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Skandalöse Erlösung
Amanda Mariel
Können zwei argwöhnische Menschen über vergangene Schmerzen, einen alten Skandal und gesellschaftliche Vorbehalte überwinden, um die wahre Liebe zu ergreifen? Sie wollte ihn nie … Durch einen Skandal ruiniert, überstand Claudia Akford Jahre der Ehe mit einem grausamen Unmensch. Nun verwitwet ist sie entschlossen ihren Stand in der Gesellschaft wiederzuerlangen, aber Lord Shillington ist die personifizierte Versuchung. Nett und einfühlsam, dennoch maskulin und sündhaft attraktiv, würde es ihn zum perfekten Liebhaber machen, aber er will mehr, als sie zu geben bereit ist. Er brauchte sie … Obwohl er ein wenig über die schöne aber berüchtigte Lady Claudia Akford, macht ihre gutherziges, versiertes und geistreiches Verhalten Eindruck auf ihn. Je mehr Zeit er in ihrer Gesellschaft verbringt, desto mehr träumt er von einer Zukunft mit ihr. Aber die Dame widersteht seinen ehrenhaften Annäherungsversuchen und eine Mätresse kommt für ihn nicht in Frage. Können zwei argwöhnische Menschen über vergangene Schmerzen, einen alten Skandal und gesellschaftliche Vorbehalte überwinden, um die wahre Liebe zu ergreifen?

Amanda Mariel
Skandalöse Erlösung

SKANDALÖSE ERLÖSUNG

AMANDA MARIEL

Bei diesem Werk handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Einrichtungen, Orte, Ereignisse und Vorkommnisse sind entweder Produkte der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv genutzt.

Copyright © 2016 by Amanda Mariel
Titel der englischen Originalausgabe: »Scandalous Redemption«

Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2019 by TekTime
Alle Rechte vorbehalten
Übersetzt von Carolin Kern
Einband Design: Melody Mulvey

Kein Teil dieses Buches darf vervielfältigt, oder in einem Datenabfragesystem gelagert, oder in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise übertragen werden, weder elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufgezeichnet noch anderweitig, ohne die ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Verlegers.
Herausgegeben von TekTime.
An alle Fans meiner Ladies und Halunken-Reihe, ich hoffe ihr verliebt euch in Henry und Claudia.

Wie immer könnte ich das nicht ohne mein großartiges Team von Betalesern, Einbandgestaltern, Entwurfspartnern, Formatierern und meinen Herausgeber machen. Ihr wisst alle, wer ihr seid, und jeder von euch ist großartig! Dicke Umarmungen!!

TITEL VON AMANDA MARIEL

(In Deutscher Übersetzung)

Reihe Ladies und Halunken:
Skandalöse Bemühungen
Skandalöse Absichten
Skandalöses Mauerblümchen
Skandalöse Erlösung
Erscheint bald:
Skandalöse Liaison

Reihe Sagenhafte Liebe:
Vom Kapitän gefangen

Reihe Credo der Bogenschützin:
**Amanda Mariel schreibt mit Christina McKnight**
Theodora
Georgina
Adeline
Josephine

Reihe Skandal begegnet Liebe:
Lieb’ nur mich

Alleinstehende Titel:
Eine Verabredung im Mondschein
Ein Bezaubernder Kuss
Weihnachten in den Armen des Herzogs
Verführerische Weihnachten

Reihe Wicked Earls – Club der sündhaften Grafen
** Titel von Amanda Mariel**
Graf von Edgemore
Erscheint bald:
Graf von Grayson

Durch einen Kuss verbunden:
**Diese sind so konzipiert, dass sie für sich stehen können**
Wie man einen Halunken küsst (Amanda Mariel)
Ein Kuss zur Weihnachtszeit (Christina McKnight)
Ein Kuss fürs Mauerblümchen (Dawn Brower)
Der Kuss des Schurken (Amanda Mariel)

