Zeitraumschiff 22 und seine Flugscheiben die Betriebsanweisungen auf Englisch aufrecht, Überbleibsel der Welt zum Zeitpunkt des Starts, ebenso wie Valerio und die anderen an Bord der Zigarre.
Die erste Frage des Professors betraf die politische Geographie der Alter Erde. Die Antwort war, dass nicht nur Europa sondern der ganze Globus vom Nazismus beherrscht wurde. Die Organisation ging vom Weltreich Großdeutschland aus, zu dem sowohl die von einem deutschen Gouverneur geführten Protektorate wie die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, die Schweiz und die Mehrheit der afroasiatischen Staaten gehörten, beginnend bei den ehemaligen islamischen Reichen, als auch Marionettenreiche wie Italien, das von einem König namens Paolo Adolf II. regiert wurde (Alle lokalen Monarchen mussten Adolf zu ihrem Namen hinzufügen). Was das Weltreich betraf, so sah das NS-Statut vor, dass der Nachfolger, um auf den Reichsthron zu gelangen, nach dem Tod oder gewaltsamen Sturz des vorherigen Kaisers - dies war nur einmal im Jahr 2069 geschehen - von der SS gewählt wurde, ähnlich wie bei den Kaisern, die in einer bestimmten Zeit des kaiserlichen Roms von den Legionen auf den Thron erhoben wurden. Weiterhin sahen die Bestimmungen vor, dass der neu Gewählte seinen Vor- und Nachnamen vollständig ablegen musste und Adolf Hitler hieß. Ein Adolf Hitler V. saß nun auf dem Thron und war damit Kaiser des Universums. Das Reich umfasste jedoch nur wenige Welten neben der Erde, darunter den Mond, wo eine wissenschaftliche Basis stationiert war; die Planeten des Sonnensystems, von denen nur der Mars von einigen wenigen Siedlern bewohnt wurde, nachdem sein Klima künstlich verändert worden war, und schließlich einige Welten anderer Sterne, auf denen es vorerst nur Expeditionen zu Studienzwecken gab, darunter die Expedition des Zeitraumschiffs 22, das gerade in die Erdumlaufbahn zurückgekehrt war. Die Deutschen waren zunächst durch einen technologischen Diebstahl von Teilen des abgestürzten Raumschiffes, das von den Italienern in die Hangars der Flugzeugbaugesellschaft SIAI Marchetti nach Vergiate geschafft wurde, zu so einer so großen Macht gekommen. Natürlich sprach das Archiv in sehr schmeichelhafter Weise von einer brillanten militärischen Operation, die von glorreichen deutschen Idealisten durchgeführt worden war. Die Existenz und den Standort des diskusförmigen Flugobjekts hatte den Deutschen scheinbar eine gewisse Claretta offenbart, die Mussolini unter völliger Missachtung der Moral gegenüber seiner Familie als seine 30 Jahre jüngere Geliebte hielt. Seit Februar 1933 war sie für zweitausend Lire pro Monat, was damals eine bedeutende Summe war, für den NS-Geheimdienst tätig. Der niedliche Spitzel war sich nicht bewusst, welche Folgen es für Italien haben würde, als sie den Deutschen die im Bett des Duce aufgefangenen Nachrichten überbrachte. Laut Archiv hieß es, dass die naiven Italiener jahrelang geglaubt hatten, dass es die Engländer waren, die den Diebstahl verübt hatten, da man Italien für den Hersteller des diskusförmigen Flugobjekts hielt, und dass andererseits die germanische Geheimhaltung völlig effizient gewesen war, nicht nur hinsichtlich der patriotischen Maßnahme, wie sie konventionell definiert worden war, sondern auch hinsichtlich der anschließenden Forschungsaktivitäten, deren Leitung Hitler persönlich den Ingenieuren Hermann Oberth und Andreas Epp anvertraut hatte Die Arbeit hatte Jahre gedauert, die deutschen Störbomben und fliegenden Untertassen waren erst Anfang 1939 entwickelt worden, nach mehreren Versuchen, paradoxerweise dank Mussolini mit der inzwischen sehr engen Annäherung zwischen Italien und Deutschland, noch vor Abschluss des sogenannten Stahlpaktes zwischen den beiden Ländern, der am 22. Mai 1939 unterzeichnet wurde. Der italienische Diktator, nun psychologisch der vom Dritten Reich bewiesenen wirtschaftlichen und kriegerischen Macht unterworfen, hatte Hitler ein Dossier über die von Italien erbeutete Untertasse und über die Sichtungen anderer unkonventioneller Flugobjekte zur Verfügung gestellt und auf dessen präzisen Wunsch hin sogar deutschen Physikern und Ingenieuren erlaubt, sich am Projekt des Kabinetts RS/33 über die Reste des Flugobjekts zu beteiligen, das inzwischen zur neuen Basis in die zu Rom gehörende Stadt Guidonia transportiert worden war. Schließlich war genau der Informationsaustausch für den vollen Erfolg verantwortlich, den der nun schwache und