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www.amandamariel.com

KAPITEL 1

London 1843
Lord Henry Shillington durchschritt das Musikzimmer des Landsitzes von Lord und Lady Morse, darauf erpicht seine Schwester auszumachen. Die Wucht von jemandem, der in ihn stieß, ließ ihn zurückstolpern. Er wirbelte herum, rotbraune Locken erregten seine Aufmerksamkeit, als er seine Hände ausstreckte, um sie zu stabilisieren. »Verzeihen Sie.« Er bot eine leichte Verbeugung, aber er löste seinen Griff nicht.
Die Dame sah ihn aus zusammengekniffenen, wilden grünen Augen in der Farbe von Smaragden an. »Sie sollten darauf achten, wo Sie hintreten. Wenn Sie bitte Ihre Hand von mir nehmen würden.«
Henry begegnete ihrem eisigen Blick. Sie verströmte den süßen Duft von Champagner. Er hing in der Luft um sie herum und füllte seine Sinne, so als ob sie ihn als Parfum benutzt hatte. »Gütiger Gott, Sie sind betrunken.«
Ihre Ohrringe tanzten und funkelten, während sie sich nahe zu ihm lehnte, das Feuer in ihren Augen wurde dabei intensiver. »Mein Zustand geht Sie nichts an.« Sie riss sich von seiner Hand los und machte einen Schritt zurück. Ihr blaues, juwelenfarbenes Abendkleid rauschte bei dieser plötzlichen Bewegung.
Er griff nach ihrem Arm, stoppte sie. Sein Puls hämmerte in seinen Adern. »Sie können in Ihrer Verfassung nicht hier bleiben. Sie werden für sich und unsere Gastgeber einen Skandal verursachen.«
»Was geht Sie das an?«, griff sie ihn an.
Er musste sie daran hindern eine Szene zu machen. »Erlaubt mir Sie nach draußen zu begleiten. Wir können durch den Garten spazieren.« Ein Teil von ihm machte sich Gedanken wegen ihrer Gastgeber, Lord und Lady Wexil waren teure Freunde, aber, wenn er ehrlich war, musste er zugeben, dass er mehr über diese Schönheit erfahren wollte. Etwas an ihr nahm ihn gefangen. Vielleicht ihre außergewöhnlichen Augen oder das Leid, das er in ihnen sah.
Ein langsames Lächeln breitete sich über ihre vollen Lippen aus. »Wie Sie wünschen.«
Sie schwankte und klammerte sich an seinen Arm, während er sie durch die Verandatüren und an die Landluft führte. Was brachte eine Dame dazu so früh am Abend betrunken zu sein? Die Sonne musste dem Schein des Mondes erst noch weichen. Und wer war sie? Sicherlich waren sie sich zuvor noch nie begegnet.
Er wandte sie in Richtung eines Pfads, der mit Blumen und grünem Blattwerk gesäumt war. Einzelheiten dazu, wer sie war und warum sie mit dem Alkohol zu nachsichtig gewesen war, taten sich nicht kund. Etwas bereitete ihr offensichtlich Kummer und er beabsichtigte zu helfen, wenn er konnte. Er studierte das Profil ihres grazilen Gesichts.
»Könnten wir uns setzen … wie ist Ihr Name?« Ihr beschwingtes Lachen schwebte durch die Lücke.
Er hatte niemals ein lieblicheres Geräusch gehört. »Lord Shillington. Und Ihr Name?« Er hielt vor einer gusseisernen Bank. Er konnte nicht wegsehen, als sie sich in einem Flattern von Röcken auf den Sitz niederließ. Sie war ein Mysterium, das er aufzuklären wünschte.
»Setzen Sie sich zu mir, Lord Shillington.« Sie tätschelte die Bank neben sich.
Henry positionierte sich neben ihr, aber nicht zu nahe. Mit einer Dame ohne Begleitung einer Anstandsdame hier draußen zu sein war skandalös genug. Es war nicht sein Wunsch ihr zu schaden—oder sich selbst. Angesichts ihres Zustands hatte er keine andere Wahl, als sie von dem Treffen zu entfernen. Allerdings hatte er auch die Verantwortung die Schicklichkeit seines eigenen Verhaltens zu kontrollieren.
Eine kühle Brise brachte ihre eleganten Röcke durcheinander und zog seine Aufmerksamkeit auf ihren Körper. Hitze wallte durch ihn, als er sie betrachtete. Sie war groß und schlank, doch sie besaß an all den richtigen Stellen Kurven. Er zeigte ein höfliches Lächeln. »Ihr Name, my Lady?«
Sie blickte ihn durch verschleierte Wimpern an. »Lady Claudia Akford.«
Sein Herz setzte einen Schlag aus, während es ihm die Kehle zuschnürte. Die berüchtigte Lady Claudia Akford. Genau die, welche seinen Freunden Lord und Lady Luvington Ärger bereitet hatte? Er sollte keinesfalls in ihrer Nähe sein, am allerwenigsten versuchen ihr zu helfen. Diese skandalöse Frau hat ihre eigenen Schwierigkeiten verursacht. Er sollte sie einfach diesen überlassen.
Er schoss von der Bank hoch. »Ich werde kein Teil Ihrer Ränke sein. Lord und Lady Luvington sind meine Freunde, aber ich vermute das wussten Sie bereits.«
Sie stand auf und ergriff seinen Arm. Ein niedergeschlagener Ausdruck verdunkelte ihre lieblichen Gesichtszüge. »Tatsächlich wusste ich nichts dergleichen, noch schmiede ich Ränke. Geht, wenn Sie das müssen, aber Sie müssen auch wissen, dass Sie bei meinen Beweggründen falsch liegen.«
Er riss seinen Mantelärmel los und ging davon.
Ein leises Schniefen ließ ihn erstarren. Dreh dich nicht um. Nach einem weiteren Schritt zerriss ein kleiner Weinanfall die Luft. Er blickte über seine Schulter, nicht in der Lage sich selbst aufzuhalten. Verdammter Mist. Lady Akford saß auf der Bank, ihr Kopf hing tief, ihre Schultern bebten. Mit einem tiefen Atemzug bewegte er sich zurück an ihre Seite.
Zumindest bestand das Risiko sie zu kompromittieren nicht länger. Für eine Witwe war es vollkommen in Ordnung ohne Begleitung einer Anstandsdame zu sein. Wie dem auch sei, er war ein zu großer Gentleman, als dass er sie in einem solch heiklen Zustand alleine lassen würde. Er würde zusehen, dass sie nüchtern wurde, oder allerwenigstens sicher in ihre Kammer kam, bevor er sich von ihr abwendete. Sicherlich könnte keine Schwierigkeit daraus hervorgehen, ihr dieses eine Mal behilflich zu sein.
Sie hob ihren Kopf. »Ich bin nicht die herzlose Metze, die sie aus mir machen.«
Er hielt ihr sein seidenes Taschentuch hin, traute sich selbst nicht zu sprechen.
Sie schüttelte ihren Kopf und er steckte das seidene Viereck zurück in seine Tasche.
»Ich weiß, was die vornehme Welt über mich sagt, aber die verstehen das alle falsch.«
Irgendwie bezweifelte er, dass sie das taten. Lady Sarah Luvington würde sich niemals eine Geschichte ausdenken, um das Ansehen einer anderen Person zu beschmutzen. Sie hatte ihm alles über Lady Akford erzählt, nachdem die Femme Fatale in Lord Luvingtons Stadthaus gebummelt ist und Schwierigkeiten angezettelt hat. Sie hatte sich auf Luvington geworfen. Dann, als sie entdeckte, dass er geheiratet hatte, ging das Kindchen so weit ihn anzuflehen sie als Mätresse zu unterhalten. Die vornehme Welt hatte kein Wissen von diesem speziellen Vorfall, aber er hatte Berichte aus erster Hand. In Anbetracht dessen konnte er nur annehmen, dass ihre vorherigen Skandale mit Lord Luvington und Lord Akford zutreffend sind. Er würde zusehen, dass sie nüchtern wird, dann mit ihr fertig sein.
»Glaubten Sie mir, Lord Shillington?« Ihr Blick verschränkte sich mit seinem.
Der Schmerz in ihrem Gesichtsausdruck trieb ihn dazu ihre behandschuhte Hand zu tätscheln. Er konnte ihr diesen Schnitt nicht direkt geben, ungeachtet was er glaubte. »Erzählen Sie mir, warum sind Sie bereits zu dieser frühen Stunde derart betrunken? Betrauern Sie noch weiterhin Ihren verstorbenen Ehegatten?«
Sie schüttelte ihren Kopf. Ein Hickser entfloh ihr. »Manche Männer sind Monster. Lord Akford war ein solcher Mann. Feiern denn die Menschen nicht, wenn Monster erlegt worden sind?«
Henry schluckte einen Klumpen in seinem Hals herunter. »Sie … feiern?« Ihre Worte beunruhigten und verwirrten ihn zur selben Zeit. Eventuell war die Dame verrückt.
Sie lachte bitter und schwang ihren Fächer. »Nein, aber ich betrauere auch nicht seinen Verlust. Im Gegenteil, ich war erfreut ihn gehen gesehen zu haben. Ich habe nie für Akford geschwärmt. Er hat mich mit einer List zur Heirat gebracht, mich dann jahrelang schlecht behandelt. Möge seine Seele für die Ewigkeit in der Hölle schmoren.«
»Ich …« Henry hatte noch nie gehört, dass eine Dame sich so drastisch ausdrückte. Es fehlten ihm die Worte.
»Sie müssen nichts sagen. Lassen Sie mich einfach ausreden.« Sie straffte ihre Schultern und richte ihren Körper zu seinem aus.
Gott, ihre Wangen waren viel zu blass. Er atmete tief ein und stählte sich für ihre Geschichte.
»Lord Akford wusste, dass ich beabsichtigte Julian, der Marquess of Luvington, zu heiraten und hat mich vorsätzlich ruiniert. Er hat Julian und mich ausspioniert, dann, als Julian einen Antrag gemacht hatte, war Akford Zeuge davon gewesen, wie wir uns einen Kuss teilten. Wir hätten geheiratet, wenn nicht Akfords Betrügerei gewesen wäre. Er hat überall den Klatsch darüber verbreitet, was er gesehen hatte, ging dann zu meinem Vater und traf Vorkehrungen für unsere eigene Hochzeit. Ich hatte wenig andere Wahl, als es zu akzeptieren. Vater drohte mich zu enteignen, wenn ich ablehnte, und ganz London hat mich bereits als eine gefallene Frau gesehen.« Sie schlang ihre Arme um ihre Mitte. »Ich werde die Details nicht teilen, sie sind zu schmerzhaft, aber Lord Akford war ein Unmensch. Wir hatten nichts füreinander übrig.«
Henry streichelte mit der Rückseite seiner Hand über ihre warme Wange. »Sie müssen nicht fortfahren. Ich habe genug gehört.« Sprach sie die Wahrheit? Er konnte die Vorstellung, dass sie eine solche Geschichte erfand, nicht glauben. Wenn Lady Akford ehrlich war, hatte sie durch die Hölle gehen müssen. Er war es ihr schuldig ihr zu helfen, wenn auch aus keinem anderen Grund, als dass sie eine Lady war und er ein Gentleman. Aber was konnte er tun?
Sie stand auf, drehte sich weg von ihm. »Ich benötige eine weitere Flöte mit Champagner. Schließen Sie sich mir doch an.«
»Das ist das Letzte, was Sie benötigen. Lassen Sie uns über etwas Angenehmeres sprechen«, forderte er sie heraus. Möglicherweise würde die frische Luft sie ausnüchtern, wenn er sie für eine Weile hier halten könnte.
»Wie Sie wünschen.« Sie ließ sich auf undamenhafte Weise wieder hinplumpsen. »Soll ich Ihnen erzählen, wie mich die Erinnerungen an Julian durch die Jahre unter Lord Akfords Hand geistig gesund gehalten haben? Oder würden Sie gerne hören wollen, wie mich Julian beiseitegeschoben hat, als ich zu ihm zurückgekommen bin?«
Eine Miene der Demütigung durchzog ihren Gesichtsausdruck, als die letzten Worte, die sie äußerte, ihre Lippen verlassen haben. Sie muss erkannt haben, dass sie zu viel gesagt hatte. Henry schloss seine Augen und atmete aus. Sie wäre nicht die erste Person, die er getroffen hatte, deren Schmerz sie zur Flasche trieb, oder die Dinge sagte, wenn sie alkoholisiert war, die sie niemals unter normalen Umständen gesagt hätte. Ihr Gewahrsein ihres Fehlers erweichte ihn irgendwie.
»Lord Luvington hat Lady Sarah geheiratet. Sie sind verliebt und erwarten ein Baby. Er könnte sie schlecht zur Seite werfen«, versuchte er mit ihr vernünftig zu reden.
Lady Akford atmete verärgert aus. »Aber ich verdiene es?«
»Sie haben falsch ausgelegt, was ich sagte. Haben Sie meinen Worten gelauscht? Er hat eine andere geheiratet, bevor sie zurückgekommen sind.« Henry rieb eine Hand über seinen Kiefer. Die Dame frustrierte ihn unglaublich.
»Ja, ich bin nicht begriffsstutzig. Ich habe schließlich angefangen seine Wahl zu akzeptieren, aber das tut nichts dazu mein Herzeleid zu lindern.« Sie lehnte sich heran, hielt Zentimeter vor seinem Gesicht inne. »Möglicherweise können Sie meinen Schmerz lindern.«
Er begegnete ihrem Blick einmal mehr. »Ich fürchte, ich kann nicht folgen.«
Sie führte ihre Lippen auf seine. Sein Blut kribbelte vor Verlangen, als sie näher rutschte, um ihre Hand auf seinen Schenkel zu legen. Als sie ihre Zunge über seine Unterlippe gleiten ließ, schlängelte sich Bedürfnis in ihm. Er teilte seine Lippen, als sie ihren Kopf schief legte, ihm besseren Zugang gewährte. Sie bewegte ihre Hand unverfroren seinen Schekel hinauf.
Er zuckte weg. »Ich bin ein Gentleman, Lady Akford. Kein Spielzeug und gewiss kein Schwerenöter.« Fehler zu machen, wenn man leidet, war eine Sache, aber das… Er drehte sich um und spazierte davon, seine Wangen brannten, sein Herz hämmerte. Sie hatte mit ihm gespielt, wie mit einem verflixten Schachspiel!
Was hatte er sich dabei gedacht es sich selbst zu erlauben auch nur einen Moment in ihrer Gesellschaft zu verbringen? Er hätte beim Erwähnen ihres Namens gehen sollen. Sie würde nichts als Ärger bringen. Er würde es ihr nicht erlauben Ruin auf ihn zu legen. Noch würde er ihr erlauben ihn zu benutzen. Ganz egal, wie sehr sie ihn in Versuchung führte. Ganz egal, wie ihre Lippen schmeckten. Und ihr Kuss war himmlisch. Weich und süß. Sein Blut erhitzte sich, als er an die Empfindungen dachte, welche sie durch ihn hatte strömen lassen. Er schüttelte die Erinnerung weg. Die Dame war Tabu.
Er betrat das Raucherzimmer und holte ein Glas Portwein. Wie würde er sie meiden? Um Gottes willen, sie besuchten dieselbe Hausgesellschaft.
Nachdem er sein Glas geleert hatte, schenkte er sich weitere zweifingerbreit Portwein ein. Er konnte es ihr einfach nicht erlauben zu ihm zu dringen.
»Was lässt dich so benebelt sein, Shillington?« Lord Keery macht sich an ihn heran und füllte sein eigenes Glas wieder auf.
Henry wandte sich seiner alten Bekanntschaft zu. »Nichts. Mir geht es sehr gut.«
»Hat dieses Nichts vielleicht rotbraune Locken und funkelnde smaragdgrüne Augen?«, grinste Keery.
Henrys Gesicht erwärmte sich, ob es aufgrund von Keerys verschmitzter Beobachtung oder dem Portwein war, konnte er sich nicht sicher sein. »Wie hast du es erraten?«
»Ich habe dich mit ihr das Musikzimmer verlassen sehen. Lady Claudia Akford, wenn ich nicht falsch liege.« Keery nahm einen Schluck.
Henry hob sein Glas, als ob er einen Toast ausbringen wollte. »Ebendieselbe.«
»Was ich nicht begreifen kann, ist, warum du so durch den Wind wirkst. Was hat die Dame mit dir gemacht?« Keery gluckste, bevor er sein leeres Glas auf die Anrichte stellte.
Henry zog an seinem Halstuch in dem Versuch es zu lockern. Er hatte nicht den Wunsch zu wiederholen, was passiert war. Es würde ihm recht sein, wenn er niemals wieder von oder mit der Dame sprach. »Ich … ich war einfach überrumpelt. Ich hatte zuvor noch nicht die Bekanntschaft der Dame gemacht. Ich bin dankbar, dass Lord und Lady Luvington nicht zugegen sind.«
Keery wölbte spekulativ eine Braue. »Luvington hat seine Angelegenheiten mit der Dame geklärt und seine neue Frau hat alles vergeben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Groll gegen Lady Akford hegen würde. Es ist nicht so, dass Lady Akford von deren Heirat gewusst hatte, als sie in Luvingtons Stadthaus aufgetaucht war.«
Henry nahm einen weiteren Schluck. Wenn er mit seinen geklärten Angelegenheiten meinte, dass Luvington Lady Akford aus seinem Haus geworfen hatte, dann vermutete er ja. Dennoch, er konnte sich nicht vorstellen, dass Lady Luvington wünschte sich ein Dach mit Lady Akford zu teilen. Teufel, er wünschte nicht ein Dach mit der anrüchigen Dame zu teilen. »Gewiss. Gleichwohl bin ich froh, dass Lord und Lady Luvington nicht zugegen sind.«
Keery legte eine Hand auf Henrys Schulter. »Du sorgst dich zu viel. Lady Akford ist eine schöne Witwe. Genieße sie, wenn sich die Chance ergibt.« Er bewegte seine Hand zurück an seine Seite und schenkte ihm ein wissendes Zwinkern. »Das ist, was ich tun würde.«
Henry starrte Keery hinterher, die Worte des Schurken überschlugen sich in seinem Kopf. Genieße sie. Er stellte sein Glas auf die Anrichte. Wie man Zahnschmerzen genoss, vermutete er.

KAPITEL 2
Claudias Füße verharrten unbeweglich und ihr wurde bang ums Herz, als sie Lord Shillington an dem großen Mahagonitisch sitzend vorfand. Sein goldenes Haar und seine warmen braunen Augen lugten über die Oberseite des Nachrichtenblatts, das er hielt. Sie hatte nicht erwartet zu dieser späten Stunde irgendjemanden im Frühstücksraum verweilend vorzufinden. Tatsächlich hatte sie vorsätzlich in ihrem Zimmer getrödelt bis sie sicher war, dass alle Hausgäste für die Aktivitäten am frühen Nachmittag von dannen gezogen waren.
Zwischen dem Pochen in ihrem Kopf und ihrer Verlegenheit darüber, wie sie sich am Abend zuvor verhalten hatte, wünschte sie nicht mit irgendjemandem zu verkehren. Sie plante zu frühstücken und den Tag dann versteckt in ihrem Zimmer zu verbringen, weit weg von neugierigen Augen und verurteilenden Blicken.
Die Verlegenheit drohte sie zu verschlingen, als Lord Shillingtons Blick mit ihrem kollidierte. Er betrachtete sie mit kühler Gleichgültigkeit, als er aufstand. Möglicherweise sollte sie sich einfach verabschieden. Ihre gestrigen Handlungen waren verabscheuungswürdig gewesen. Damen frönten nicht zügellos dem Trinken und sie warfen sich Gentlemen nicht an den Hals, dennoch hatte sie beides getan.
Sie straffte ihre Schultern und machte einen zaghaften Schritt auf die Anrichte zu. Er war nur ein Mann, überdies würde es keinen Zweck erfüllen der Verletzung, die sie ihm bereits zugefügt hatte, einen Affront zuzufügen. Sie würde bleiben und die Entschuldigung übermitteln, die sie ihm schuldete.
Vielleicht würde er den Vorfall als den schwachen Moment akzeptieren, der er war. Sie hatte sich selbst erlaubt sich in vergangenen Schmerzen und Selbsthass zu suhlen, eine schlechte Kombination, aber nicht länger. Heute würde sie von vorne beginnen. Ein frisches Leben ohne Julian, Akford oder dem Skandal, den sie auf sie herab bewirkt haben, aufbauen. Sie waren ihre Vergangenheit und sie hegte keinen Wunsch zurückzublicken.
Mit erhobenem Haupt schritt Claudia zur Anrichte, durchsuchte ihren Geist nach angemessenen Worten, um sie zu äußern. Die Hitze von Lord Shillingtons Starren drohte ihre Robe zu versengen, als sie gekochte Eier und Schinken auf den Porzellanteller mit Goldrand legte. Er verachtete sie mit Sicherheit und sie konnte es ihm nicht verübeln, wenn man bedenkt, was er über sie gehört haben muss. Die Art, wie sie sich im Garten auf ihn geworfen hatte, konnte nicht im Geringsten von Nutzen gewesen sein. Sie schluckte ihre Beklemmung herunter und bewegte sich zum Tisch.
»Lord Shillington.« Sie zeigte ein Lächeln.
Er machte einen Schritt vom Tisch weg. »Guten Tag, Lady Akford.«
»Warten Sie.« Sie schluckte den Kloß, der sich in ihrem Hals bildete, herunter. »Bitte erlauben Sie mir mich für mein primitives Verhalten gestern zu entschuldigen.« Sie klammerte sich mit ihren behandschuhten Händen an ihren Teller.
Er wandte seinen Blick ab. »Alles ist vergeben. Nun, wenn Sie mich entschuldigen würden.« Er machte einen weiteren Schritt, stieß bei diesem Vorgang gegen seinen leeren Stuhl. Als er danach griff, stolperte er, fiel mit einem dumpfen Schlag auf den Boden. Ein Diener stürzte nach vorne.
Ihr Herz machte einen Satz, ein kleines Quietschen entsprang ihrer Kehle. Sie bewegte sich um den Tisch herum, ging dann neben ihm in die Hocke, ignorierte die Schicklichkeit. »Sind Sie verletzt?« Sie streckte eine Hand zu ihm aus, um ihm zu helfen.
Rote Flecken erblühten auf seinem Gesicht und Hals. Er schob sich hoch, ignorierte ihr Angebot.
Ihr wurde ein Stich des Bedauerns versetzt. Sie blickte zu dem Diener hoch, nicht sicher, wie sie fortfahren sollte. Nach einem solch unangenehmen Sturz machte es Sinn, dass er verletzt sein könnte. »Benötigen Sie einen Mediziner, Lord Shillington?«
Er stand auf und glättete seinen Tagesmantel. »Mir geht es recht gut.«
Claudia legte eine Hand auf seinen Arm. »Sind Sie sicher?«
»Nur mein Stolz leidet.« Er trat außerhalb ihrer Reichweite und bewegte sich auf die Tür zu.
Sie rief aus: »Bitte gehen Sie nicht meinetwegen. Sie haben mein Wort, ich werde nichts Ungesittetes tun. Bitte bleiben Sie und beenden ihr Getränk.« Sie konzentrierte sich auf den Staub, der in den Sonnenstrahlen tanzte, welche durch das raumhohe Fenster strömten, während sie auf seine Antwort wartete. Warum es sie kümmerte, ob er blieb, war jenseits ihres Verständnisses, aber irgendwie war es wichtig. Seine Meinung über sie war wichtig. Sie blickte ihn verstohlen an.
Er beobachtete sie, sein Gesichtsausdruck verriet nichts, als sein Blick über sie strich.
Ein kleiner Schauer schoss durch sie, so wie er sie zu bemessen schien. »Ich würde es mögen, wenn wir Freunde sein könnten. Bitte sagen Sie, dass Sie mir vergeben?«
Er ging vorsichtig durch den Raum und setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Er erhob sein Glas, ließ es aus Versehen gegen seinen Teller klirren, beförderte Flüssigkeit über dessen Seite. Ein schiefes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, während er die Pfütze mit einer Leinenserviette aufnahm. »Ich vermute wir alle machen von Zeit zu Zeit Fehler.«
»Gleichwohl wünsche ich es wieder gut zu machen. Sagen Sie mir, gibt es etwas, dass ich tun kann?«
»Ich denke Sie haben bereits genug getan, Lady Akford.« Er blickte weg. »Ich …Entschuldigung. Das kam falsch herüber.«
»Ich glaube Sie haben exakt das gesagt, was Sie gedacht haben, Lord Shillington, und ich kann nicht widersprechen. Erlauben Sie mir die Möglichkeit Ihre Meinung zu ändern, was mich angeht?« Sie versteifte ihren Rücken gegen den Stich seiner Einschätzung. Seine Gedanken passten offensichtlich nicht zu seinen Worten, aber wenn sie die Möglichkeit bekam, wusste sie, dass sie seine Meinung ändern könnte.