verwirrte Mussolini gewährte, der den vollen Erfolg des deutschen Reverse Engineering bestimmte: Deutschland hatte einunddreißig funktionierende fliegende Untertassen realisiert, die mit je vier Raketen und der gleichen Anzahl von Splitterbomben ausgestattet waren und an einem Stützpunkt etwa zehn Kilometer von Bremerhaven entfernt, an der Nordseeküste im Land Bremen gebaut und getestet wurden. Die Bomben wurden in Peenemünde, auf der Insel Usedom vor der Ostseeküste des Reiches hergestellt und getestet. Der Ort war zuvor von der kleinen ansässigen Zivilbevölkerung evakuiert worden, ebenso wie das Küstengebiet vor der Insel. Von dem Moment an, in dem Raumschiffe, Raketen und Bomben entwickelt wurden, brauchten die Nazis noch ein paar Monate, um den Piloten unter der Leitung des Asses der Nazi-Luftfahrt Rudolph Schriever das Steuern der fliegenden Untertassen in der Atmosphäre und im Suborbitalflug beizubringen sowie den Einsatz der Raketen, die während der Übungen abgeschossen wurden, offensichtlich abgesehen von den Splitterbomben, an deren Stelle Sprengkörper mit konventionellem Sprengstoff traten. Anfang Juli 1939 war Deutschland ohne Vorwarnung in den Krieg eingetreten und hatte im Gegensatz zur Traditionellen Geschichte in der Alter Geschichte fast sofort gewonnen: Zunächst wurden von den durch Antigravitation bewegten fliegenden Untertassen im Suborbitalflug Raketen mit Splitterbomben über verschiedene Städte in Großbritannien, Frankreich, der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika abgefeuert, identisch mit denen, die sich auf den Landefähren der Zeitraumschiffe befanden. Wie Valerio Faro und seine Forschungsassistenten vermutet hatten, war die Tatsache, dass die Untertassen nur auf Suborbitalflügen unterwegs waren, darauf zurückzuführen, dass sie im Vergleich zum Prototyp, der aus der Zukunft kam, im Moment technisch noch unvollkommen waren.
Die Alter Geschichte hatte auf haarsträubende Weise ihren Lauf genommen, mit dem Verlust jeglicher Spiritualität und dem Triumph des absoluten Atheismus. Der Mensch wurde bis auf ein Nichts reduziert, eine bloße Spielfigur auf dem Schachbrett des nationalsozialistischen Reiches. Offensichtlich hob das Zentrale Historische Archiv diese Dinge als eine wertvolle Eroberung der Menschheit hervor, die mit der auf Pseudowissenschaften beruhenden arischen Rasse gleichgesetzt wurde, während alle anderen Menschen als Untermenschen betrachtet wurden. Nach dem Blitzkrieg von 1939 waren weitere Fortschritte bei den fliegenden Untertassen gemacht worden, bis hin zum Orbitalflug und folglich zur Unterlichtraumfahrt: Deutschland war mit vier Männern der Luftwaffe bereits 1943 auf dem Mond gelandet, die gesund auf die Alter Erde zurückkehrten, und 1998 waren es sechs nationalsozialistische Flieger, fünf Deutsche und ein Österreicher, die mit einem viel größeren Raumschiff im Vergleich zum ersten, das speziell dafür konzipiert und konstruiert worden war, zum ersten Mal auf dem Mars landeten und ebenfalls unversehrt zurückkehrten. Die eigentliche Kolonisation des Roten Planeten war jedoch, wie andererseits in der Welt von Valerio und Margherita, erst mit der Erschaffung der 2098 auf der Alter Erde entworfenen Zeitraumschiffe erfolgt, diesmal vollständig ein Produkt der Nazi-Ingenieure, so wie sie es einige Jahre zuvor auf der Erde von den Ingenieuren der Konföderierten Staaten Europas waren. Die Experimentierreise in die Raumzeit der Nazi-Astronauten fand 2105 statt. Ziel war das nahe gelegene Doppelsystem Alfa Centauri A und B,26 ohne Abstieg auf die Planeten: Ungefähr wie bei der Erde, die 2107 den Weltraum erobert hatte, mit einer Reise in der Umlaufbahn des Sterns Proxima Centauri und sofortiger Rückkehr, 4,22 Lichtjahre von unserer Sonne entfernt. Hingegen ging aus dem Archiv nicht hervor, dass die Nazis von Alter Erde Zeitreisen unternommen hatten: Vielleicht aus Angst, die Geschichte zu ihrem eigenen Nachteil zu verändern? So hatte 1933 nicht einmal eine Expedition zur Erforschung des Faschismus stattgefunden, und wie Margherita und die anderen begründet hatten, kam das von den Italienern sichergestellte und von den Deutschen geraubte diskusförmige Flugobjekt aus der Zukunft der Erde und nicht von der Alter Erde. Valerio hatte das Archiv auch nach der Zeit vor den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts befragt: Von den Anfängen der Zivilisation bis Juni 1933 war die Alter Geschichte identisch mit der Geschichte.