Henry dachte er musste verrückt sein, da er zustimmte einen Moment mehr in Lady Akfords Gesellschaft zu verbringen. Und jetzt, ihre Bitte zu bedenken, es war blanker Wahnsinn. Was könnte davon kommen mehr Zeit mit ihr zu verbringen? Davon eine Freundschaft mit ihr aufzubauen? Doch die Dame faszinierte ihn. Sie war schön und charismatisch und die Art, wie sie an seine Seite geeilt war, als er hingefallen war, bewies, dass sie kein Unmensch war. Möglicherweise übereilte er sein Urteil über sie.
Er begegnete ihrem Blick über den Tisch hinweg und grübelte über seine Tollpatschigkeit. Als ob es nicht genug war, dass er über seinen Stuhl gestolpert war, musste er dieser Handlung nachfolgen, indem er den Inhalt seines Glases verschüttete. Schöne Frauen hatten seine Nerven schon immer aus der Fassung gebracht, was ihn zu einem plumpen Lappen machte. Es schien, dass Lady Akford keine Ausnahme war. Seine Reaktion auf sie machte sie nur gefährlicher. Er würde bei allem mit passender Vorsicht weitermachen. »Sehr wohl. Lassen Sie uns Freunde werden.«
Ein kleines Lächeln breitete sich über ihrem Gesicht aus. »Sie werden das nicht bereuen, Lord Shillington.«
Warum fühlte es sich an, als ob er gerade einen Handel mit dem Teufel selbst geschlossen hatte? Er schluckte seine Beklommenheit herunter. Sie würden nur für zwei Wochen hier sein; er würde einfach vorsichtig sein, um nicht in irgendwelche Fallen zu tappen. Im Grunde genommen war die Zustimmung ihr Freund zu werden nicht das Gleiche als zuzustimmen all seine Zeit mit ihr zu verbringen. Dies war eine Hausgesellschaft, wobei einige seiner Standesgenossen zugegen waren, um ihn beschäftigt zu halten. Er würde in ihrer Gesellschaft freundlich sein, aber würde sie nicht aufsuchen. Er griff nach dem Nachrichtenblatt und schlug es einmal mehr auf.
»Was haben Sie gelesen?« Er blickte wieder auf. »T-The London Chronicle, ich halte mich gerne über das Kommen und Gehen in der feinen Gesellschaft auf dem Laufenden. Wer tut was und dergleichen.« Er presste seine Lippen in einer strammen Linie zusammen, um den weitschweifenden Fluss seiner Worte zu stoppen. Verdammt seien seine fürchterlichen Nerven. Er wünschte nicht sie zu umwerben. Es gab keinen Grund in ihrer Gegenwart nervös zu sein.
»Ich verstehe. Und wird irgendetwas Interessantes berichtet?« Sie hob ihre Gabel zu ihrem Mund.
Nachdem er das Blatt beiseitegelegt hatte, griff er nach seinem Glas. »Nichts Ungewöhnliches.« Er würde es nicht wagen den Artikel über Lord und Lady Luvington zu erwähnen. Dieses gewisse Thema musste zwischen ihm und Lady Akford tabu bleiben. Ungeachtet dessen, was sie vorgab, traute er ihr nicht was seine Freunde betraf. Es würde ihm besser dienen die Unterhaltung zu einem sichereren Thema zu steuern. »Sagen Sie. Was haben Sie für diesen Tag geplant?«
»Ich beabsichtigte mich mit einem Buch abzusondern.« Sie gestikulierte nach einem Diener, um ihr Wasserglas wieder zu befüllen. Ihre Ohrringe funkelten bei der Bewegung, schickten kleine Lichtblitze durch den Raum. »Und Sie? Was ist mit Ihren Plänen?«
»Ich muss gestehen, ich fühle mich heute Morgen ein wenig angeschlagen. Ich hatte gehofft der Jagd beizuwohnen, aber daraufhin entschieden im Haus zu bleiben.« Er entspannte sich in kleinen Maßen, während sie sich unterhielten. Die Gesellschaft der Dame erwies sich als angenehm, ungeachtet seiner Befürchtung.
»Ich hoffe doch Sie haben sich erholt.«
Er las Aufrichtigkeit in der Tiefe ihrer Augen. »Tatsächlich. Mir geht es viel besser jetzt und ich freue mich auf das Picknick diesen Nachmittag.«
Er blickte aus dem Fenster hinter ihr. Die Diener bereiteten bereits das Gelände vor. Ein großes weißes Zelt stand zwischen zwei Eichenbäumen aufgerichtet und türkische Teppiche übersäten das üppige grüne Gras. »Werden Sie sich dem Gewühl anschließen?« Er sollte nicht nach ihren Plänen fragen. Die Muskeln in seinem Kiefer strafften sich.
Sie runzelte die Stirn. »Das hatte ich nicht vor. Es ist kein Geheimnis, ich bin nur hierin, weil Vivian Wexil, meine Cousine, mich beschwört hat teilzunehmen. Ich konnte schwerlich ablehnen, da ich unter ihrem Dach wohne. Ich fürchte viele der feinen Gesellschaft haben meine skandalöse Vergangenheit nicht vergeben.«
In diesem Moment sauste Duchess Abernathy in den Raum, gefolgt von Lady Wexil. Als sie sich zum Tisch aufmachten, wandte Lady Wexil ihre Aufmerksamkeit Lady Akford zu. »Unsinn, Claudia. Diejenigen, die wichtig sind, machen dich nicht verantwortlich. Der Rest der Gesellschaft wird zu gegebener Zeit den Skandal vergessen.«
»Es sind Jahre vergangen.« Lady Akford schob eine verirrte Locke von ihrer Stirn.
Henry stand bei der Unterbrechung auf, verbeugte sich dann. »Euer Gnaden, Lady Wexil.«
Die Herzogin nickte und nahm Platz. »Sie sind erst kürzlich in die Gesellschaft zurückgekehrt. Geben Sie ihr etwas Zeit und sie werden alle zu einem neuen Häppchen Klatsch weiterziehen, dabei alles über Ihre kleine Jugendsünde vergessen.«
Lady Wexil legte ihre behandschuhte Hand über Lady Akfords. »Euer Gnaden hat Recht, weißt du. Der Skandal war lange vergessen, bevor du zurückgekehrt bist. Mit ein bisschen Zeit wird es jeder wieder vergessen. Merk dir meine Worte.« Sie setzte sich auf den Stuhl neben Lady Akford.
Henry konnte nicht anders, als Lady Akfords Unbehagen zu bemerken, als er sich wieder hinsetzte. Ihre Schultern waren leicht gerundet und sie nagte an ihrer vollen Unterlippe.
»Lady Akford und ich besprachen das Picknick. Es scheint, als ob alles in Ordnung sei«, sagte er in der Hoffnung deren Aufmerksamkeit von Lady Akford wegzunehmen.
Lady Wexil nahm die Teetasse aus Porzellan auf und ein Diener füllte diese für sie. »In der Tat. Und das Wetter heute ist prächtig. Euer Gnaden und ich sind gerade von einem Spaziergang hereingekommen.«
Die Herzogin wandte sich Lady Akford zu. »Sagen Sie, werden Sie sich zu uns gesellen?«
Henry beobachtete Lady Akford, während er ihre Erwiderung erwartete. Elend überzog ihre Gesichtszüge, ihre Augen blieben niedergeschlagen und ihre Wangen waren gerötet. Ihr Unbehagen zu erleben riss an seinem Herzen.
Sie blickte hoch, schenkte der Herzogin ihre Aufmerksamkeit. »Ich kann mir nicht vorstellen, was ich anderes tun könnte.«
Lady Wexil lächelte. »Wir werden eine fabelhafte Zeit haben. Du wirst sehen.«
Die Herzogin nahm einen Schluck von ihrem Glas. »Ich hoffe allerdings, dass Sie mir auch bei einem Spiel Game of Graces beiwohnen.«
»Ich wäre entzückt«, murmelte Lady Akford ihre Antwort.
Henry bemerkte die Mühe, welche das höfliche Lächeln sie kostete. Er würde wetten, dass sie ein Zimmer im Turm dem Besuchen der Tagesveranstaltungen vorziehen würde. »Lady Akford, ich wäre geehrt, wenn Sie etwas Ihrer Zeit mit mir verbringen würden. Eventuell einen Spaziergang durch den Garten?«
Ihre Augen erhielten etwas ihres Glanzes zurück. »Die Ehre wäre meinerseits, Lord Shillington.«
So viel dazu Vorsicht um die Dame herum auszuüben. Nichtsdestotrotz, er konnte sich nicht zurücklehnen und es erlauben, dass sie litt. Nicht wenn es etwas gab, das er tun konnte, um ihr Unbehagen zu mindern. Gnade ihm der Himmel, wenn er sich bei ihr irrte.

KAPITEL 3
Claudia wusste sie hätte bei ihrem ursprünglichen Plan bleiben sollen in der Sicherheit ihres Zimmers zu verbleiben, aber wie konnte sie die Wünsche ihrer Cousine ablehnen? Vivian war großzügig gewesen sie in die Hausgesellschaft miteinzubeziehen, mit dem Wissen, dass die schwarze Wolke des Skandals an ihr hing. Dann gab es da Duchess Abernathy, die sie behandelte, als ob sie alte Freunde waren. Dennoch, deren offene Akzeptanz von ihr tat nichts, um den Fluss verurteilender Blicke und anzüglichen Klatsches, der sie umgab, einzudämmen. Sie wandte ihren Blick von einer Gruppe solcher Damen ab, die sich hinter ihren Fächern versteckten, Blicke auf sie warfen, während sie miteinander schwatzten. Ihre Urteile stachen trotz ihrer Bemühungen diese zu ignorieren.
»Beachten Sie die nicht, Liebes.« Duchess Abernathy schlenderte auf sie zu. »Ich würde wetten, dass die Hälfte von ihnen ihre eigenen Geheimnisse zu verstecken hat und die andere Hälfte wünschte sie hätte welche. Lassen Sie uns diesem Game of Graces nachgehen, über das wir gesprochen haben, und lassen diese Hässlichkeit hinter uns?«
Claudia blickte auf die Gruppe tratschender Damen zurück. Möglicherweise hatte die Herzogin Recht, obwohl sie es bezweifelte. Wie dem auch sei, sie erntete keinen Nutzen davon, wenn sie ihnen erlaubte sie zu verstimmen. »Das sollte mir gefallen.«
»Prächtig.« Die Herzogin nickte in Richtung eines Bereichs der Rasenfläche, wo das Game of Graces aufgebaut war. Stöcke und Reifen lagen auf dem weichen grünen Gras.
»Ich habe nicht mehr gespielt seit ich geheiratet hatte. Hoffentlich bin ich noch immer eine fähige Gefährtin.« Claudia hob ihre Stöcke als Vorbereitung auf.
Die Herzogin schleuderte einen Ring, an welchen bunte Schleifen gebunden waren, und lachte, als er zu ihren Füßen landete. »Ich fürchte Ihre Fähigkeiten werden nicht wichtig sein, da ich selbst aus der Übung bin. Ich werde es vielleicht nie schaffen, dass ein Ring Ihre Stöcke erreicht.«
Bald fing und schleuderte Claudia fröhlich die Ringe mit der Herzogin hin und her. Sie genoss die Bewegung und die Freude, die sie teilten. Die Herzogin bewies sich als würdige Gegenspielerin und Claudia erlangte ebenfalls schnell ihre Fähigkeit zurück. Sie plauderte mit der Herzogin, während sie spielten, fühlte sich dadurch zum ersten Mal seit Jahren normal. Beinahe, als ob sie in die feine Gesellschaft gehörte, wie sie es einmal getan hatte.
Sie überkreuzte und erhob ihre Stöcke zum, wie es schien, hundertsten Mal, um einen neuerlichen Wurf zu fangen, verfehlte ihn aber. Der Ring segelte an ihr vorbei, kam neben einem grünen und lila erblühenden Busch zu liegen. Sie und die Herzogin lachten über den Fehlwurf, während ein Diener den Ring zurückholte.
»Ich muss gestehen, ich bin ziemlich ermattet. Möchten Sie die Erfrischungen aufsuchen?«, fragte die Herzogin, bevor Claudia das Spiel von Neuem beginnen konnte.
Mit ein bisschen Bedauern legte sie ihre Ausrüstung ab. Möglicherweise würde ihr ein Glas Rotwein gut tun. Es war so eine lange Zeit her, dass Claudia eine andere Frau Freundin nennen konnte. Akford hatte ihr verboten ihre vorherigen Freundschaften aufrechtzuerhalten und hatte sie während ihrer Ehe in Lancashire weggeschlossen gehalten. Als sie es gewagt hatte sich ihrer Kammerzofe anzunähern, hatte er die arme Frau ohne Dienstzeugnis entlassen. Ein Frösteln floss durch sie hindurch bei den unwillkommenen Erinnerungen an die äußerste Einsamkeit, die für die letzten sechs Jahre ihr Leben gewesen war.
»Was sind Ihre Pläne, nun da sie nach London zurückgekehrt sind?«, fragte die Herzogin, als sie auf das große weiße Zelt zu gingen.
Claudia stolperte beinahe. Wie antwortete man auf eine Frage, auf die es keine Antwort gab? Sie benötigte ein Stadthaus, da sie sich wünschte ein Wohnhaus in London zu haben. Der neue Lord Akford hatte sie aus ihrem vorigen Wohnhaus verbannt, was sie vorläufig obdachlos werden lassen hat. Sie hatte kein Verlangen nach einer neuen Heirat und würde sich nie wieder der Herrschaft eines Tyrannen, so wie ihrem verschiedenen Ehemann, unterwerfen. Darüber war sie sich ziemlich sicher. Für einen Zeitraum hatte sie geglaubt, dass Julian sie heiraten würde, es sich tatsächlich erhofft, aber jetzt … sie machte sich wenig aus Heirat.
»Vergeben Sie mir, Liebes, bin ich zu weit gegangen? Das war nicht meine Absicht.« Die Herzogin nahm ein Glas Rotwein von einem Diener an, bevor sie sich Claudia zuwandte.
Claudia schluckte. »Überhaupt nicht, Euer Gnaden. Ich beantworte gerne Eure Frage. Nur bin ich mir nicht ganz sicher, wie ich antworten soll. Seht, ich habe keine Pläne außer ein Stadthaus zu erwerben und eine Witwe zu bleiben. Es ist mein Herzenswunsch den übrigen Teil meines Lebens ohne einen Ehemann, der mich leitet, zu genießen.
»Wie Sie es sollten. Sie sind eine umwerfende junge Frau und schon bald wird jeder das erkennen. Wenn Sie es tun, wird die feine Gesellschaft für Sie leicht zugänglich sein.« Die Herzogin begann in Richtung einer Reihe Bäume zu laufen. »Haben Sie eine Lage für ihren neuen Wohnsitz auserwählt?«
Claudias Hoffnungen stiegen bei den Worten der Herzogin an, als sie sich unter dem Schatten einer alten Buche zu ihr gesellte. »Ich dachte an Mayfair oder St. James. Ein schickes Gebiet hat Priorität.«
»Prächtige Wahl.« Die Herzogin klappte ihren Fächer auf.
Nahe Stimmen zogen Claudias Aufmerksamkeit auf sich. Sie würde schwören, dass sie gerade ihren Namen gehört hat. Sie legte ihren Kopf schief, konzentrierte sich und hörte zu.
»Können Sie glauben, dass sie den Nerv hat ihr Gesicht in der Gesellschaft zu zeigen, nach dem gewaltigen Skandal, den sie verursacht hat?«, sagte eine feminine Stimme.
»Die Art wie Lady Akford weitermacht ist ordinär. Sie verhält sich, als ob sie niemals eine falsche Sache getan hat«, erwiderte eine zweite Dame.
»Und was ist mit ihrem armen, dahingeschiedenen Ehemann? Man müsste schwer verlegen sein, um zu glauben, dass sie ihn betrauert«, fügte die erste Frau hinzu.
Claudia festigte ihren Griff um das Glas, welches sie hielt, als sie die Giftigkeit, die von deren Lippen floss, hörte. Sie würde ihre Anwesenheit den Klatschtanten gerne bekannt machen. Ihnen möglicherweise Glück wünschen, dass jede einen Ehemann finden solle, der genauso liebenswert wie ihr verstorbener ist. Nein, sie würde dieses Leben niemandem wünschen. Nicht einmal einer Schar dummer, klatschender Debütantinnen. Hunde verdienten Besseres als das Schicksal, das ihr zuteilgeworden ist.
»Ist alles in Ordnung, meine Liebe? Sie sehen aschfahl aus.« Besorgnis spiegelte sich in den Augen der Herzogin wieder.
»Ich bin sicher ich brauche nur einen Ortswechsel. Etwas in unserer Nähe hat meinen gesunden Menschenverstand beeinträchtigt.« Claudia blickte auf die Baumreihe, wo die Damen sich hinter dem Laubwerk versteckten und hoffte, dass sie ihre Worte genauso deutlich hörten, wie sie ihre gehört hatte.
»Wie Sie wünschen, Liebes. Lassen Sie uns Lady Wexil ausfindig machen.«
»Es besteht keine Notwendigkeit, dass Ihr Euch Umstände bereitet. Bleibt hier und genießt den Schatten.«
Claudia drehte sich um und spazierte auf das Haus zu, ohne Ihrer Gnaden die Chance zu geben weiterzusprechen. Ihre Lippen zuckten und ihre Augen brannten vor der Anstrengung Tränen zurückzuhalten. Sie würde nicht vor ihren Standesgenossen weinen. Sie atmete tief ein und umrundete das Zelt.
Sie krachte in einen harten Körper, Sekunden bevor starke Hände ihre Hüfte umfassten. Verflixt, sie hätte besser aufpassen sollen wo sie hingeht.
»Lady Akford.«
Sie blickte beim Klang seiner vertrauten Stimme auf. Claudias Haut kribbelte, wo Lord Shillingtons starke Hände sie hielten. »Entschuldigen Sie. Ich … Vergeben Sie mir.« Wärme drang in ihre Mitte.
Er ließ sie los, bot aber seinen Arm an. »Wie ich mich erinnere, haben Sie mir einen Spaziergang durch die Gärten versprochen.«
Ihre Kehle schnürte sich bei seiner Nettigkeit zu. Er scheute nicht vor ihr zurück, obwohl er jeden Grund dazu hatte. Sie versuchte die Enge in ihrer Kehle zu ignorieren, verlor aber den Kampf gegen ihre Tränen daraufhin. Sie wandte sich ihm wieder zu, hoffte, dass er dies nicht bemerkt hatte.
»Was bekümmert Sie?« Er kam näher.
Ein Krieg der Emotionen tobte in ihr. Freude über die Nettigkeit, die ihr gezeigt wurde, Trauer wegen der hasserfüllten Worte, die sie Momente zuvor gehört hatte. Sie wischte mit dem Rücken ihrer behandschuhten Hand eine fehlgeleitete Träne weg und straffte ihre Schultern, bevor sie seinen Arm nahm. »Ich war lediglich von Gedanken abgelenkt. Schenken Sie dem keine Beachtung.«
Lord Shillington führte sie auf einen Gartenweg. »Das Wetter ist perfekt, um spazieren zu gehen.«
»In der Tat, das ist es.« Sie hob ihr Kinn an, aalte sich in der Wärme der Sonne.
Einige Momente vergingen ohne Konversation, während er sie tiefer in den Garten führte. Es war eine angenehme Stille und sie zog etwas an Behaglichkeit daraus.
Als sie ihren Blick auf ihn neigte, nahm sie sein blondes gewelltes Haar, den kantigen Kiefer und die tiefbraunen Augen auf. Er war ein eindrucksvoller Mann, groß und schlank mit breiten Schultern und einer schmalen Hüfte. Ihr Blick legte sich auf seine Lippen und sie konnte nicht anders, als sich zu fragen, wie es wäre ihn wieder zu küssen. Nicht wie vorige Nacht, sondern eher ein Kuss mit Gefühl. Ein Kuss, der von ihm begonnen wurde.
Sein Verdruss über ihre Zudringlichkeit überraschte sie noch immer. Sie hatte nie einen Mann gekannt, der bei den Avancen einer Frau wütend geworden ist. Fehlte ihm Erfahrung mit Frauen? Oder fand er sie selbst nicht nach seinem Geschmack? In Wahrheit wusste sie beinahe nichts über ihn. Eine Situation, die sie berichtigen wollte. »Bitte erzählen Sie mir ein bisschen über sich, Lord Shillington.« Eine leichte Röte zog sich über sein Gesicht.
»Zum Beispiel?« Seine Stimme enthielt ein leichtes Zittern.
»Oh, ich weiß nicht. Über Ihre Familie, Ihre Hobbies.« Ob Sie jemals eine Dame geküsst haben …
»Ich habe eine Schwester und zwei jüngere Brüder. Mein Vater ist der Earl of Voxton.« Er blickte zu ihr herüber, ein kleines Lächeln zog an seinem Mund. »Haben Sie irgendwelche Geschwister?«
»Nein. Ich war ein Einzelkind. Ich habe mir schon Brüder und Schwestern gewünscht, aber es hat nicht sollen sein.«
»Ich habe mir gewünscht, dass meine Geschwister verschwinden.« Er gluckste. »Natürlich war das, als ich nur ein Junge war und nur ab und zu. Ich würde mir jetzt niemals wünschen, dass sie verschwinden.«
Sie lächelte, nahm Notiz von der Art und Weise, wie er sich zu entspannen schien. Seine Schritte waren selbstbewusster und das Zittern, das sie zuvor in seiner Stimme entdeckt hatte, war verschwunden. »Gute alte Geschwisterrivalität vermute ich.«
»Ja. Es ist einfach sich zu wünschen, dass einer verschwindet, wenn sie eine Kröte in dein Bett legen oder dein liebstes Spielzeug verstecken. Jedoch kann ich ganz und gar keine Unschuld vortäuschen. Ich habe Paroli geboten.«
»Oh!« Sie legte ihre freie Hand auf ihre Brust. »Das Grauen.« Sie schoss ihm ein amüsiertes Lächeln zu. »Es scheint, dass ich die Glückliche bin. Aber dann kann ich mir vorstellen, dass Ihre Geschwister auch da waren, um Ihnen Gesellschaft zu leisten, wenn sich die Einsamkeit breit machte, oder ein Alptraum Sie aus Ihrem Schlummer gezogen hat. Möglicherweise gibt es keine Glücklichen, nur Menschen mit verschiedenen Umständen, die alle versuchen diese grausame Welt zu überleben.« Sie nagte an ihrer Lippe, fürchtete, dass sie erneut zu viel gesagt hatte.
»Ja, möglicherweise.« Er stolperte, zog ihren Körper mit einem Ruck zu seinem. Ihre behandschuhte Handfläche kam an der soliden Wand seiner Brust zu liegen, als sie ihr Gleichgewicht wiedererlangte. Er blickte sich auf dem Boden um, sein Gesicht flammend rot. »Vergeben Sie mir. Da muss etwas auf dem Pfad gewesen sein.«
War das Unsicherheit, was sie in der Tiefe seiner Augen sah? Wie dem auch sei, er schien verlegen zu sein und sie hatte nicht das Verlangen sein Unbehagen zu steigern. Sie entfernte ihre Hand von seiner Brust und ergriff einmal mehr seinen Arm. »Es gibt nichts zu vergeben. Lassen Sie uns unseren Weg fortsetzen und Sie können mir von Ihren Hobbys erzählen.« Sie drückte leicht seinen Arm.
»Ich vermute nicht, dass sich meine Hobbys sehr von denen anderer Gentlemen unterscheiden. Ich reite gerne, besuche Rennen und meine Clubs.« Er führte sie näher an eine Baumgruppe.
»Ich finde auch Gefallen an Reitsport. Es scheint, dass wir etwas gemeinsam haben.«
»Ich verpasse selten meinen abendlichen Ausritt. Wenn ich es muss, sorgt mein Stallmeister dafür, dass meinem Pferd Bewegung verschafft wird. Beauty wäre ansonsten nicht zu beherrschen.«
»Beauty ist Ihr Pferd?« Sie blickte amüsiert zu ihm hoch.
»In der Tat. Meine Schwester, Jane, hat ihm den Namen gegeben. Ich hatte nicht das Herz ihren Vorschlag zurückzuweisen.«
Es war, als ob er zwei Seiten hatte. Er hatte eine Freundlichkeit und Unbeholfenheit an sich, die sie begeisterte. Nichtsdestotrotz konnte sie nicht ignorieren, wie attraktiv und maskulin er war.
Sie mochte nicht für einen Ehemann auf dem Markt sein, aber sie vermutete, dass er einen prächtigen Bettgefährten abgeben würde. Aufregung raste bei dieser Idee durch ihre Adern. Sie kam ein bisschen näher, atmete seinen würzigen Geruch ein, während sie seine Gesichtszüge studierte. Vielleicht könnte er ihr Liebhaber sein.