„Ich denke, dass wir an diesem Punkt einfach in die Vergangenheit springen und versuchen müssen, die Dinge zu ändern”, entschied die Kommandantin und schaute dabei der Crew und den Wissenschaftlern fest in die Augen.
Sie hatte gerade den Satz beendet, als die Bordcomputer die Zigarre in den roten Alarmzustand versetzten: Sie hatten ein diskusförmiges Flugobjekt ausgemacht, zweifellos ein freundlich gesinntes, der gleichen Art wie die zur Ausstattung des Raumschiffs 22 gehörenden. Es näherte sich mit Höchstgeschwindigkeit, gefolgt von zwei weiteren nicht identifizierten, etwa zehn Kilometer tiefer fliegenden Flugobjekten. Die Computer hatten den Abschuss von Raketen gemeldet, die von den beiden tiefer fliegenden Untertassen auf die freundlich gesinnte Untertasse abgefeuert worden waren, deren Pilot mit einer kurzen Meldung die Zigarre 22 aufforderte, mit absoluter Priorität den Hangar zu öffnen. Was getan wurde. Das Manöver des Shuttles war gewagt und barg die Gefahr einer Kollision mit dem Raumschiff und es zu beschädigen oder noch Schlimmeres, aber die Untertasse war ohne Schaden in den Raumschiffhangar eingedrungen. Sobald die Heckklappe hinter dem Shuttle geschlossen war, befahl die Kommandantin den Computern, sofort in die Vergangenheit zu springen, und das Raumschiff 22 verschwand gerade noch rechtzeitig, um nicht von den Raketen getroffen zu werden. Nach den Sicherheitsvorschriften hätte der Zeitsprung weit weg vom Planeten stattfinden sollen, stattdessen hatte die vom Zeitraumschiff freigesetzte Energie die mittlerweile sehr nahen Raketen der Verfolgerflugscheiben zerstört.
Kapitel 5 (#ulink_7a33381c-c1b6-5c09-b94f-37c43440fdcd)

Um 0.30 Uhr am 18. Juni 1933, nicht einmal fünf Tage nach der Überführung der gefangenen Flugscheibe in einen Hangar der SIAI Marchetti-Fabrik in Vergiate, glitten in der Nähe der Anlage an schwarzen Fallschirmen hängend lautlos einige in ebenso schwarze Overalls gehüllte Gestalten auf den Boden. Damit die Triebwerke der Flugzeuge, die sie aus Bayern hergebracht hatten, vom Boden aus nicht zu hören waren, sprangen die Fallschirmspringer aus einer Höhe von viertausend Metern ab und öffneten ihre Fallschirme nach einem freien Fall von dreitausendsiebenhundert Metern. Trotz der Dunkelheit hatte sich niemand verletzt.
Sie kannten die Dienstzeiten der italienischen Wache, die ein Spion in den vergangenen Tagen überprüft und an seine Vorgesetzten in Berlin weitergeleitet hatte. Sie wussten, dass am 18. Juni um Mitternacht die Wachablösung stattfinden würde und dass der Handlanger der Miliz seinen Platz verlassen hatte, um in die Baracken zurückzukehren.