KAPITEL 4
Henry konnte nicht leugnen wie sehr er Lady Akfords Gesellschaft genoss. Noch konnte er sich an das letzte Mal erinnern, dass er eine Dame in solch einfache Konversation verwickelt hat. Etwas an ihr beruhigte ihn und machte, dass er sein Privatleben mit ihr teilen wollte. Er vergaß beinahe wie gefährlich die Dame sein konnte, während sie die Pfade entlang spazierten. Sicherlich hatte eine Dame wie sie kein ehrliches Interesse an ihm.
Er blickte auf Lady Akford, nahm ihre feinen Gesichtszüge auf. Es wäre einfach ihr ins Garn zu gehen. Sie hatte ihn bereits halbwegs eingefangen mit ihrem ungezwungenen Lächeln und tristen Augen. Sein Herz fühlte mit bei dem Skandal und dem noch immer weitergehenden Klatsch, den sie aushielt. Ein Drang ihr zu helfen erfüllte ihn, ungeachtet der Konsequenzen, die erfolgen könnten. Er hatte das seltsame Verlangen die Umstände ihrer Vergangenheit zu verstehen. Ihre Fehltritte zu vergeben, komme, was wolle.
Eine Marmorbank kam in Sicht, eingebettet bei einem Brunnen. »Könnten wir uns für ein Weilchen hinsetzen?«
»Das würde mir gefallen.« Lady Akford richtete ihren Sonnenschirm so aus, dass mehr von ihrem Gesicht enthüllt wurde.
Sie war in der Tat eine eindrucksvolle Frau, mit den Gesichtszügen einer Porzellanpuppe und den Kurven einer Verführerin. Feine Linien mussten erst noch in ihr Gesicht schleichen, ihre Augen bestachen mit deren katzenartiger Neigung und smaragdgrüner Färbung. Ihr herrliches rotbraunes Haar stach aus der Menge heraus. Wenn er raten müsste, würde er sagen, dass sie nicht einen Tag älter als fünfundzwanzig war. Kein Zweifel, sie könnte ihre Auswahl an den Gentlemen in der feinen Gesellschaft haben, wenn nicht dieser verfluchte Skandal wäre, der ihren Ruf verdorben hat.
Sobald sie sich in einer Anhäufung gelben Tafts auf der Bank niedergelassen hatte, setzte er sich neben sie. Die vorige Nacht blitzte in seinem Verstand auf. Sie hatten sich eine ähnliche Bank geteilt, als sie über ihre Vergangenheit weitergeplappert hat, bevor sie ihn geküsst hatte. Ein Teil von ihm sehnte sich danach, dass sie es noch einmal tat. Dass sie ihre zarten rosa Lippen auf seine brachte, seinen Mund neckte und ihn anflehte sie ihren Schmerz vergessen zu lassen. Er blinzelte der tollkühnen Idee zuwider.
»Worüber denken Sie nach?« Lady Akford neigte ihr Kinn in seine Richtung.
Er zuckte, da er erwischt wurde, wie er sie studierte, räusperte sich dann. »I-Ich habe daran gedacht, was Sie letzte Nacht gesagt haben.« Nicht die ganze Wahrheit, aber es würde genügen.
»Oh. Ich entschuldige mich für meine Worte … und Handlungen. Ich fürchte ich war sehr betrunken und habe mich völlig zum Narren gemacht.« Ihre Wangen erblühten hochrot, aber sie hielt seinen starren Blick fest. »Ich mache übermäßigen Genuss nicht zur Gewohnheit, das versichere ich Ihnen.«
»Denken Sie nicht weiter darüber nach.« Er tätschelte ihre in einem Glacéhandschuh steckende Hand, bevor er sich davon abhalten konnte. »Ich will verstehen, warum Sie zu Lord Luvington gegangen sind, nachdem Ihre Trauerzeit geendet war. Warum haben Sie nicht Ihre Familie aufgesucht?« Er war ein verfluchter Schwachkopf. Das eine Thema, das er nicht mit ihr bereden sollte, und er hat die Tür einfach ganz weit aufgeworfen. Er blickte weg, schalt sich innerlich für seine Dummheit.
Lady Akford schlug ihre Augen auf den Boden nieder. »Es ist eine ziemlich—«
»Da bist du ja«, rief eine heitere feminine Stimme.
Lady Wexil spazierte auf sie zu, während sie ihren Fächer in der Luft schwang. Er blickte auf Lady Akford. Sie nagte an ihrer Unterlippe, machte keine Anstalten weiterzusprechen. Ein Seufzer der Erleichterung glitt von seinen Lippen. Er wollte die Antwort auf seine Nachfrage nicht wissen, wollte seine Freunde nicht mit ihr besprechen, und jetzt würde er das nicht tun müssen. Dem Himmel sei Dank für die Ablenkung.
»Ich habe überall nach meiner lieben Cousine gesucht.« Lady Wexil stand schließlich neben der Bank. »Ich entschuldige mich, Lord Shillington, aber ich muss einfach Lady Akford fortziehen.«
»Natürlich.« Henry stand auf und streckte seine Hand aus, um Lady Akford auf die Füße zu helfen. Als sie ihre Hand in seine legte, überfiel ihn ein Trommelfeuer aus Kribbeln. Etwas an der gefährlichen Schönheit erreichte ihn. Wagte er dies weiter zu erkunden?
»Ich danke Ihnen, Lord Shillington.«
Er konnte seine Aufmerksamkeit nicht von ihr ziehen, als sie mit Lady Wexil plauschend davon ging. Der Schwung ihrer Hüften hypnotisierte ihn, hielt seine Aufmerksamkeit als Gefangener, während der Singsang ihrer Stimme sich um ihn hüllte. Als sie um eine Biegung im Pfad verschwand, erlaubte er es sich zurück auf die Bank zu sinken.
Er schloss seine Augen gegen die Sonne des späten Nachmittags und ließ sein Kinn in seiner Handfläche ruhen. Er war ein verfluchter Dummkopf. Man konnte es nicht anders nennen. Lady Akford bezauberte ihn. Er konnte sich genauso wenig von ihr abwenden, wie er die Sonne am Untergehen hindern konnte. So sehr er es sich auch wünschte.
»Erzähl mir nicht, dass du jetzt das Sonnenbaden anfängst, Shillington.«
Keerys Stimme riss Henry aus seinem entspannten Zustand. Seine Brust zog sich zusammen, als er seine Schwester, Lady Jane, am Arm des Schwerenöters bemerkte. Er stand hastig auf, um seine Schwester zu retten, obwohl sie seine Hilfe nicht zu wollen schien. »Jane, was machst du hier draußen? Alleine?«
»Ich bin nicht allein. Eher das Gegenteil. Wie du sehen kannst, bin ich mit Lord Keery zusammen und meine Magd ist in angemessenem Abstand hinter uns.«
Er schoss Keery einen mürrischen Gerichtsausdruck zu, als der Schurke es wagte zu kichern, wandte seine Aufmerksamkeit dann wieder Jane zu. »Gleichwohl, erlaube mir dich zum Haus zurückzubringen.«
Jane ließ ihre Finger von Lord Keerys Arm fallen. Sie bot einen Knicks dar. »Ich danke Ihnen für den angenehmen Spaziergang, Lord Keery.«
»War mir ein Vergnügen.« Keery blinzelte Jane zu. Er kam auf Henry zu und lehnte sich näher hin, um nahe seines Ohrs zu flüstern: »Entspann dich. Ich habe kein Interesse an deiner Schwester.« Er richtete sich auf und wandte sein verwegenes Grinsen auf Jane. »Guten Tag, my Lady.«
Henry blickte Keery prüfend an, bot dann Jane seinen Arm an. Sie blitzte ihn an, aber ließ ihre Finger trotzdem auf seinem Ärmel ruhen. Er wandte seinen Rücken dem Haus zu, als Keery in die entgegengesetzte Richtung weiterging.
Ihre Magd musste erst noch in Sichtweite kommen. Er würde sich bei der nächstmöglichen Gelegenheit um die Dienerin kümmern. Man muss sich das vorstellen, seine kleine Schwester war mit einem ruchlosen Schwerenöter bei einem Spaziergang und ihre Magd, die zunächst einmal keine angemessene Anstandsdame darstellte, war nirgendwo zu sehen. Das war gewissenlos. Mit einem solchen Verhalten würde sie sich als Thema des neuesten Ondit wiederfinden, und eher früher als später.
Er drehte seinen Kopf, nagelte sie mit ihrem Blick fest. »Jane, du darfst nicht mit Lord Keery verkehren, außer du wirst angemessen begleitet. Sogar dann würde ich es vorziehen, wenn du dich nicht auf ihn einlässt. Der Mann hat einen Ruf und das weißt du sehr wohl.«
Jane schlug ihn mit ihrem Fächer. »Du bist anmaßend, Bruder. Ich habe dir gesagt, dass meine Magd bei uns war. Überdies ist Lord Keery dein Freund. Er würde mir kein Leid antun.«
»Deine Magd ist nirgendwo zu sehen.« Henry trug zur Schau wie er sich umblickte. »Sprich, wo ist sie hingegangen?«
»Es tut mir leid ich weiß es nicht recht. Nichtsdestotrotz ist nichts abseits des Gewöhnlichen vorgefallen. Lord Keery war ein perfekter Gentleman. Er hat mich nur begleitet, weil Lady Gillian krank wurde, während wir spazieren waren. Ich versichere dir, es war nicht mehr als eine Nettigkeit.«
»Mein Freund zu sein macht ihn nicht zu einem guten Verehrer.« Henry bezweifelte sehr, dass Keerys Handlungen ehrenhaft gewesen waren. Er konnte nur hoffen, dass der Wüstling gedankenvoll gehandelt hat, um die Zuneigung irgendeiner anderen Dame zu gewinnen. Seine liebe Schwester hatte überhaupt keine Ahnung von Männern.
Ungeachtet ihrer vorigen drei Gesellschaftssommer, musste sie noch jemandes Aufmerksamkeit erlangen. Sie wäre wehrlos gegen die Reize eines erfahrenen Schwerenöters. War das, was mit Lady Akford passiert ist? War sie vor all diesen Jahren hilflos gegen Luvingtons Avancen gewesen?
Jane zerrte an seinem Arm. »Möglicherweise solltest du dich mehr über deine eigene Begleitung sorgen und weniger über meine. Was machst du mit dieser  … dieser …. Oh, du weißt sehr wohl, was sie ist.«
Er brachte sie zum Stehen und drehte sich, um sie anzublicken. »Lady Akford ist eine gute Frau, die in ihrer Jugend einen Fehler gemacht hat. Wärst du alleine mit Lord Keery gefunden worden, wärst du in der gleichen Position. Unwiderruflich ruiniert.«
Janes Wangen brannten. »Sie ist eine Dirne. Jeder sagt das.«
Ihre Einschätzung verstimmte ihn mehr, als er zugeben mochte. Der Muskel in seinem Kiefer zuckte, als er darum kämpfte seine ansteigende Wut zu mindern. »Lady Wexil und Duchess Abernathy denken nicht so, genauso wenig wie ich. Der Rest der feinen Gesellschaft liegt falsch.«
»Wie du wünschst, Bruder.« Janes Augen blitzten vor Entrüstung auf. »Das ändert nichts an der Tatsache, dass sie in den Augen der feinen Gesellschaft ruiniert ist. Du bist der Erbe einer Grafschaft, ein Vicomte um Himmels willen. Du brauchst eine angemessene Ehefrau und solltest deine Zeit damit verbringen nach einer zu suchen.«
»Ich bin mehr befasst mit deinen Aussichten.« Henry drehte sich um und brachte sie zurück in Bewegung.
Obwohl er es nicht zuzugeben wünschte, hatte Jane Recht. Er musste heiraten, aber sie lag falsch bei Lady Akford. Verärgerung brandete in ihm auf. Was, wenn seine Schwester Recht hatte? Die Tatsache, dass er Lady Akford nicht mit ganzem Herzen verteidigen konnte, diente nur dazu ihn weiter zu wurmen.


Claudia lehnte sich auf dem Sofa in Vivians Ankleidezimmer zurück, während ihre Cousine über die neueste Mode schnatterte. Vivian hatte zwei neue Ballkleider von Mrs. Brudette in Auftrag gegeben und streckte nun eines zu Claudia hin. Die scharlachrote und schwarze Seide fiel in Plissees und Kaskaden, die im Kerzenlicht erstrahlten. Eine pflaumenlila Robe aus Seide und Spitze im ähnlichen Stil hing hinter Vivian.
»Sie sind so ansprechend, dass ich, als ich sie gesehen habe, dich einfach holen musste. Wie werde ich jemals zwischen den beiden auswählen? Der Ball wird über uns kommen, bevor wir es wissen und ich muss eines davon tragen.« Vivian umarmte das Rot und Schwarze an ihrer Brust. »Welches bevorzugst du?«
Claudia konnte das mentale Bild von Lord Shillington, wie er sie über die Tanzfläche wirbelte, nicht aufhalten. Wann hatte ein Mann zuletzt ihr Interesse so vollständig ergriffen? Ihr Herz zog sich bei der Antwort zusammen. Julian, vor sechs Jahren. Sie hatte ihn von ganzem Herzen geliebt. Eine flatterhafte Träumerei. Das war völlig anders. Sie liebte Lord Shillington nicht, sie schwärmte lediglich für ihn. Sie würde sich selbst nie wieder erlauben zu lieben. Die Empfindung führte nur zu Herzschmerz und sie hatte davon bereits genug gehabt.
»Claudia.«
Sie riss sich beim Klang ihres Namens aus ihrer Grübelei. »Das Rote steht dir gut.« In Wahrheit würde jede der Roben umwerfend an ihrer Cousine aussehen. Claudia sagte nur das Erste, was ihr in den Sinn kam und Vivian hielt zufällig gerade das Rote.
»Ich stimme dir durchaus zu. Dann ist es beschlossen.« Vivian drapierte die Robe über einen Ohrensessel, setzte sich schließlich neben Claudia. »Du bist abgelenkt, meine Liebe.«
Sie erzwang ein Lächeln. »Überhaupt nicht.«
»Du konntest noch nie lügen. Jetzt erzähl mir was dich so beschäftigt?«
Sie konnte Vivians Einschätzung nicht bestreiten; Claudia war immer eine schreckliche Lügnerin gewesen. Sie begegnete dem starren Blick ihrer Schwester. »Ich möchte lieber nicht darüber sprechen.«
»Seit wann versteckst du Dinge vor mir?« Vivian verlagerte sich, um näher bei ihr zu sitzen. »Es gab eine Zeit, da hast du mir alles erzählt. Es scheint es ist mir misslungen zu bemerken, dass du jetzt Geheimnisse für dich behältst.«
Vivian war wie ein Jagdhund auf einer Fuchsjagd, wenn sie etwas zu wissen wünschte. Sie würde auf ihrem Kurs nicht verweilen, bis sie ihre Beute gefangen hatte. Es gab keinen anderen Ausweg. Claudia würde ehrlich sein müssen. »Lord Shillington.« Ein Seufzen schwebte zwischen ihren Lippen heraus. »Ich habe an Lord Shillington gedacht.«
»Ich wusste es! Ich habe euch beide gestern Abend zusammen das Musikzimmer verlassen sehen. Dann diesen Morgen im Frühstückszimmer …« Vivians Augen funkelten. »Ich habe dann etwas vermutet, aber nachdem ich euch heute Nachmittag wieder zusammen gefunden habe … Oh, Claudia, ich freue mich so für dich.« Sie griff nach ihr und nahm eine von Claudias Händen in ihre, ein breites Lächeln zog ihre Lippen in die Länge. »Ich wusste du würdest deine Meinung ändern.«
»Meine Meinung über was ändern?« Claudia klappte ihren Fächer auf. Sie mochte die Wendung nicht, die diese Unterhaltung nahm.
»Heirat, du dumme Gans.« Vivian drückte ihre Hand.
»H-heiraten. Herrgott nein.« Claudia fühlte, wie das Blut aus ihrem Gesicht verschwand. Von all den Dingen, die Vivian hätte sagen können, hätte sie dies nicht vermutet.
Vivian ließ ihre Hand los, legte ihren Kopf leicht schief, als Verwirrung ihre Augen flutete. »Wenn du nicht Heirat im Sinn hast, dann was?«
Claudia wedelte schneller mit ihrem Fächer, ihr Herz schlug wild. »Ich habe dir gesagt, ich werde nie wieder heiraten.«
»Warum beschäftigt Lord Shillington dann deine Gedanken?« Vivian starrte sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an.
»Ich habe Lust ihn als Liebhaber zu nehmen.« Claudia starrte ihre Cousine an, forderte sie heraus die Idee anzuzweifeln.
Vivian sprang vom Sofa auf. »Ein Liebhaber? Haben dich alle guten Geister verlassen? Du bist eine junge Witwe. Du brauchst einen Ehemann.«
»Komm schon, Vivian. Du bist eine verheiratete Dame. Du weißt was zwischen einem Mann und einer Frau passiert.«
Claudia starrte ihre Cousine an, teilweise wegen ihrer Reaktion amüsiert und teilweise verärgert. Vivian hatte sie in all ihren Jahren niemals verurteilt. Sogar als Julian darin versagt hatte für sie zu kämpfen und sie gezwungen war Akford zu heiraten, hat Vivian zu ihr gestanden.
»Ja, ein verheirateter Mann und eine verheiratete Frau. Was du vorschlägst ist … ist skandalös. Hattest du davon nicht bereits genug in deinem Leben?«
Claudia stand auf, um der hoch gewachsenen Vivian zu begegnen. »Ich bin eine Witwe und ich beabsichtige meine neugefundene Freiheit zu genießen. Witwen nehmen viel öfter Liebhaber, als du zugeben magst. Deinen Kopf in den Sand zu stecken hält diese Praxis nicht auf. Was das Verursachen eines Skandals betrifft, das ist kein Thema, ich werde sehr diskret sein.«
Vivian stand auf und ging durch das Zimmer auf und ab. »Das mag wahr sein, aber Lord Shillington ist nicht die Art Mann, der Liebhaberinnen nimmt. Sein Ruf ist unbefleckt und er ist der Erbe einer Grafschaft. Er wird darauf setzen zu heiraten. Merk dir meine Worte.«
Claudia umarmte ihren mulmigen Bauch. »Wir werden sehen.« Ihre Stimme brach, verriet ihren Mangel an Zuversicht.