Nachdem sich die Kompanie wieder versammelt hatte, die aus sechzig Männern unter dem Kommando von Hauptmann Otto Skorzeny und einigen Ingenieuren des feindlichen Ingenieurwesens bestand, drang sie mit gespenstisch militärischem Schritt lautlos in den Empfangsraum der Fabrik ein und brachte die beiden Hausmeister, Mann und Frau, für immer zum Schweigen, indem sie ihnen die Kehle durchschnitten. Dann griffen fünfzig der sechzig Späher, alle bewaffnet mit automatischen Thompson-Gewehren amerikanischer Produktion, die über Vermittler von Abgesandten des Dritten Reiches gekauft worden waren, den Handlanger der Miliz und die beiden Oberfeldwebel der OVRA, die zu diesem Zeitpunkt Wache an der Flugscheibe hielten, an und töteten alle, im Vorteil durch den Überraschungseffekt und die moderne Bewaffnung. Nur acht der deutschen Angreifer ließen ihr Leben und vier waren durch die Schüsse des alten Carcanogewehrs Modell 91, das den Italienern zur Verfügung stand, verletzt worden. Gleichzeitig hatten die zehn zurückgelassenen Fallschirmjäger entlang der Start- und Landebahn, die neben der Fabrik verlief, Feuer angezündet, sodass die Flugzeuge, von denen die Späher abgesprungen waren, landen konnten. Die anderen, nachdem sie von der noch intakten Flugscheibe innen und außen Fotos und Filmaufnahmen gemacht hatten, entnahmen die ausbaufähigen Teile, zuerst die Raketen mit ihren Bomben und die Funk-Aufnahmegeräte. Dann lud die ganze Abteilung die Beute auf die Flugzeuge, zusammen mit den Toten und Verwundeten der Kompanie. Schließlich konnte die Aufklärungseinheit Hitlers ungestört abziehen.
Dem Zivilpersonal, das um 6 Uhr morgens zu Beginn seiner Arbeitsschicht in der Fabrik angekommen war, bot sich der Anblick der beiden abgeschlachteten Wachen, des Hausmeisterehepaars und das Blutbad der Milizsoldaten.
In Rom hatte man nicht die wahren Verursacher in Verdacht, auch wegen der Missachtung, die Mussolini damals gegenüber Deutschland hegte; der Duce dachte mit Sicherheit an einen Schlag, den diejenigen verübt hatten, die alle als die legitimen Besitzer der Flugscheibe betrachteten: die Engländer.
Von da an beschränkten sich die technologischen Forschungen der Faschisten an der Flugscheibe zwingend auf das, was von ihr übrig geblieben war, und es konnte nichts über die Raketen, die Splitterbomben und über die von den Nazis gestohlenen futuristischen Video-Funk-Mikrogeräte herausgefunden werden, die in unmittelbarer Zukunft die interessantesten militärischen Teile der Beute gewesen wären. Waffen und Instrumente, die von den Italienern angesichts der nicht enormen Größe unverzüglich nach Rom hätten gebracht werden können, anstatt sie gedankenlos, wie auf dem Silbertablett serviert, dem Feind in Vergiate zu überlassen. Natürlich waren einige Köpfe gefallen, aber natürlich nicht die der Dickköpfe, die zuerst daran hätten denken sollen, ganz zu schweigen als erster der des Gran Capo, und auch nicht die außerordentlichen Köpfe des Leiters der OVRA und des Ministers der Luftwaffe Balbo. Kurz gesagt: Alles beim Alten.
Bereits am Nachmittag des 18. Juni 1933 vertraute Hermann Göring, Innenminister von Preußen und zukünftiger Reichsluftfahrtminister, eine bereits im Wesentlichen zweite Obrigkeit des Regimes, auf Befehl Hitlers Hermann Oberth und Andreas Epp - Ingenieure mit sicherer Fachkompetenz und nachgewiesenem nationalsozialistischem Glauben - die Leitung der Studien und die anschließende retrotechnische Erforschung der wertvollen Diebesgüter an.
Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als es in Deutschland keine offizielle Rekonstruktion einer Luftwaffen- oder Fallschirmeinheit gab, d.h. fast zwei Jahre bevor Göring am 11. März 1935 die Luftwaffe gründete und gleichzeitig von Hitler zum Oberbefehlshaber ernannt wurde.

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