KAPITEL 5
Aufgrund ihrer früheren Unterhaltung wettete Claudia, dass Lord Shillington plante einen abendlichen Ausritt zu machen. Sie beabsichtigte sich zu ihm zu gesellen. Gekleidet in ihrem smaragdfarbenen Reitkleid mit passendem Bonnet saß sie auf ihrem Pferd, suchte das sie umgebende Gebiet ab. Als sie und Vivian gemeinsam geritten waren, haben sie die westliche Seite des Grundstücks durchquert, hinein in den Wald, sind dann dem Fluss gefolgt. Es schien eine genauso geeignete Strecke zu sein wie jede andere.
Sie stieß ihr Pferd heftiger an, als sie beabsichtigt hatte, und das Pferd startete in einem Galopp. Mit einem Ruck ergriff sie die Zügel ein wenig fester und konzentrierte ihre Aufmerksamkeit geradeaus. Auch wenn sie es nicht schaffen sollte Lord Shillington zu finden, würde sich der Ausritt als vergnüglich erweisen. Warme Sommerluft hüllte sich um sie, wie die Umarmung eines Geliebten und sie lehnte sich hinein. Es konnte nichts Befreienderes geben, als auf einem gut trainierten Pferd durch das Land zu brausen.
Eine alte Steinbrücke kam in Sichtweite, überspannte die Strecke des seichten Flusses darunter. Sie stieg ab, befestigte dann ihr Pferd, bevor sie auf die Brücke spazierte. Der Ort erweckte emotionale Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit.
Julian hatte ihr nicht weit von dieser Örtlichkeit entfernt erstmals gesagt, dass er sie liebte. Damals war sie eine schmachtende Debütantin gewesen und ihre Hoffnungen haben an seinen Worten gehangen. Wenn Akfords Hinterhältigkeit und der Skandal, den er verursacht hatte, nicht gewesen wären, hätten Sie es gut haben können. Sie seufzte und fuhr mit ihrer Hand über die rauen Steine. Sie hielt in der Mitte der Brücke an und ließ ihre Hände auf der Kante ruhen und spähte über die Seite.
Das Geräusch des rinnenden Wassers entspannte sie, zog sie tiefer in ihre Grübelei. Sie erinnerte sich wie ihr Herz in die Höhe geschnellt war, als Julian ihr einen Antrag gemacht hat. In den Momenten, nachdem sie seinen Antrag angenommen hatte, hatte sie geglaubt, dass ihnen ein Leben des Glücks und der wahren Liebe bestimmt war. Sie hatte ihn mit vollkommener Hingabe geküsst und in der Art und Weise geschwelgt, wie er sie zurückgeküsst hat. Und dann …
Ihr Herz hüpfte, als das rhythmische Geklapper von Hufschlägen ihre Ohren erreichte. Sie drehte sich und blickte den Pfad hinab. Ein Gentleman, der einen Braunen ritt, kam näher, aber sie konnte seine Züge nicht erkennen. Bitte lass es Lord Shillington sein. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie strengte ihre Augen in dem Versuch an die Gesichtszüge des Gentlemans auszumachen. Ihr Blut kribbelte beim Anblick von Lord Shillingtons hübschem Gesicht.
Sie winkte ihm zu. »Lord Shillington.«
Er stieg ab und führte sein Pferd an einen Fleck neben ihres. »Guten Tag, Lady Claudia.«
»Das ist er tatsächlich.« Sie lächelte, machte aber keine Anstalten ihren Standpunkt auf der alten Brücke zu verlassen. »Kommen Sie und gesellen sich für einen Moment zu mir.«
»Ich würde mich freuen.«
Sie beobachtete die Art und Weise, wie seine Muskeln spielten, seinen Gehrock ausfüllten, als er die Zügel des Pferds um einen Baumstumpf wand, dann einen Knoten band, um das Tier an Ort und Stelle zu halten. Als er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete, schluckte sie schwer. Alles starke Stränge und Muskeln, mit sanften braunen Augen und sein Kopf gekrönt von wogenden goldenen Locken. Es war ein Wunder, dass noch keine Dame ihn vom Heiratsmarkt genommen hatte.
Beherbergte er irgendein scheußliches Geheimnis? Er könnte ein Unmensch sein, wie Akford. Ein Schauer galoppierte ihre Wirbelsäule herunter. In Wahrheit wusste sie nichts über ihn. Möglicherweise sollte sie ihren schlecht errichteten Plan aufgeben. Was würde sie tun, wenn sie ihn als Liebhaber nahm, nur um zu entdecken, dass er unfreundlich war? Grausam sogar. Sie blickte zurück auf das sich schlängelnde Flüsschen unter ihr.
Möglicherweise hatte Vivian mit ihrer Einschätzung Recht, dass Claudia keinen Liebhaber nehmen sollte. Andererseits hatte Vivian Lord Shillington nicht als eine Partie abgelehnt, ihr Einwand hatte Claudia gegolten sich auf eine Liaison einzulassen. Sie dachte zu viel über die Sache nach. Mit einem tiefen Atemzug räumte sie die verunsichernden Gedanken beiseite.
Lord Shillington stellte sich schließlich neben sie. Sein maskuliner Duft beruhigte sie. Er ließ seine Hand auf dem Vorsprung neben ihrer ruhen. Sie betrachtete die Spannweite seiner Hand und seine langen Finger genau durch das Leder seiner Handschuhe. »Warum sind Sie nicht verheiratet?«
Er bewegte sich neben ihr und rieb über seinen Kiefer. »Ich bin verblüfft, dass Sie das nicht bereits wissen. Es ist kein großes Geheimnis, dass ich für die Duchess of Goldstone geschwärmt habe, bevor sie den Herzog geheiratet hat. Ich habe ihr Minuten vor ihm einen Antrag gemacht.« Lord Shillington drehte sich, ruhte mit der Hüfte am Rand der Brücke. »Ich hatte den rechten Augenblick abgewartet, habe gewartet, dass sie aus der Trauer kommt. Wir haben uns niemals umworben, aber ich hatte gleichwohl mein Auge auf sie geworfen. Sie hat mich abgewiesen. Jede Witwe in London hat sich noch Tage danach die Zunge gewetzt.«
Claudia neigte ihr Kinn nach oben, um seinen Augen zu begegnen. »Es tut mir leid. Ich hätte nicht fragen sollen.«
»Sie haben keinen Grund sich zu entschuldigen. Ich hatte nicht das Recht um ihre Hand anzuhalten, keinen Grund zu glauben, dass sie meinen Antrag annehmen würde. Mein Stolz war mehr verletzt als mein Herz.« Einer seiner Mundwinkel bog sich nach oben.
Sie dachte sie sähe ein Aufblitzen von Bedauern. Oder war das Schmerz in den Tiefen seiner Augen? »Hegen Sie noch immer eine Offerte für die Dame?« Sie presste ihre Lippen zusammen, stoppte den Fluss unangemessener Fragen.
»Ich bin zufrieden sie glücklich verheiratet zu sehen. Sie ist eine Freundin und war es immer. Ich will nichts weiter, als dass sie glücklich ist, und der Herzog scheint diesem Anspruch gerecht zu werden.« Lord Shillington blickte hinaus auf die Landschaft.
Sie sollte diese Angelegenheit nicht erzwingen. Dennoch konnte sie es nicht sein lassen. Etwas tief in ihr drängte sie die Antworten, die sie suchte, zu enthüllen. »Warum haben Sie nicht eine andere geheiratet?« Sie nagte an ihrer Lippe, während sie seine Antwort erwartete.
»Ich nehme an, dass ich nicht gewillt bin einer weiteren Ablehnung entgegenzusehen.«

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